Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland und anderer Rechtsvorschriften
Die Bayerische Staatsregierung hat am 17.04.2012 ihren Entwurf für ein Bayerisches Ausführungsgesetz zum geplanten Glücksspieländerungsstaatsvertrag verabschiedet. Mit diesem Gesetzesentwurf geht sie aber die formell und materiell rechts- und verfassungswidrigen Schritte weiter, die der Erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag eingeschlagen hat. Die Länder sind bereits formell nicht zuständig.
Eine rechtssichere Regelung bzgl. der Ansiedlung von Spielhallen kann aus Sicht vieler Rechtsexperten allein über das Baurecht erreicht werden. Und dafür liegt die Regelungskompetenz allein beim Bund.
Wir können nur wiederholen, dass wir eine Änderung des Baurechts unterstützen, um die Kommunen in ihren Steuerungsmöglichkeiten zu stärken.
Auch inhaltlich sind die Regelungen rechtswidrig. Sie verstoßen gegen Verfassungs- und Europarecht.
1. Verbot von Mehrfachkonzessionen und Übergangsfrist sind verfassungswidrig
Es darf nicht vergessen werden, dass die bau- und gewerberechtlichen Erlaubnisse alle unbefristet erteilt wurden.
Auf Basis dieser Erlaubnisse haben die Unternehmer langfristige Mietverträge abgeschlossen, in Gebäude und Einrichtung (v.a. auch Ausbau der Spielstätten, Geräte) investiert, Finanzierungen abgeschlossen, Kalkulationen zur Amortisation und zum Gewinn angestellt.
Die vorgesehen Übergangsfrist ist ein enteignungsgleicher Eingriff zu Lasten der Betreiber.
Die für bereits bestehende Spielhallen vorgesehene Übergangsfrist von fünf Jahren liegt unterhalb jeder Kalkulations- und steuerrechtlichen Abschreibungsfrist.
Mit einem automatischen Verfall der Konzessionen – auch nach einer weiteren Härtefallfrist – werden alle Investitionen wirtschaftlich wertlos. Dies stellt nicht nur aus Sicht der betroffenen Unternehmer, sondern auch aus Sicht der Gebäudeeigentümer und -vermieter einen enteignungsgleichen Eingriff dar.
Selbst die vorgesehene Härtefallregelung mit einer Weiterführung von Mehrfachkonzessionen mit 48 Geräten und gleichzeitig notwendigem Konzept zur weiteren Abschmelzung, maximal bis zum Ablauf des GlüÄndStV (30.06.2021) führt zur Unrentabilität und damit zur Enteignung! Denn bei einer Abschmelzung können die vereinbarte Miete und die kalkulierten Aufwendungen und Belastungen nicht mehr erwirtschaftet werden.
Es muss eine Weiterführung der genehmigten und bestandskräftigen Konzessionen auf unbestimmte Zeit ohne Abschmelzung darstellbar sein!
2. Mindestabstände greifen in Grundrechte der Eigentümer ein
Soweit im Ersten GlüÄndStV und im Ausführungsgesetz Mindestabstände zwischen Spielhallen vorgesehen sind, stellen diese ebenfalls eine Ungleichbehandlung von Grundstückseigentümern und damit einen rechtswidrigen Eingriff in die grundrechtlich geschützte Freiheit des Eigentums dar.
Da zudem nicht geklärt ist, welche Spielhalle zukünftig, z.B. nach Auslaufen von Übergangsfristen, den Vorzug innerhalb dieser Abstandsfläche erhält, ist die Regelung zu unbestimmt und damit ebenfalls rechtswidrig.
Vor allem gilt es aber zu bedenken, dass diese Regelung wieder zu einer Aufsplitterung von Spielhallen an die jeweilige Grenze der Abstandsflächen führen wird – alle 250 Meter eine Spielhalle.
Das anvisierte Ziel einer Regulierung wird dadurch nicht erreicht!
3. Suchtgefährdung aufgrund schon bestehender Regulierung unbegründet
Das gewerbliche Geld-Gewinnspiel ist bereits der am stärksten regulierte Bereich des Glücksspielmarktes in Deutschland!
Aus der Spielverordnung ergeben sich bereits zahlreiche Einschränkungen beim Spielablauf, bei Gewinn und Verlust, Maximalverlust, zur Geräteaufstellung, usw.
Diese bewirken alle einen effektiven Spielerschutz.
Durch die geplante und ebenfalls bereits initiierte Änderung der Spielverordnung werden diese Regelungen weiter deutlich verschärft.
Dass das gewerbliche Geld-Gewinnspiel die größte Suchtgefahr birgt, geht an den Ergebnissen der Suchtforschung vorbei.
In Deutschland sind nach übereinstimmenden Untersuchungsergebnissen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) im Auftrag des Deutschen Lottoblocks, des Instituts für Therapieforschung (IFT) im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums, der Universität Greifswald im Auftrag der Bundesländer (PAGE-Studie - 15.022 befragte Personen) sowie einer weiteren Studie (Buth & Stöver) bei allen Spielformen zusammen etwa 103.000 – 290.000 Personen als pathologische Spieler zu bezeichnen. Bezogen auf die erwachsene Bevölkerung (= ca. 54 Mio. Menschen) sind dies 0,2 bis 0,56%, je nach Untersuchungsmethode.
Die Werte sind über die Jahre hinweg konstant. Deutschland liegt damit im europäischen Vergleich am unteren Ende des Spektrums, das von 0,2 bis 2% reicht.
Die Professoren Peren und Clement von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg haben festgestellt, dass gemessen an den Ausgaben für Glücksspiele das gewerbliche Geld-Gewinnspiel nach Lotto und Lotterien das am wenigsten problematische Spielangebot ist. Auf jeweils 100 Millionen Euro Ausgaben für das Online-Glücksspiel entfallen 6,67% auf pathologische Spieler. Beim Roulett und den Spielautomaten in den staatlichen Spielbanken sind es 2,56%. Weit weniger gefährlich für krankhafte Spieler sind Lotto und Geldspielgeräte in Gaststätten und Spielhallen. Auf jeweils 100 Millionen Ausgaben der Spieler entfallen beim Lotto nur 0,35% und bei den Geldspielgeräten nur 0,9% der krankhaften Spieler.
Trotz dieser nachgewiesenen Suchtgefährdung gerade bei den staatlichen Spielbanken und trotz der ausdrücklichen Forderung des EuGH in den Urteilen, die nun als Grund für die Vernichtung der gewerblichen Spielhallen herangezogen werden, werden die staatlichen Spielbanken in den aktuellen Gesetzesentwürfen nicht weiter reguliert. Ganz im Gegenteil werden ihnen wieder Werberechte eingeräumt, also weitere Rechte zuerkannt.
Damit fehlt es an der vom EuGH geforderten Kohärenz der Regelungen im Glücksspielbereich. Die Regelungen werden somit in absehbarer Zeit wieder als europarechtswidrig aufgehoben werden!
4. Wettbewerbsverzerrung und Existenzvernichtung durch Sperrzeitregelung
Die Absicht, den Kommunen die Erhöhung der Sperrzeit bei gewerblichen Spielhallen zu eröffnen, wird zu einer Wettbewerbsverzerrung und zu einem Sperrzeitentourismus zwischen den Kommunen mit unterschiedlicher Regelung führen.
Überzogene Regelungen der Kommunen werden zur Existenzvernichtung bei kleinen und mittelständischen Betrieben führen.
Nach der aktuellen Gaststättenverordnung kann bei Vorliegen eines besonderen Grundes bereits jetzt eine längere Sperrzeit z.B. in betroffenen Stadtteilen festgesetzt werden.
Die Kommunen haben bei Bedarf also auch hier bereits jetzt alle Möglichkeiten. Eine weitere Öffnung zu Gunsten der Kommunen ist aus den genannten Gründen abzulehnen.
5. Vernichtung von Unternehmenswerten
Bei vielen kleinen und mittelständischen Betrieben stellt der Unternehmenswert einen nicht unerheblichen Teil der Alterssicherung dar.
Die erteilten Konzessionen sind aber personengebunden.
Durch den automatischen Wegfall der Konzessionen bei einer Übertragung derselben auf Rechtsnachfolger, gleich ob im Wege der Betriebsnachfolge durch Kinder, Erben oder durch Verkauf, wird das Betriebsvermögen wertlos gemacht. Der Übernehmer kann die Übergangsfrist nicht ausschöpfen, der Übergeber kann keine Erlöse mehr erzielen. Der Betrieb ist bereits jetzt wertlos.
6. Schlussbemerkungen:
Die Zurückdrängung des legalen Glücks- und Gewinnspiels leistet dem illegalen Spiel (besonders im Internet [ohne soziale Kontrolle], aber auch in Hinterzimmern) Vorschub. Der Online-Markt boomt und macht schon gegenwärtig mindestens 10% des gesamten Marktes von Glücks- und Gewinnspielen aus - Tendenz progressiv steigend. Die Vertriebskanäle für Online-Gewinnspiele sind Internet, Mobilanwendungen und Internetfernsehen. Der projizierte Anstieg aller drei Bereiche von 2003 bis 2012 liegt bei 1017%. Altersbeschränkungen greifen hier nicht. Gerade vor diesem Hintergrund leistet das 20-Cent-Spiel an gewerblichen Geldspielgeräten einen wesentlichen Beitrag zur Kanalisierung des Spieltriebs.
Dem gegenüber droht durch den geplanten Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag, das Bayerischen Ausführungsgesetz und dem darin vorgesehenen automatischen Wegfall aller bisher genehmigten Konzessionen in fünf Jahren vielen der von uns vertretenen Unternehmen die Existenzvernichtung.
Die oft über Generationen hinweg geschaffenen Unternehmenswerte, die zugleich auch die Alterssicherung darstellen, werden von heute auf morgen auf "Ramschniveau" gesetzt.
Bayerischer Automaten Verband e.V.
Andy Meindl Petra Höcketstaller
1. Vorsitzender stellv. Vorsitzende
V.i.S.d.P.: BAV e.V., Ch. Szegedi, Ludwigstr. 21, 84524 Neuötting, Tel. (08671) 8865 10