Pressemitteilung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 1. März 2012
Ein Spielplan für Fußballbegegnungen kann nicht urheberrechtlich geschützt werden, wenn seine Erstellung durch Regeln oder Zwänge bestimmt wird, die für künstlerische Freiheit keinen Raum lassen
Die Tatsache, dass für die Erstellung des Spielplans ein bedeutender Arbeitsaufwand und bedeutende Sachkenntnis des Urhebers erforderlich waren, rechtfertigt als solche nicht den urheberrechtlichen Schutz des Spielplans
Durch die Richtlinie über den rechtlichen Schutz von Datenbanken 1) werden diese urheberrechtlich geschützt, wenn die Auswahl oder Anordnung des Stoffes eine eigene geistige Schöpfung ihres Urhebers darstellt. Die Datenbanken können auch durch das Schutzrecht „sui generis“ geschützt sein, wenn für die Beschaffung, die Überprüfung oder die Darstellung ihres Inhalts eine wesentliche Investition erforderlich ist.
Die britische Gesellschaft Football Dataco, die mit dem Schutz der an den Spielen der englischen und der schottischen Fußballligen erworbenen Rechte betraut ist, und die Organisatoren dieser Ligen werfen im Ausgangsverfahren Yahoo! UK, Stan James (Buchmacher) und Enetpulse (Sportinformationsdienst) vor, diese hätten ihre Rechte des geistigen Eigentums an den Fußballspielplänen verletzt, indem sie Letztere ohne Erbringung einer finanziellen Gegenleistung verwendet hätten.
Die Spielpläne für die Begegnungen werden nach bestimmten Regeln, den sogenannten „goldenen Regeln“, ausgearbeitet. Das Verfahren zur Ausarbeitung der Spielpläne ist teilweise automatisiert, erfordert aber dennoch einen bedeutenden Arbeitsaufwand und bedeutende Sachkenntnis, um der Vielzahl der Anforderungen der Beteiligten unter Einhaltung der Regeln gerecht zu werden.
Das nationale Gericht hat einen Schutz „sui generis“ dieser Spielpläne bereits im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs 2) ausgeschlossen. Dagegen ist es sich nicht sicher, ob die Spielpläne für einen urheberrechtlichen Schutz in Betracht kommen. Es bittet daher den Gerichtshof, zu klären, welche Voraussetzungen für die Gewährung dieses Schutzes erfüllt sein müssen.
Der Gerichtshof antwortet zunächst, dass der durch die Richtlinie gewährte urheberrechtliche Schutz die „Struktur“ der Datenbank und nicht deren „Inhalt“ zum Gegenstand hat. Dieser Schutz erstreckt sich nicht auf die Daten selbst. In diesem Kontext bedeuten die Begriffe „Auswahl“ und „Anordnung“ im Sinne der Richtlinie die Auswahl und Anordnung von Daten, durch die der Urheber der Datenbank dieser ihre Struktur verleiht. Dagegen umfassen diese Begriffe nicht die Erzeugung der in der Datenbank enthaltenen Daten. Folglich können die geistigen Anstrengungen und die Sachkenntnis, die für die Erzeugung der Daten aufgewandt wurden, bei der Beurteilung, ob die diese Daten enthaltende Datenbank für den urheberrechtlichen Schutz nach der Richtlinie in Betracht kommt, nicht berücksichtigt werden.
Im vorliegenden Fall betreffen die Anstrengungen und die Sachkenntnis, die für die Erstellung der Spielpläne erforderlich sind, die Erzeugung der in der Datenbank enthaltenen Daten selbst. Folglich sind diese Anstrengungen und diese Sachkenntnis jedenfalls ohne Bedeutung für die Beurteilung, ob die betreffenden Spielpläne für Fußballbegegnungen für den urheberrechtlichen Schutz nach der Richtlinie in Betracht kommen.
Weiter führt der Gerichtshof aus, dass der Begriff der „geistigen Schöpfung“, die eine notwendige Voraussetzung für den urheberrechtlichen Schutz ist, allein auf das Kriterium der Originalität verweist. In Bezug auf die Erstellung einer Datenbank ist dieses Kriterium der Originalität erfüllt, wenn der Urheber über die Auswahl oder die Anordnung der in ihr enthaltenen Daten seine schöpferischen Fähigkeiten in eigenständiger Weise zum Ausdruck bringt, indem er freie und kreative Entscheidungen trifft. Dagegen ist dieses Kriterium nicht erfüllt, wenn die Erstellung der Datenbank durch technische Erwägungen, Regeln oder Zwänge bestimmt wird, die für künstlerische Freiheit keinen Raum lassen.
Für die Beurteilung der Originalität, die erforderlich ist, damit die Datenbank urheberrechtlich geschützt werden kann, ist es gleichgültig, ob den Daten durch ihre Auswahl oder ihre Anordnung in der Datenbank eine „wesentliche Bedeutung hinzugefügt“ wird.
Ebenso reicht die Tatsache, dass für die Erstellung der Datenbank unabhängig von der Erzeugung der darin enthaltenen Daten ein bedeutender Arbeitsaufwand und bedeutende Sachkenntnis des Urhebers erforderlich waren, als solche nicht aus, um einen urheberrechtlichen Schutz der Datenbank zu rechtfertigen, wenn durch diesen Arbeitsaufwand und diese Sachkenntnis keinerlei Originalität bei der Auswahl oder Anordnung der Daten zum Ausdruck kommt.
Es ist Sache des nationalen Gerichts, anhand der vom Gerichtshof angeführten Aspekte zu beurteilen, ob die betreffenden Spielpläne für Fußballbegegnungen Datenbanken sind, die die Voraussetzungen für einen urheberrechtlichen Schutz erfüllen. Der Gerichtshof führt jedoch weiter aus, dass die vom nationalen Gericht geschilderten Einzelheiten der Erstellung der Spielpläne nicht ausreichen, damit diese durch das in der Richtlinie vorgesehene Urheberrecht geschützt werden können, wenn sie nicht durch Faktoren ergänzt werden, durch die Originalität bei der Auswahl oder Anordnung der in diesen Spielplänen enthaltenen Daten zum Ausdruck gebracht wird.
Schließlich stellt der Gerichtshof fest, dass im Hinblick darauf, dass die Richtlinie den urheberrechtlichen Schutz von Datenbanken harmonisiert, nationale Rechtsvorschriften, durch die Datenbanken unter anderen Voraussetzungen als denen der Richtlinie urheberrechtlicher Schutz gewährt wird, mit dem Unionsrecht unvereinbar sind.
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1) Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken (ABl. L 77, S. 20).
2) Urteile vom 9. November 2004, Fixtures Marketing, (C-46/02, C-338/02 und C-444/02), vgl. auch Pressemitteilung Nr. 89/04.