Die Ministerpräsidenten der 16 deutschen Bundesländer haben sich am Mittwoch, den 13. Dezember 2006, gegen die Stimme des Ministerpräsidenten aus Schleswig-Holstein, d. h. sportlich gesehen 15 : 1, auf den Entwurf eines neuen Lotterie-Staatsvertrags geeinigt. Dieser neue Staatsvertrag soll den derzeitigen, zum 1. Juli 2004 in Kraft getretenen Lotterie-Staatvertrag zum 1. Januar 2008 ablösen. Nach der Vorstellung der zustimmenden Länder soll damit das Glücksspielrecht nach der Sportwetten-Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 verfassungskonform neu geregelt werden. Der Vertrag soll hierzu auch ausdrücklich Sportwettenwetten regeln (was bei dem derzeitigen Staatsvertrag strittig ist) sowie bestimmte Vorschriften für Spielbanken enthalten. Nicht neu geregelt werden allerdings die besonders suchtrelevanten Glücksspielautomaten.
Nach dem Willen der 15 zustimmenden Ministerpräsidenten soll für weitere vier Jahre ein staatliches Sportwetten- und Glücksspielmonopol in Deutschland gelten. Ein von mehreren Seiten vorgeschlagenes und unterstütztes Konzessionierungsmodell, das eine Zulassung privater Veranstalter vorsieht, wurde von der Mehrheit abgelehnt.
Sowohl das Verfahren wie auch der Inhalt des geplanten Staatsvertrags sind rechtlich höchst problematisch. Folgende juristischen Aspekte sind dabei u.a. zu berücksichtigen:
Vereinbarkeit der Marktabschottung mit Europarecht?
Sowohl der der derzeitige wie auch der geplante Staatsvertrag führen zu einer Abschottung des deutschen Glücksspielmarktes gegenüber Anbieter aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR). Nur deutsche staatliche oder staatsnahe Anbieter dürfen rechtsmäßig Sportwetten und Glücksspiele anbieten, während sowohl private wie auch staatliche Anbieter aus anderen Mitgliedstaaten weiterhin durch das Monopol außen vor gehalten werden. Internet-Angebote, die sich gerade für ein grenzüberschreitendes Angebot eignen, sollen ohne sachliche Begründung verboten werden.
Diese von den Ländern offenkundig beabsichtigte Marktabschottung verstößt insbesondere gegen die Dienstleistungsfreiheit und ist mit EU- und EWR-Recht nicht vereinbar.
Werden die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts erfüllt?
Mit einem Staatsvertrag soll eine für alle Bundesländer einheitliche Rechtlage geschaffen werden. Ein Staatsvertrag, dem nicht alle Länder zustimmen, führt zu einer gespaltenen Rechtslage in Deutschland und damit gerade nicht zu einer kohärenten, in sich nachvollziehbaren und systematischen rechtlichen Regelung. Eine derartige kohärente Regelung für den gesamten Glücksspielbereich ist jedoch verfassungsrechtlich zur Aufrechterhaltung des Monopols erforderlich. Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in dem Grundsatzurteil vom 28. März 2006 werden durch einen nicht in allen Ländern geltenden Staatsvertrag nicht erfüllt.
Darf der private Wettbewerb abgeschafft werden?
Der geplante Staatsvertrag berücksichtigt nicht die kartellrechtlichen Bedenken des Bundeskartellamtes. Dieses hatte mehrfach betont, dass der private, bereits jetzt schon an den Rand gedrängte „Restwettbewerb“ erhalten werden müsse. Die geplante völlige Abschaffung des privaten Wettbewerbs ist sowohl mit deutschem wie auch mit europäischem Wettbewerbsrecht nicht vereinbar. Wie in Sportwettenrecht aktuell Nr. 50 dargestellt, hat das Oberlandesgericht Düsseldorf in dem kartellrechtlichen Eilverfahren noch einmal ausdrücklich festgehalten, dass eine Staatsvertrag nicht europäischen Kartellrecht außer Kraft setzen kann. Eine Übergangsregelung mit einer Frist von lediglich einem Jahr dürfte verfassungsrechtlich nicht haltbar sein.
Zulässigkeit der 13/16-Regelung?
Der Entwurf des Staatsvertrags sieht vor, dass er bereits bei einer Ratifizierung durch 13 der 16 Länderparlamente in Kraft tritt. Dies ist mit dem Grundsatz des Föderalismus nicht vereinbar und verletzt die Rechte der Länderparlamente. Offen bleibt, was in und mit den bis zu drei Ländern passiert, in denen der Staatsvertrag dann nicht in Kraft tritt.
Was passiert mit dem derzeitigen Lotterie-Staatsvertrag?
Jeder Vertrag, auch der derzeitige Staatsvertrag, kann durch einstimmigen Beschluss aufgehoben und abgeändert werden. Ohne entsprechende Willensübereinstimmung ist nur eine Kündigung denkbar. Der derzeitige Staatsvertrag sieht in § 17 eine Kündigung mit einer Frist von zwei Jahren zum Schluss eines Kalenderjahrs vor, mit einer erstmaligen Kündigungsmöglichkeit zum 30. Juni 2014. Die anderen Länder können sich auch mit einem deutlichen Mehrheitsbeschluss nicht einfach von ihren Pflichten gegenüber dem Vertragspartner Schleswig-Holstein entbinden.
Fazit: Sollte die Mehrheit der Bundesländer wie geplant mit der Verabschiedung und Umsetzung des neuen Staatsvertrags fortfahren, dürfte dies zu erheblichen gerichtlichen Auseinandersetzung auf deutscher und europäischer Ebene führen.
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Freitag, 15. Dezember 2006
Landgericht Nürnberg-Fürth spricht Sportwettenvermittler frei
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat mit Berufungsurteil vom 14. Dezember 2006 (Az. 14 Ns 372 Js 11605/2005) einen Sportwettenvermittler vom Vorwurf des unerlaubten Glücksspiels (§ 284 StGB) freigesprochen und das entgegen stehende erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Nürnberg aufgehoben. Das Landgericht begründete dies damit, dass man nunmehr dem Revisionsurteil des Oberlandesgerichts (OLG) München vom 26. September 2006 (Az. 5 St RR 115/05) folge. Das OLG hatte die Straflosigkeit der Vermittlung von Sportwetten an einem in einen anderen EU-Mitgliedstaat zugelassenen Buchmacher vor allem mit dem Vorrang des europäischen Gemeinschaftsrechts begründet. Das Landgericht erklärt, dass sich sämtliche Berufungskammer des Gerichts des Gerichts und inzwischen auch die Staatsanwaltschaft dieser Rechtsauffassung angeschlossen hätten.
Mittwoch, 13. Dezember 2006
Lotterie-Staatsvertrag: Keine Unterzeichnung, aber Mehrheitsbeschluss
Die Ministerpräsidenten der 16 deutschen Bundesländer haben auf der heutigen Ministerpräsidenten-Konferenz in Berlin den umstrittenen Entwurf des Lotterie-Staatsvertrags nicht unterzeichnet. Gegen die Stimme des Ministerpräsidenten aus Schleswig-Holstein, d. h. 15 : 1, wurde jedoch beschlossen, dass der Vertrag Anfang 2007 von den zustimmenden Länderchefs im Umlaufverfahren unterzeichnet werden soll, um dann gegenüber der EU-Kommission notifiziert zu werden. Der Rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck teilte heute mit, 15 Länder hätten sich darauf verständigt, den Staatsvertrag auf den Weg zu bringen, obwohl Schleswig-Holstein nicht zugestimmt habe.
Mit dem geplanten Lotterie-Staatvertrag wollen die Länder das Glücksspielrecht nach der Sportwetten-Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom März 2006 neu regeln. Der Vertrag soll auch Sportwettenwetten regeln sowie Vorschriften für Spielbanken enthalten. Nach dem nunmehrigen Mehrheitsbeschluss des Ministerpräsidenten soll für weitere vier Jahre, ab Anfang 2008, ein staatliches Sportwetten- und Glücksspielmonopol in Deutschland gelten.
Die Kieler Landesregierung begründet ihre Ablehnung mit europa- und wettbewerbsrechtlichen Bedenken und will das weitere Verfahren unter anderem in Brüssel sowie die anstehende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (Rechtssache Placanica) abwarten. Der Landtag von Schleswig-Holstein hatte eine Unterzeichnung Ende November 2006 ausdrücklich einstimmig abgelehnt (vgl. Sportwettenrecht aktuell Nr. 55). Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Peter-Harry Carstensen, erklärte: „Heute habe ich es abgelehnt, meine Unterschrift unter den Vertrag zu setzen.“ Er halte sich aber die Möglichkeit offen, in den nächsten Monaten dem Vertrag noch beizutreten.
Rechtlich ist ein Staatsvertrag, dem nicht alle Länder zustimmen, höchst problematisch. Er führt zu einer gespaltenen Rechtslage in Deutschland und damit gerade nicht zu einer kohärenten, in sich nachvollziehbaren rechtlichen Regelung. Eine derartige kohärente Regelung für den gesamten Glücksspielbereich ist jedoch sowohl verfassungsrechtlich wie auch europarechtlich erforderlich. Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in dem Grundsatzurteil vom 28. März 2006 werden durch einen nicht in allen Ländern geltenden Staatsvertrag nicht erfüllt.
Schleswig-Holsteins CDU-Fraktionschef Johann Wadephul hatte kürzlich rechtliche Schritte für den Fall angekündigt, dass die Ministerpräsidenten das Gesetzgebungsverfahren für den Lotterie-Staatsvertrag nach der so genannten 13/16-Regel auf den Weg bringen sollten. "Wer wider besseres Wissen an dieser Regelung festhält, der legt die Axt an die Wurzeln des Föderalismus", sagte Wadephul zu Euro am Sonntag. "Wir werden dagegen mit allen Mitteln - notfalls auch juristisch - vorgehen." Unabhängig von einer möglichen rechtlichen Auseinandersetzung müssen zum Inkrafttreten des Staatsvertrages zunächst die Länderparlamente zustimmen.
Mit dem geplanten Lotterie-Staatvertrag wollen die Länder das Glücksspielrecht nach der Sportwetten-Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom März 2006 neu regeln. Der Vertrag soll auch Sportwettenwetten regeln sowie Vorschriften für Spielbanken enthalten. Nach dem nunmehrigen Mehrheitsbeschluss des Ministerpräsidenten soll für weitere vier Jahre, ab Anfang 2008, ein staatliches Sportwetten- und Glücksspielmonopol in Deutschland gelten.
Die Kieler Landesregierung begründet ihre Ablehnung mit europa- und wettbewerbsrechtlichen Bedenken und will das weitere Verfahren unter anderem in Brüssel sowie die anstehende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (Rechtssache Placanica) abwarten. Der Landtag von Schleswig-Holstein hatte eine Unterzeichnung Ende November 2006 ausdrücklich einstimmig abgelehnt (vgl. Sportwettenrecht aktuell Nr. 55). Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Peter-Harry Carstensen, erklärte: „Heute habe ich es abgelehnt, meine Unterschrift unter den Vertrag zu setzen.“ Er halte sich aber die Möglichkeit offen, in den nächsten Monaten dem Vertrag noch beizutreten.
Rechtlich ist ein Staatsvertrag, dem nicht alle Länder zustimmen, höchst problematisch. Er führt zu einer gespaltenen Rechtslage in Deutschland und damit gerade nicht zu einer kohärenten, in sich nachvollziehbaren rechtlichen Regelung. Eine derartige kohärente Regelung für den gesamten Glücksspielbereich ist jedoch sowohl verfassungsrechtlich wie auch europarechtlich erforderlich. Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in dem Grundsatzurteil vom 28. März 2006 werden durch einen nicht in allen Ländern geltenden Staatsvertrag nicht erfüllt.
Schleswig-Holsteins CDU-Fraktionschef Johann Wadephul hatte kürzlich rechtliche Schritte für den Fall angekündigt, dass die Ministerpräsidenten das Gesetzgebungsverfahren für den Lotterie-Staatsvertrag nach der so genannten 13/16-Regel auf den Weg bringen sollten. "Wer wider besseres Wissen an dieser Regelung festhält, der legt die Axt an die Wurzeln des Föderalismus", sagte Wadephul zu Euro am Sonntag. "Wir werden dagegen mit allen Mitteln - notfalls auch juristisch - vorgehen." Unabhängig von einer möglichen rechtlichen Auseinandersetzung müssen zum Inkrafttreten des Staatsvertrages zunächst die Länderparlamente zustimmen.
Dienstag, 12. Dezember 2006
Befragung zum Glücksspielverhalten und zur Glücksspielsucht
Im Auftrag des Bremer Instituts für Drogenforschung und gefördert durch den Verband der Lottovermittler befragte das Meinungsforschungsinstitut TNS Infratest Sozialforschung GmbH im November und Dezember 2006 insgesamt 8.000 in Deutschland lebenden Personen zu ihrem Glücksspielverhalten. Die Ergebnisse dieser Befragung stellt erstmalig ein repräsentatives Abbild des Glückspielverhaltens der Deutschen dar.
Nahezu 40% der befragten Personen nahmen im Laufe der zurückliegenden 12 Monate an einem Glücksspiel teil. Genau ein Drittel aller befragten Personen nahm am Zahlenlotto ("6 aus 49") teil; es folgen Rubbellose (12%), Glücksspirale (6%), Klassenlotterien (5%), Sportwetten (4%), Spielautomaten (3%) und Casinospiele (3%). Die Mehrheit dieser Spieler hat sich an mehreren Spielarten beteiligt. Lediglich bei den Teilnehmern des Zahlenlottos geht ein beachtenswerter Anteil von 46% ausschließlich dieser Glücksspielart nach.
Personen, die mindestens wöchentlich spielen bzw. mehr als EUR 50,- im Monat für Glücksspiel ausgeben, wurden gebeten, einen Test ("Das diagnostische und statistische Manual psychischer Störungen": DSM-IV) zur Bestimmung eines möglichen pathologischen Spielverhaltens zu absolvieren. Nach den Ergebnissen dieses Tests erfüllen 0,5% aller 8.000 befragten Personen in Bezug auf das zurückliegende Jahr die Kriterien einer Spielsucht. Die Prävalenz pathologischen Spielens in Deutschland liegt somit im internationalen Vergleich über den Werten aus Norwegen (0,15%) und Großbritannien (0,3%), aber unter Schweden (0,6%), der Schweiz (0,8%) und Spanien (1,7%).
Das Spielen um Geld gilt in der Glücksspielforschung insbesondere dann als besonders suchtgefährdend, wenn es mit einer raschen Spielabfolge (hohe Ereignisfrequenz) und einer kurzen Zeitspanne zwischen dem Geldeinsatz und der Bekanntgabe des Spielergebnisses und der Auszahlung eines möglichen Gewinns verbunden ist. Insbesondere die Casinospiele und die Geldspielautomaten, aber auch Rubbellose und bestimmte Formen der Sportwette erfüllen diese Kriterien.
Auf das Zahlenlotto, mit seiner vergleichsweise geringen Spielfrequenz (zwei Ziehungen pro Woche) und der in der Regel großen Zeitspanne vom Ausfüllen der Tippscheine bis zur Ziehung der Zahlen treffen sie hingegen kaum zu. Als eine empirische Bestätigung dieses letztgenannten Sachverhaltes kann die sehr geringe Verbreitung pathologischen Spielens von 0,33% der ausschließlichen Lottospieler angesehen werden. Dieser Personenkreis ist somit nur einem äußerst geringen Risiko ausgesetzt, ein Spielproblem zu entwickeln.
Spielautomaten bergen hingegen ein sehr hohes Suchtpotential. Jeder zwölfte Spieler dieser Glücksspielart (8%) ist von einer Spielsucht betroffen. Neben den Automaten spielen diese Personen noch eine Vielzahl anderer Glücksspiele. Hierzu gehören sowohl die klassischen Lotterien als auch Casinospiele und Sportwetten. Vergleicht man die Geldeinsätze für die Lotterien auf der einen Seite und für die Automaten, Pferdewetten, Sportwetten und Casinospiele auf der anderen, so zeigen sich hier gravierende Unterschiede. Während die
Hälfte der pathologischen Automatenspieler nur maximal EUR 20,- für Lotterieprodukte im Monat ausgeben, sind es EUR 130,- in Bezug auf die anderen Glücksspielarten. Die hohen finanziellen Belastungen der pathologischen Automatenspieler werden auch an dem Anteil deutlich, den sie am gesamten Umsatz mit dieser Glücksspielart haben. Nach den Ergebnissen dieser Befragung stammen 40% aller für Spielautomaten getätigten Geldeinsätze von Personen, die ein pathologisches Spielverhalten aufweisen. Bei den klassischen Lotterieprodukten liegt dieser Anteil hingegen bei sehr geringen 2% bis 3%.
Nahezu 40% der befragten Personen nahmen im Laufe der zurückliegenden 12 Monate an einem Glücksspiel teil. Genau ein Drittel aller befragten Personen nahm am Zahlenlotto ("6 aus 49") teil; es folgen Rubbellose (12%), Glücksspirale (6%), Klassenlotterien (5%), Sportwetten (4%), Spielautomaten (3%) und Casinospiele (3%). Die Mehrheit dieser Spieler hat sich an mehreren Spielarten beteiligt. Lediglich bei den Teilnehmern des Zahlenlottos geht ein beachtenswerter Anteil von 46% ausschließlich dieser Glücksspielart nach.
Personen, die mindestens wöchentlich spielen bzw. mehr als EUR 50,- im Monat für Glücksspiel ausgeben, wurden gebeten, einen Test ("Das diagnostische und statistische Manual psychischer Störungen": DSM-IV) zur Bestimmung eines möglichen pathologischen Spielverhaltens zu absolvieren. Nach den Ergebnissen dieses Tests erfüllen 0,5% aller 8.000 befragten Personen in Bezug auf das zurückliegende Jahr die Kriterien einer Spielsucht. Die Prävalenz pathologischen Spielens in Deutschland liegt somit im internationalen Vergleich über den Werten aus Norwegen (0,15%) und Großbritannien (0,3%), aber unter Schweden (0,6%), der Schweiz (0,8%) und Spanien (1,7%).
Das Spielen um Geld gilt in der Glücksspielforschung insbesondere dann als besonders suchtgefährdend, wenn es mit einer raschen Spielabfolge (hohe Ereignisfrequenz) und einer kurzen Zeitspanne zwischen dem Geldeinsatz und der Bekanntgabe des Spielergebnisses und der Auszahlung eines möglichen Gewinns verbunden ist. Insbesondere die Casinospiele und die Geldspielautomaten, aber auch Rubbellose und bestimmte Formen der Sportwette erfüllen diese Kriterien.
Auf das Zahlenlotto, mit seiner vergleichsweise geringen Spielfrequenz (zwei Ziehungen pro Woche) und der in der Regel großen Zeitspanne vom Ausfüllen der Tippscheine bis zur Ziehung der Zahlen treffen sie hingegen kaum zu. Als eine empirische Bestätigung dieses letztgenannten Sachverhaltes kann die sehr geringe Verbreitung pathologischen Spielens von 0,33% der ausschließlichen Lottospieler angesehen werden. Dieser Personenkreis ist somit nur einem äußerst geringen Risiko ausgesetzt, ein Spielproblem zu entwickeln.
Spielautomaten bergen hingegen ein sehr hohes Suchtpotential. Jeder zwölfte Spieler dieser Glücksspielart (8%) ist von einer Spielsucht betroffen. Neben den Automaten spielen diese Personen noch eine Vielzahl anderer Glücksspiele. Hierzu gehören sowohl die klassischen Lotterien als auch Casinospiele und Sportwetten. Vergleicht man die Geldeinsätze für die Lotterien auf der einen Seite und für die Automaten, Pferdewetten, Sportwetten und Casinospiele auf der anderen, so zeigen sich hier gravierende Unterschiede. Während die
Hälfte der pathologischen Automatenspieler nur maximal EUR 20,- für Lotterieprodukte im Monat ausgeben, sind es EUR 130,- in Bezug auf die anderen Glücksspielarten. Die hohen finanziellen Belastungen der pathologischen Automatenspieler werden auch an dem Anteil deutlich, den sie am gesamten Umsatz mit dieser Glücksspielart haben. Nach den Ergebnissen dieser Befragung stammen 40% aller für Spielautomaten getätigten Geldeinsätze von Personen, die ein pathologisches Spielverhalten aufweisen. Bei den klassischen Lotterieprodukten liegt dieser Anteil hingegen bei sehr geringen 2% bis 3%.
Montag, 11. Dezember 2006
FDP fordert Verkauf der Lottogesellschaft von Baden-Württemberg
Nach dem Nein von Schleswig-Holstein zur Neufassung des Lotterie-Staatsvertrages Ende November 2006 forderte die in Baden-Württemberg mitregierende FDP den Verkauf der landeseigenen Lotto-Gesellschaft. „Angesichts der sich verschlechternden Einnahmesituation des Unternehmens sollte man einem Verkauf rasch nahetreten, solange noch ein ordentlicher Verkaufserlös zu erzielen ist“, sagte FDP-Landeschefin Birgit Homburger gegenüber der Zeitung "Stuttgarter Nachrichten". Der Glücksspielmarkt müsse für private Anbieter geöffnet werden. Der Staat könne nicht zugleich Wetten anbieten und aktiv die Spielsucht bekämpfen. „Dieser Konflikt ist nicht aufzulösen“, sagte Homburger. „Mit dem Nein von Schleswig-Holstein ist der Staatsvertrag erledigt“, sagte sie. Dies biete die Chance, über ein neues Modell zu verhandeln. Denkbar sei beispielsweise ein Konzessionsmodell (so auch ein Vorschlag des Wettunternehmerverbandes). Die FDP-Landesvorsitzende schlug vor, dass private Glücksspielanbieter künftig einen Teil ihrer Einnahmen für die Bekämpfung der Spielsucht und zur Förderung gemeinnütziger Zwecke abgeben müssten.
Das CDU-geführte Finanzministerium wies Homburgers Forderung scharf zurück. Der Finanzstaatssekretär Gundolf Fleischer sprach von einem „klaren Angriff auf die nachhaltigen Bemühungen der Landesregierung und von Toto-Lotto, dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichts auf Eindämmung der Spielsucht nachzukommen“. Homburger setze zudem die Förderung vieler sozialer und kultureller Projekt aufs Spiel.
Das CDU-geführte Finanzministerium wies Homburgers Forderung scharf zurück. Der Finanzstaatssekretär Gundolf Fleischer sprach von einem „klaren Angriff auf die nachhaltigen Bemühungen der Landesregierung und von Toto-Lotto, dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichts auf Eindämmung der Spielsucht nachzukommen“. Homburger setze zudem die Förderung vieler sozialer und kultureller Projekt aufs Spiel.
Westlotto verkauft Internetplattform an WestNET Lottoservice
Kurz vor der geplanten Unterzeichnung des Glücksspielstaatsvertrages hat die staatliche Lottogesellschaft in Nordrhein-Westfalen Westlotto ihre Internetplattform an eine eigens dafür neu gegründete Gesellschaft verkauft, worauf der Verband der Lottovermittler hingewiesen hat. Paradox: Während am 13. Dezember 2006 die Ministerpräsidenten einen Staatsvertrag unterzeichnen sollen, der u.a. das Lottospielen im Internet völlig verbietet, wurden Lottospieler aus NRW darüber informiert, dass "die Westdeutsche Lotterie GmbH & Co. OHG sich entschlossen hat, ihr Spielangebot im Internet nicht mehr wahrzunehmen und die Domain www.westlotto.de mit Wirkung zum 28.11.2006 an die WestNet Lottoservice GmbH zu verkaufen."
Der Verband der Lottovermittler begrüßte die "Kreativität" dieser jüngsten Aktion einer staatlichen Lottogesellschaft: "Diese Maßnahme wird wettbewerbsrechtliche Vorbildfunktion für die anderen Bundesländer haben", so Verbandspräsident Norman Faber. Erst kürzlich hatte das Kartellamt die Bundesländer zur bundesweiten Öffnung ihrer regional auf das jeweilige Bundesland beschränkten Internetangebote aufgefordert, worauf diese mit Verweis auf Anweisungen ihrer Länderregierungen ihre Plattformen größtenteils völlig geschlossen hatten.
Außerdem hätte die Staatskanzlei NRW wohl kaum Westlotto die Zustimmung zum Verkauf der Internetplattform gegeben, wenn sie davon ausgehen würde, dass der vorliegende Staatsvertragsentwurf zum Glücksspielwesen von den Ministerpräsidenten unterzeichnet werde, argumentierte der Lottoverband. Dieser Vertragsentwurf sieht nämlich in der derzeitigen Fassung noch ein absolutes Spielverbot für Lotto im Internet vor. Gut unterrichtete Kreise schätzen den Verkaufspreis auf EUR 20 Millionen. Wenn der Staatsvertrag scheitere, könnte durch Verkäufe nach dem Beispiel von Westlotto eine Öffnung hin zu mehr Wettbewerb stattfinden: "Allerdings sollte dann nicht heimlich agiert, sondern, wie in solchen Fällen eigentlich üblich, ein Ausschreibungsverfahren eingehalten werden", so Faber.
Der Verband der Lottovermittler begrüßte die "Kreativität" dieser jüngsten Aktion einer staatlichen Lottogesellschaft: "Diese Maßnahme wird wettbewerbsrechtliche Vorbildfunktion für die anderen Bundesländer haben", so Verbandspräsident Norman Faber. Erst kürzlich hatte das Kartellamt die Bundesländer zur bundesweiten Öffnung ihrer regional auf das jeweilige Bundesland beschränkten Internetangebote aufgefordert, worauf diese mit Verweis auf Anweisungen ihrer Länderregierungen ihre Plattformen größtenteils völlig geschlossen hatten.
Außerdem hätte die Staatskanzlei NRW wohl kaum Westlotto die Zustimmung zum Verkauf der Internetplattform gegeben, wenn sie davon ausgehen würde, dass der vorliegende Staatsvertragsentwurf zum Glücksspielwesen von den Ministerpräsidenten unterzeichnet werde, argumentierte der Lottoverband. Dieser Vertragsentwurf sieht nämlich in der derzeitigen Fassung noch ein absolutes Spielverbot für Lotto im Internet vor. Gut unterrichtete Kreise schätzen den Verkaufspreis auf EUR 20 Millionen. Wenn der Staatsvertrag scheitere, könnte durch Verkäufe nach dem Beispiel von Westlotto eine Öffnung hin zu mehr Wettbewerb stattfinden: "Allerdings sollte dann nicht heimlich agiert, sondern, wie in solchen Fällen eigentlich üblich, ein Ausschreibungsverfahren eingehalten werden", so Faber.
Böge: Länderübergreifendes Internet-Glücksspielangebot fördert nicht Spielsucht
Der Präsident des Bundeskartellamtes Ulf Böge hat in einem Interview mit der "Wirtschaftswoche" (Nr. 50/2006) Vorwürfe zurückgewiesen, das vom Kartellamt geforderte länderübergreifendes Lottospiel im Internet fördere die Spielsucht. "Nur weil sich jemand aussuchen kann, ob er lieber bei der Lottogesellschaft in Hessen der in Rheinland-Pfalz spielt, wird ihn das nicht dazu bringen, plötzlich zehn Lottoscheine mehr auszufüllen", sagte Böge. Das Kartellamt hatte den 16 deutschen Lottogesellschaften vorgeschrieben, ihre Internetangebote auch für Spieleraus anderen Bundesländern zu öffnen, um so Wettbewerb zu ermöglichen. Kritiker (vor allem aus dem deutschen Lotto- und Totoblock) warfen dem Kartellamt daraufhin vor, die Bemühungen im Kampf gegen die Spielsucht zu torpedieren. "Wenn der Gesetzgeber eine wirkliche Gefahr sieht und etwas tun will, könnte er die Angebote ganz vom Markt nehmen", erklärte Böge.Den Menschen vorzuschreiben, sie dürften nur bei der Gesellschaft des Bundeslandes, in dem sie lebten, Lotto spielen, sei keine Suchtbekämpfung.
Böge erklärte, dass man allerdings nicht dagegen vorgehen werden, dass die Lottogesellschaften ihr Internetangebot ganz einstellten: "Wir nehmen die Entwicklung so hin. Wir wollen und können die Anbieter ja nicht zu ihrem Glück zwingen. Wir haben auch nichts Unmögliches verlangt, sondern nur gefordert, dass beispielsweise ein Spieler aus Hessen online auch bei der Brandenburger Lottogesellschaft tippen kann. Wenn die Gesellschaften lieber auf die Einnahmen verzichten, statt das Angebot einfach zu öffnen, wird eben die private Konkurrenz diese Lücke füllen."
Böge erklärte, dass man allerdings nicht dagegen vorgehen werden, dass die Lottogesellschaften ihr Internetangebot ganz einstellten: "Wir nehmen die Entwicklung so hin. Wir wollen und können die Anbieter ja nicht zu ihrem Glück zwingen. Wir haben auch nichts Unmögliches verlangt, sondern nur gefordert, dass beispielsweise ein Spieler aus Hessen online auch bei der Brandenburger Lottogesellschaft tippen kann. Wenn die Gesellschaften lieber auf die Einnahmen verzichten, statt das Angebot einfach zu öffnen, wird eben die private Konkurrenz diese Lücke füllen."
Grüne NRW gegen Lotterie-Staatsvertrag
Die Grünen NRW haben nach einer Meldung der taz Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) aufgefordert, den umstrittenen Staatsvertrag am kommenden Mittwoch nicht zu unterzeichnen. Der Entwurf sei nicht rechtssicher, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Landtagsfraktion, Johannes Remmel. Es sei zu befürchten, dass Klagen gegen den Vertrag das staatliche Lottomonopol zu Fall brächten. Zuvor hatte sich auch NRW-FDP-Generalsekretär Christian Lindner gegen den Staatsvertrag ausgesprochen.
Schleswig-Holstein will Lotterie-Staatsvertrag am Mittwoch ablehnen
Kurz vor der Abstimmung über den neuen Glücksspielstaatsvertrag verschärft sich der Ton unter den Bundesländern. Schleswig-Holsteins CDU-Fraktionschef Johann Wadephul kündigte rechtliche Schritte an, sollten die Ministerpräsidenten auf ihrer Konferenz am Mittwoch, den 13. Dezember 2006, das Gesetzgebungsverfahren für den Vertrag nach der sogenannten 13/16-Regel auf den Weg bringen. "Wer wider besseres Wissen an dieser Regelung festhält, der legt die Axt an die Wurzeln des Föderalismus", sagte Wadephul zu Euro am Sonntag. "Wir werden dagegen mit allen Mitteln - notfalls auch juristisch - vorgehen."
Der Fraktions-Chef forderte, die Einstimmigkeitsregel anzuwenden. Danach kann das Gesetzgebungsverfahren nur starten, wenn alle Länder ihr Okay geben. Die 13/16-Regel gibt dagegen grünes Licht bereits bei einer Zustimmung von 13 der 16 Bundesländer. Dies würde allerdings zu einer gespaltenen Rechtslage führen, die wohl nicht den Anforderungen der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung vom 28. März 2006 entsprechen dürfte.
Der Fraktions-Chef forderte, die Einstimmigkeitsregel anzuwenden. Danach kann das Gesetzgebungsverfahren nur starten, wenn alle Länder ihr Okay geben. Die 13/16-Regel gibt dagegen grünes Licht bereits bei einer Zustimmung von 13 der 16 Bundesländer. Dies würde allerdings zu einer gespaltenen Rechtslage führen, die wohl nicht den Anforderungen der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung vom 28. März 2006 entsprechen dürfte.