Pressemitteilung der CDU-Landtagsfraktion Schleswig-Holstein
CDU und FDP im Schleswig-Holsteinischen Landtag haben die heute (24. Februar 2011) in der Tageszeitung "Die Welt" (S. 12) geäußerten Forderungen des Federführers im Lotto- und Totoblock und Chefs von Lotto Bayern, Dr. Erwin Horak, zurück gewiesen. Dies machten der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion, Hans-Jörn Arp, und der Vorsitzende der FDP-Fraktion, Wolfgang Kubicki, in Kiel deutlich:
"Ein Glücksspielstaatsvertrag nach Horaks Vorstellungen würde uns von den Gerichten genau so um die Ohren gehauen wie der aktuelle", erklärten Arp und Kubicki in Kiel.
Die Forderungen Horaks stünden im krassen Widerspruch zum Recht der Europäischen Union und der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und des Bundesverwaltungsgerichts. Arp und Kubicki forderten Horak auf, öffentlich zu Zahl und Inhalt der in den vergangenen Monaten und Jahren gegen die staatliche Lotterieverwaltung Bayern wegen Verstoßes gegen geltendes Recht gefällten Urteile Stellung zu nehmen:
"Herr Horak sollte endlich akzeptieren, dass auch in Bayern deutsches und europäisches Recht gilt. Das haben ihm die Gerichte oft genug ins Stammbuch geschrieben. Es ist angesichts der Zahl der Urteile zunehmend unerträglich, dass Herr Horak als Federführer für den Lotto- und Totoblock an seiner nachweislich falschen Rechtsauffassung festhält", so Kubicki.
So fordere Horak auch im heutigen Interview gleichzeitig die konsequente Durchsetzung des Spielerschutzes bis hin zu Internetsperren bei privaten Anbietern und die Öffnung des Vertriebsweges Internet für staatliche Lotterien mit dem Ziel der Erzielung höherer Glücksspielumsätze:
"Dazu gehört schon eine gewaltige Portion an Realitätsverlust. Die Trennung zwischen guter Sucht nach staatlichen und schlechter Sucht nach privaten Angeboten ist nicht nur Quatsch. Sie ist zudem rechtswidrig und der Grund für die derzeitige chaotische Rechtslage in Deutschland", stellte Arp klar.
Beide erneuerten die Forderung nach einer Rückkehr zur Begründung des Lotteriemonopols durch die hohe Manipulationsgefahr bei Lotterieziehungen: "Wer das Lotteriemonopol aufrecht erhalten will, der muss diese Begründung unterstützen. Der Vorschlag Horaks wird vor keinem Gericht Bestand haben", so Arp und Kubicki abschließend.
Dirk Hundertmark
Pressesprecher der
CDU-Landtagsfraktion Schleswig-Holstein
Tel.0431/9881440
Fax 0431/9881443
Das Blog zur aktuellen rechtlichen Entwicklung bei Glücksspielen und Sportwetten: Informationen zu Spielbanken, Casino-Spielen, Lotterien, gewerblichen Spielvermittlern, Spielgemeinschaften, Rubbellosen, Glücksspielautomaten, Geschicklichkeitsspielen, Unterhaltungsspielen, Gewinnspielen, Hausverlosungen, Poker, Sportwetten, Pferdewetten, Finanzwetten, Wettbörsen, Sportzertifikaten, Informationsbörsen (prediction markets) sowie Event- und Informationsderivaten
Donnerstag, 24. Februar 2011
Appell der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) an die Cheffinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien, das Glücksspielmonopol zu erhalten
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) spricht sich erneut für die Beibehaltung des Glücksspielmonopols in Deutschland aus. Vor dem Hintergrund der heutigen Beratungen der Cheffinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien, bei der über einen neuen Glücksspielstaatsvertrag beraten wird, appellierte Bernhard Stracke von der Bundeskoordinierung Spielbanken der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) an die Cheffinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien, das Glücksspielmonopol nicht zu kippen: "Das würde den Verlust Tausender qualifizierter und tarifvertraglich abgesicherter Arbeitsplätze bedeuten und die Spielsucht weiter vorantreiben."
Die Bundesländer müssten sich auf einen neuen Staatsvertrag einigen, der den Anforderungen des Europäischen Gerichtshofs gerecht werde. "Anbieter von Glücksspiel seien in Deutschland keine Wirtschaftsbetriebe, sie würden vielmehr dem Ordnungsrecht der Länder unterliegen und hätten den Auftrag, das illegale Glücksspiel einzudämmen und ein legales Angebot unter staatlicher Kontrolle anzubieten", so Horst Jaguttis, Vorsitzender des Bundesarbeitskreises Spielbanken.
"Jede Kommerzialisierung auch von Teilbereichen des Glücksspiels führe zu einer massiven Ausweitung des Glücksspielangebotes, zu einem aggressiv ausgetragenen Wettbewerb unter den kommerziellen Anbietern und damit zu einer größeren Verbreitung der Spielsucht. Diese Auswirkungen müssten verhindert werden", so Stracke. Da die Spielsucht im gewerblichen Automatenspiel außerordentlich hoch sei, müssten auch hier zusätzliche Regelungen zum Erhalt des Glücksspielmonopols eingeführt werden. "Auch die Forderung nach einem Internetangebot für Glücksspiele wird strikt abgelehnt", so Stracke. Das Glücksspielmonopol ist nur zu erhalten, wenn der Spielerschutz im Vordergrund steht. Der ist jedoch im Internet nicht zu gewähren und die Forderung nach einem Angebot von Glücksspielen im Internet wird daher entschieden abgelehnt.
V.i.S.d.P: Bernhard Stracke, ver.di Bezirk Rhein-Nahe-Hunsrück, Münsterplatz 2-6,
55116 Mainz, Bernhard.Stracke@ver.di.de
Telefon:06131-6272632;
Fax:06131-6272626;
Mobil:0160-90512708
Quelle: ver.di
Die Bundesländer müssten sich auf einen neuen Staatsvertrag einigen, der den Anforderungen des Europäischen Gerichtshofs gerecht werde. "Anbieter von Glücksspiel seien in Deutschland keine Wirtschaftsbetriebe, sie würden vielmehr dem Ordnungsrecht der Länder unterliegen und hätten den Auftrag, das illegale Glücksspiel einzudämmen und ein legales Angebot unter staatlicher Kontrolle anzubieten", so Horst Jaguttis, Vorsitzender des Bundesarbeitskreises Spielbanken.
"Jede Kommerzialisierung auch von Teilbereichen des Glücksspiels führe zu einer massiven Ausweitung des Glücksspielangebotes, zu einem aggressiv ausgetragenen Wettbewerb unter den kommerziellen Anbietern und damit zu einer größeren Verbreitung der Spielsucht. Diese Auswirkungen müssten verhindert werden", so Stracke. Da die Spielsucht im gewerblichen Automatenspiel außerordentlich hoch sei, müssten auch hier zusätzliche Regelungen zum Erhalt des Glücksspielmonopols eingeführt werden. "Auch die Forderung nach einem Internetangebot für Glücksspiele wird strikt abgelehnt", so Stracke. Das Glücksspielmonopol ist nur zu erhalten, wenn der Spielerschutz im Vordergrund steht. Der ist jedoch im Internet nicht zu gewähren und die Forderung nach einem Angebot von Glücksspielen im Internet wird daher entschieden abgelehnt.
V.i.S.d.P: Bernhard Stracke, ver.di Bezirk Rhein-Nahe-Hunsrück, Münsterplatz 2-6,
55116 Mainz, Bernhard.Stracke@ver.di.de
Telefon:06131-6272632;
Fax:06131-6272626;
Mobil:0160-90512708
Quelle: ver.di
Montag, 21. Februar 2011
Glücksspielprobleme in Deutschland weit verbreitet - Geldspielautomaten machen am häufigsten süchtig
Pressemitteilung DHS, DG Sucht und fags vom 16. Februar 2011
Ergebnisse des Projektes Pathologisches Glücksspielen und Epidemiologie (PAGE)
Bisherige Daten zu Problematischem und Pathologischem Glücksspielen in Deutschland waren lückenhaft. Insbesondere hinsichtlich der Auswahl der Befragten, der eingesetzten Erhebungsverfahren und der Auswertungsstrategien bestand der Bedarf nach einer breit angelegten Bevölkerungsstudie, die repräsentativ das Ausmaß der Problematik darstellen sowie begünstigende Faktoren ermitteln kann. Der Glücksspielstaatsvertrag vom 1. Januar 2008 sah vor, dass die Länder die wissenschaftliche Forschung zur Vermeidung von Suchtgefahren durch Glücksspiele sicherstellen. Aus den zur Verfügung gestellten Mitteln konnte nun eine methodisch fundierte und groß angelegte Studie finanziert werden.
Im Folgenden werden ausgewählte und zum Teil vorläufige Ergebnisse des von den Bundesländern im Rahmen des Glücksspielstaatsvertrags geförderten Projektes PAGE berichtet. Die von den Universitäten Greifswald und Lübeck durchgeführte Studie erlaubt erstmals für Deutschland die Häufigkeit von Problematischem und Pathologischem Glücksspielen über die Lebenszeit zu bestimmen. Dabei erfolgt die Schätzung auf einem hohen methodischen Niveau.
Grundlage ist eine telefonische Befragung der 14- bis 64-jährigen Bevölkerung mit Festnetztelefonanschluss, bei der 14.022 Personen teilnahmen. Ergänzend wurden 1.000 Personen befragt, die nur über mobile Telefonanschlüsse erreichbar sind, und es wurden Personen über weitere Zugangswege gewonnen: Medien,Selbsthilfegruppen, stationäre Behandlungseinrichtungen, Suchtberatungsstellen, Spielhallen und Spielbanken, Schuldnerberater und Einrichtungen der Bewährungshilfe. Auf diesem Wege wurden bisher 575 Personen mit Glücksspielproblemen gefunden und in einem ausführlichen Interview persönlich befragt.
1. Über 4 Millionen Menschen mit Glücksspielproblemen
72% der telefonisch Befragten haben über die Lebenszeit irgendwann mindestens einmal Glücksspiele betrieben. Bei Vorliegen von 5 bis 10 Kriterien nach dem anerkannten Diagnosensystem DSM-IV spricht man von Pathologischem Glücksspielen (also süchtigem Verhalten). Problematisches Glücksspielen wird in der Literatur unterschiedlich definiert (1 bis 4 Kriterien oder 3 bis 4 Kriterien). Für die Darstellung unterteilen wir in: „Problematisches Glücksspielen mit 1 bis 2 erfüllten Kriterien“ (leichte Form) und „Problematisches Glücksspielen mit 3 bis 4 erfüllten Kriterien“ (ausgeprägte Form).
Auf Grundlage der Festnetztelefonstichprobe ergibt sich, dass 0,9% der 14- bis 64- jährigen bundesdeutschen Bevölkerung im Laufe des Lebens mit 5 oder mehr diagnostischen Kriterien die Bedingung für die Diagnose Pathologisches Spielen erfüllen. Weiterhin ergeben die Schätzungen, dass zusätzlich 1,4% Problematisches Glücksspielen mit 3-4 Kriterien im Laufe des Lebens erfüllten und 5,3% mit 1-2 Kriterien. Hochgerechnet ergeben sich folgende Zahlen für die Bevölkerung in der Gruppe der 14-64-Jährigen:
- 480.557 Pathologische Spieler,
- 756.919 Problematische Spieler mit drei oder vier erfüllten Kriterien und
- 2.925.996 Personen, die ein oder zwei Kriterien für Problematisches Glücksspielen
im Lebensverlauf erfüllt haben. Es finden sich deutlich erhöhte Raten bei Männern, jüngeren Personen, Personen mit niedrigerem Bildungsstatus, Personen mit Migrationserfahrung oder -hintergrund und Arbeitslosen. So betragen die Raten für Pathologisches Glücksspielen
- 3,3% bei Arbeitslosen
- 1,8% bei Personen mit Migrationshintergrund und
- 2,7% in der Gruppe der 14- bis 30-jährigen Männer.
31% der Befragten, die über die Lebenszeit die Kriterien für Pathologisches Glücksspielen erfüllten, waren in den letzten 12 Monaten spielabstinent und 54% berichteten mehr als 10 Spieltage. Unter den Befragten mit Pathologischem Glücksspielen gaben 41% an, dass innerhalb der letzten 12 Monate mindestens ein Symptom fortbestand und somit die Problematik noch aktuell ist.
Für Deutschland wird von einer zunehmenden Gruppe von Personen in der Bevölkerung ausgegangen, die nicht über einen Festnetztelefonanschluss erreichbar ist. Auf der Basis von 752 bisher realisierten Befragungen in dieser Gruppe zeigt sich, dass die Lebenszeitprävalenz des Pathologischen Glücksspielens in dieser Stichprobe etwa dreifach und bei statistischer Kontrolle von Alter und Geschlecht etwa zweifach erhöht ist. Vorbehaltlich abschließender Analysen ist damit zu erwarten, dass die obenstehende Bevölkerungsschätzung auf Grundlage der Festnetztelefonstichprobe durch Einbezug der Mobilfunkstichprobe substantiell zu erhöhen ist. Auf Basis der jetzigen Zahlen wäre eine Erhöhung um etwa 0,1% erwartbar, so dass eine Lebenszeitprävalenz von insgesamt 1,0% für Pathologisches Glücksspielen resultieren könnte. Hier liegen jedoch noch keine endgültigen Befunde vor.
2. Geldspielautomaten: Suchtrisiko Nummer 1
Verschiedene Glücksspielangebote wurden hinsichtlich ihres Risikos untersucht, eine Lebenszeitdiagnose Pathologisches Glücksspielen zu erhalten. Bei Teilnahme von mehr als zehn Tagen im Leben war die Chance, eine Abhängigkeit zu entwickeln erhöht für:
- Oddset (deutscher Toto- und Lottoblock)
- Pferdewetten
- andere Sportwetten
- Poker
- das sogenannte Große und Kleine Spiel im Casino
- Geldspielautomaten in Spielhallen oder Gastronomiebetrieben sowie
- das private oder illegale Glücksspiel.
Unter Berücksichtigung, dass die meisten Glücksspieler mehrere Formen des Glücksspielens betreiben, blieb das Risiko für die Teilnahme an Oddset (deutscher Toto- und Lottoblock), anderen Sportwetten, dem Kleinen Spiel im Casino, Poker und Geldspielautomaten in Spielhallen oder Gastronomiebetrieben bestehen. Der deutlichste Zusammenhang zwischen Spielform und dem Vorliegen der Diagnose Pathologisches Glücksspielen ergibt sich für Personen, die an Geldspielautomaten in Spielhallen bzw. Gastronomiebetrieben gespielt hatten oder am Kleinen Spiel im Casino teilnahmen. Für Nutzer dieser Angebote findet sich, verglichen mit den übrigen Befragten, jeweils eine um den Faktor 5,7 erhöhte Chance für die Diagnose des Pathologischen Glücksspielens.
Aus der Sicht der Pathologischen Glücksspieler, welche Glücksspielform am meisten zur Entstehung des Problems beigetragen hat, nannten u. a.
- 50,4% Geldspielautomaten
- 14% das Kleine Spiel im Casino
- 10,3% das Große Spiel
- 8,3% Poker und
- 6% Oddset.
3. Hilfesystem muss ausgebaut werden
Nach Schätzungen auf Grundlage der Festnetztelefonstichprobe haben etwa drei Viertel der Menschen mit Pathologischem Glücksspielen in Hinblick auf Spielprobleme keinerlei Kontakt zum Hilfesystem gehabt. Bezüglich des Problematischen Glücksspielens zeigt sich eine nur marginale Kontaktrate von 5% (bei 3-4 Kriterien) und 1% (bei 1-2 Kriterien). Es ist damit von einer gravierenden Unterversorgung von Menschen mit Pathologischem Glücksspielen und einem Fehlen von Frühinterventionen für Menschen mit Problematischem Glücksspielen auszugehen.
Die PAGE-Studie bietet eine hervorragende Grundlage für eine Fülle von weiteren und vertiefenden Analysen, die in der Zukunft erfolgen werden.
Kontakt:
PD Dr. Hans-Jürgen Rumpf
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität Lübeck
Ratzeburger Allee 160, 23538 Lübeck
Tel. 0451 5002871
Fax 0451 5003480
E-Mail: hans-juergen.rumpf@psychiatrie.uk-sh.de
Ergebnisse des Projektes Pathologisches Glücksspielen und Epidemiologie (PAGE)
Bisherige Daten zu Problematischem und Pathologischem Glücksspielen in Deutschland waren lückenhaft. Insbesondere hinsichtlich der Auswahl der Befragten, der eingesetzten Erhebungsverfahren und der Auswertungsstrategien bestand der Bedarf nach einer breit angelegten Bevölkerungsstudie, die repräsentativ das Ausmaß der Problematik darstellen sowie begünstigende Faktoren ermitteln kann. Der Glücksspielstaatsvertrag vom 1. Januar 2008 sah vor, dass die Länder die wissenschaftliche Forschung zur Vermeidung von Suchtgefahren durch Glücksspiele sicherstellen. Aus den zur Verfügung gestellten Mitteln konnte nun eine methodisch fundierte und groß angelegte Studie finanziert werden.
Im Folgenden werden ausgewählte und zum Teil vorläufige Ergebnisse des von den Bundesländern im Rahmen des Glücksspielstaatsvertrags geförderten Projektes PAGE berichtet. Die von den Universitäten Greifswald und Lübeck durchgeführte Studie erlaubt erstmals für Deutschland die Häufigkeit von Problematischem und Pathologischem Glücksspielen über die Lebenszeit zu bestimmen. Dabei erfolgt die Schätzung auf einem hohen methodischen Niveau.
Grundlage ist eine telefonische Befragung der 14- bis 64-jährigen Bevölkerung mit Festnetztelefonanschluss, bei der 14.022 Personen teilnahmen. Ergänzend wurden 1.000 Personen befragt, die nur über mobile Telefonanschlüsse erreichbar sind, und es wurden Personen über weitere Zugangswege gewonnen: Medien,Selbsthilfegruppen, stationäre Behandlungseinrichtungen, Suchtberatungsstellen, Spielhallen und Spielbanken, Schuldnerberater und Einrichtungen der Bewährungshilfe. Auf diesem Wege wurden bisher 575 Personen mit Glücksspielproblemen gefunden und in einem ausführlichen Interview persönlich befragt.
1. Über 4 Millionen Menschen mit Glücksspielproblemen
72% der telefonisch Befragten haben über die Lebenszeit irgendwann mindestens einmal Glücksspiele betrieben. Bei Vorliegen von 5 bis 10 Kriterien nach dem anerkannten Diagnosensystem DSM-IV spricht man von Pathologischem Glücksspielen (also süchtigem Verhalten). Problematisches Glücksspielen wird in der Literatur unterschiedlich definiert (1 bis 4 Kriterien oder 3 bis 4 Kriterien). Für die Darstellung unterteilen wir in: „Problematisches Glücksspielen mit 1 bis 2 erfüllten Kriterien“ (leichte Form) und „Problematisches Glücksspielen mit 3 bis 4 erfüllten Kriterien“ (ausgeprägte Form).
Auf Grundlage der Festnetztelefonstichprobe ergibt sich, dass 0,9% der 14- bis 64- jährigen bundesdeutschen Bevölkerung im Laufe des Lebens mit 5 oder mehr diagnostischen Kriterien die Bedingung für die Diagnose Pathologisches Spielen erfüllen. Weiterhin ergeben die Schätzungen, dass zusätzlich 1,4% Problematisches Glücksspielen mit 3-4 Kriterien im Laufe des Lebens erfüllten und 5,3% mit 1-2 Kriterien. Hochgerechnet ergeben sich folgende Zahlen für die Bevölkerung in der Gruppe der 14-64-Jährigen:
- 480.557 Pathologische Spieler,
- 756.919 Problematische Spieler mit drei oder vier erfüllten Kriterien und
- 2.925.996 Personen, die ein oder zwei Kriterien für Problematisches Glücksspielen
im Lebensverlauf erfüllt haben. Es finden sich deutlich erhöhte Raten bei Männern, jüngeren Personen, Personen mit niedrigerem Bildungsstatus, Personen mit Migrationserfahrung oder -hintergrund und Arbeitslosen. So betragen die Raten für Pathologisches Glücksspielen
- 3,3% bei Arbeitslosen
- 1,8% bei Personen mit Migrationshintergrund und
- 2,7% in der Gruppe der 14- bis 30-jährigen Männer.
31% der Befragten, die über die Lebenszeit die Kriterien für Pathologisches Glücksspielen erfüllten, waren in den letzten 12 Monaten spielabstinent und 54% berichteten mehr als 10 Spieltage. Unter den Befragten mit Pathologischem Glücksspielen gaben 41% an, dass innerhalb der letzten 12 Monate mindestens ein Symptom fortbestand und somit die Problematik noch aktuell ist.
Für Deutschland wird von einer zunehmenden Gruppe von Personen in der Bevölkerung ausgegangen, die nicht über einen Festnetztelefonanschluss erreichbar ist. Auf der Basis von 752 bisher realisierten Befragungen in dieser Gruppe zeigt sich, dass die Lebenszeitprävalenz des Pathologischen Glücksspielens in dieser Stichprobe etwa dreifach und bei statistischer Kontrolle von Alter und Geschlecht etwa zweifach erhöht ist. Vorbehaltlich abschließender Analysen ist damit zu erwarten, dass die obenstehende Bevölkerungsschätzung auf Grundlage der Festnetztelefonstichprobe durch Einbezug der Mobilfunkstichprobe substantiell zu erhöhen ist. Auf Basis der jetzigen Zahlen wäre eine Erhöhung um etwa 0,1% erwartbar, so dass eine Lebenszeitprävalenz von insgesamt 1,0% für Pathologisches Glücksspielen resultieren könnte. Hier liegen jedoch noch keine endgültigen Befunde vor.
2. Geldspielautomaten: Suchtrisiko Nummer 1
Verschiedene Glücksspielangebote wurden hinsichtlich ihres Risikos untersucht, eine Lebenszeitdiagnose Pathologisches Glücksspielen zu erhalten. Bei Teilnahme von mehr als zehn Tagen im Leben war die Chance, eine Abhängigkeit zu entwickeln erhöht für:
- Oddset (deutscher Toto- und Lottoblock)
- Pferdewetten
- andere Sportwetten
- Poker
- das sogenannte Große und Kleine Spiel im Casino
- Geldspielautomaten in Spielhallen oder Gastronomiebetrieben sowie
- das private oder illegale Glücksspiel.
Unter Berücksichtigung, dass die meisten Glücksspieler mehrere Formen des Glücksspielens betreiben, blieb das Risiko für die Teilnahme an Oddset (deutscher Toto- und Lottoblock), anderen Sportwetten, dem Kleinen Spiel im Casino, Poker und Geldspielautomaten in Spielhallen oder Gastronomiebetrieben bestehen. Der deutlichste Zusammenhang zwischen Spielform und dem Vorliegen der Diagnose Pathologisches Glücksspielen ergibt sich für Personen, die an Geldspielautomaten in Spielhallen bzw. Gastronomiebetrieben gespielt hatten oder am Kleinen Spiel im Casino teilnahmen. Für Nutzer dieser Angebote findet sich, verglichen mit den übrigen Befragten, jeweils eine um den Faktor 5,7 erhöhte Chance für die Diagnose des Pathologischen Glücksspielens.
Aus der Sicht der Pathologischen Glücksspieler, welche Glücksspielform am meisten zur Entstehung des Problems beigetragen hat, nannten u. a.
- 50,4% Geldspielautomaten
- 14% das Kleine Spiel im Casino
- 10,3% das Große Spiel
- 8,3% Poker und
- 6% Oddset.
3. Hilfesystem muss ausgebaut werden
Nach Schätzungen auf Grundlage der Festnetztelefonstichprobe haben etwa drei Viertel der Menschen mit Pathologischem Glücksspielen in Hinblick auf Spielprobleme keinerlei Kontakt zum Hilfesystem gehabt. Bezüglich des Problematischen Glücksspielens zeigt sich eine nur marginale Kontaktrate von 5% (bei 3-4 Kriterien) und 1% (bei 1-2 Kriterien). Es ist damit von einer gravierenden Unterversorgung von Menschen mit Pathologischem Glücksspielen und einem Fehlen von Frühinterventionen für Menschen mit Problematischem Glücksspielen auszugehen.
Die PAGE-Studie bietet eine hervorragende Grundlage für eine Fülle von weiteren und vertiefenden Analysen, die in der Zukunft erfolgen werden.
Kontakt:
PD Dr. Hans-Jürgen Rumpf
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität Lübeck
Ratzeburger Allee 160, 23538 Lübeck
Tel. 0451 5002871
Fax 0451 5003480
E-Mail: hans-juergen.rumpf@psychiatrie.uk-sh.de
Sonntag, 20. Februar 2011
BGH verhandelt am 17. März 2011 wettbewerbsrechtliche Sportwettenfälle
Pressemitteilung des BGH
Der Senat hat erneut über die Frage der Wettbewerbswidrigkeit des privaten Angebots von Sportwetten und anderen Wetten (Kasinospielen) im Internet zu befinden. Im Kern der Rechtsstreitigkeiten stehen nunmehr sowohl das Verbot des Veranstaltens und Vermittelns von öffentlichen Glücksspielen als auch das Werbeverbot für öffentliches Glücksspiel unter der Geltung des am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrags.
Die von den klagenden Lottogesellschaften auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommenen in- und ausländischen Wettunternehmen präsentierten und bewarben ihr Sportwettenangebot unter ihrem jeweiligen Domainnamen im Internet, welches von Spielern jedenfalls in Deutschland angenommen werden konnte. Ihnen wird jeweils ein Verstoß gegen Vorschriften des Strafgesetzbuchs und des Glücksspielstaatsvertrags vorgeworfen (§ 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit §§ 284, 287 StGB und § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 3 und 4 GlüStV).
Die Instanzgerichte haben unterschiedlich erkannt: Überwiegend haben die Landgerichte und die Berufungsgerichte (OLG Köln, ZfWG 2010, 359; OLG Bremen, ZfWG 2010, 105; I ZR 43/10 – nicht veröffentlicht) den Klagen – teils allerdings nur zweitinstanzlich – vollumfänglich oder im Wesentlichen wegen eines solchen Rechtsverstoßes stattgegeben (OLG Frankfurt am Main, ZfWG 2009, 268; OLG Frankfurt am Main, MMR 2009, 577). Hingegen haben das Landgericht München I und das Oberlandesgericht München die Klage vollumfänglich abgewiesen (I ZR 189/08).
Die Berufungsgerichte - mit Ausnahme des Oberlandesgerichts München (Revision wurde durch den Bundesgerichtshof zugelassen) - haben die Revision zugelassen. Der Bundesgerichtshof wird zu entscheiden haben, ob die Beurteilung der Berufungsgerichte zutreffend ist. Dabei wird er insbesondere darüber zu befinden haben, inwieweit die in Rede stehenden privaten Wettangebote und ihr Bewerben im Internet wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften des Glücksspielsstaatsvertrags unlauter sind und ob mögliche Verbote mit der höherrangigen unionsrechtlichen Dienst- und Niederlassungsfreiheit (Art. 49 und 56 AEUV) im Einklang stehen.
Verhandlungstermin: 17. März 2011
Vorinstanzen:
I ZR 189/08 – Wettbewerbsrecht
LG München I: Urteil 4 HK O 11552/06 vom 16. Dezember 2007
OLG München: Urteil 29 U 1669/08 vom 16. Oktober 2008
I ZR 89/09 – Wettbewerbsrecht
LG Wiesbaden: Urteil 11 O 56/06 vom 28. März 2007
OLG Frankfurt: Urteil 6 U 93/07 vom 4. Juni 2009
I ZR 92/09 – Wettbewerbsrecht
LG Wiesbaden: Urteil 13 O 119/06 vom 29. November.2007
OLG Frankfurt am Main: Urteil 6 U 261/06 vom 4. Juni 2009
I ZR 30/10 – Wettbewerbsrecht
LG Bremen: Urteil 12 O 379/06 vom 20. Dezember 2007
OLG Bremen: Urteil 2 U 4/08 vom 29. Januar 2010
I ZR 43/10 – Wettbewerbsrecht
LG Bremen: Urteil 12 O 333/07 vom 31. Juli 2008
OLG Bremen: Urteil 2 U 96/08 vom 12. Februar 2010
I ZR 93/10 – Wettbewerbsrecht
LG Köln: Urteil 31 O 599/08 vom 9. Juli 2009
OLG Köln: Urteil 6 U 142/09 vom 12. Mai 2010
Der Senat hat erneut über die Frage der Wettbewerbswidrigkeit des privaten Angebots von Sportwetten und anderen Wetten (Kasinospielen) im Internet zu befinden. Im Kern der Rechtsstreitigkeiten stehen nunmehr sowohl das Verbot des Veranstaltens und Vermittelns von öffentlichen Glücksspielen als auch das Werbeverbot für öffentliches Glücksspiel unter der Geltung des am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrags.
Die von den klagenden Lottogesellschaften auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommenen in- und ausländischen Wettunternehmen präsentierten und bewarben ihr Sportwettenangebot unter ihrem jeweiligen Domainnamen im Internet, welches von Spielern jedenfalls in Deutschland angenommen werden konnte. Ihnen wird jeweils ein Verstoß gegen Vorschriften des Strafgesetzbuchs und des Glücksspielstaatsvertrags vorgeworfen (§ 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit §§ 284, 287 StGB und § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 3 und 4 GlüStV).
Die Instanzgerichte haben unterschiedlich erkannt: Überwiegend haben die Landgerichte und die Berufungsgerichte (OLG Köln, ZfWG 2010, 359; OLG Bremen, ZfWG 2010, 105; I ZR 43/10 – nicht veröffentlicht) den Klagen – teils allerdings nur zweitinstanzlich – vollumfänglich oder im Wesentlichen wegen eines solchen Rechtsverstoßes stattgegeben (OLG Frankfurt am Main, ZfWG 2009, 268; OLG Frankfurt am Main, MMR 2009, 577). Hingegen haben das Landgericht München I und das Oberlandesgericht München die Klage vollumfänglich abgewiesen (I ZR 189/08).
Die Berufungsgerichte - mit Ausnahme des Oberlandesgerichts München (Revision wurde durch den Bundesgerichtshof zugelassen) - haben die Revision zugelassen. Der Bundesgerichtshof wird zu entscheiden haben, ob die Beurteilung der Berufungsgerichte zutreffend ist. Dabei wird er insbesondere darüber zu befinden haben, inwieweit die in Rede stehenden privaten Wettangebote und ihr Bewerben im Internet wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften des Glücksspielsstaatsvertrags unlauter sind und ob mögliche Verbote mit der höherrangigen unionsrechtlichen Dienst- und Niederlassungsfreiheit (Art. 49 und 56 AEUV) im Einklang stehen.
Verhandlungstermin: 17. März 2011
Vorinstanzen:
I ZR 189/08 – Wettbewerbsrecht
LG München I: Urteil 4 HK O 11552/06 vom 16. Dezember 2007
OLG München: Urteil 29 U 1669/08 vom 16. Oktober 2008
I ZR 89/09 – Wettbewerbsrecht
LG Wiesbaden: Urteil 11 O 56/06 vom 28. März 2007
OLG Frankfurt: Urteil 6 U 93/07 vom 4. Juni 2009
I ZR 92/09 – Wettbewerbsrecht
LG Wiesbaden: Urteil 13 O 119/06 vom 29. November.2007
OLG Frankfurt am Main: Urteil 6 U 261/06 vom 4. Juni 2009
I ZR 30/10 – Wettbewerbsrecht
LG Bremen: Urteil 12 O 379/06 vom 20. Dezember 2007
OLG Bremen: Urteil 2 U 4/08 vom 29. Januar 2010
I ZR 43/10 – Wettbewerbsrecht
LG Bremen: Urteil 12 O 333/07 vom 31. Juli 2008
OLG Bremen: Urteil 2 U 96/08 vom 12. Februar 2010
I ZR 93/10 – Wettbewerbsrecht
LG Köln: Urteil 31 O 599/08 vom 9. Juli 2009
OLG Köln: Urteil 6 U 142/09 vom 12. Mai 2010