amtlicher Leitsatz:
Die mit Wirkung ab 1. Juli 2000 in Berlin erfolgte Erhöhung der Vergnügungsteuer für Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen auf 600 DM ist verfassungsgemäß, sofern der Stückzahlmaßstab weiterhin beibehalten werden durfte. Das ist der Fall, wenn die Einspielergebnisse der einzelnen derartigen Geräte im Regelfall nicht mehr als 25 v.H. nach oben oder nach unten vom Durchschnitt der Einspielergebnisse dieser Automaten abweichen.
Der Bundesfinanzhof (BFH), das höchste deutsche Gericht für steuerrechtliche Fragen, hat sich in seinem Urteil vom 26.02.2007, Az.: II R 2/05, mit der Vergnügungssteuer für Spielautomaten in Berlin auseinander gesetzt. Die Vergnügungssteuer für Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen war zum 1. Juli 2000 von 300 DM auf 600 DM je Spielautomat heraufgesetzt worden, wogegen sich die Klägerin wandte.
Die eine Spielhalle betreibende Klägerin hatte argumentiert, dass die Steuer für Geräte in Gaststätten, Vereinräume etc. lediglich 50 DM betrage und diese erhebliche unterschiedliche Besteuerung nicht gerechtfertigt sei. Aufgrund der erdrosselnden Wirkung verstoße die Steuer gegen die Berufsfreiheit (Art. 12 Grundgesetz).
Das erstinstanzlich angerufene Finanzgericht Berlin verwies auf die Gestaltungsbefugnis des Berliner Gesetzgebers. Es gebe sachliche Gründe für die steuerliche Ungleichbehandlung. Die Privilegierung der Gaststätten als Aufstellorte sei wirtschaftslenkend. Mit der Vergnügungssteuer werde nicht zuletzt im Interesse des Jugendschutzes die Spielsucht eingedämmt.
Der über die Revision entscheidende BFH erklärte die Verdoppelung der Vergnügungssteuer auf 600 DM je Spielautomat für verfassungsgemäß, sofern die Voraussetzung für die Beibehaltung des Stückzahlmaßstabs vorläge. Dies sei dann der Fall, wenn die Einspielergebnisse der einzelnen Geräte im Regelfall nicht mehr als 25 Prozent nach oben oder unten vom Durchschnitt der Einspielergebnisse dieser Automaten abwichen. Der BFH schließt sich insoweit ausdrücklich der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an (Urteile vom 13. April 2005, Az. 10 C 5/04, 10 C 8/04 und 10 C 9/04 sowie vom 14. Dezember 2005, Az. 10 C 1/05).
Zur Überprüfung dieser für die Entscheidung erheblichen Frage hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache zurück an das Finanzgericht Berlin zur weiteren Sachverhaltsaufklärung und Entscheidung. Auf Grund der bisher vom Finanzgericht getroffenen Feststellungen könne nicht entschieden werden, ob die Beibehaltung der pauschalen Besteuerung nach dem Stückzahlmaßstab rechtmäßig gewesen sei oder nicht.
Der Senat stellte klar, dass es nicht zu beanstanden sei, wenn der Gesetzgeber nur den Steuersatz für Spielgeräte in Spielhallen erhöhe - und zwar auch dann, wenn die Einnahmen bei Geldspielgeräten in Spielhallen durchschnittlich dreimal so hoch seien wie bei Geräten in Gaststätten. Dem Gesetzgeber sei freigestellt, aus sachlichen Gründen bestimmte Steuerquellen zu erschließen, andere Steuerquellen hingegen nicht auszuschöpfen. Legitim sei die Einschätzung des Gesetzgebers, das Suchtgefährdungspotenzial von Geld-Gewinn-Spiel-Geräten in Spielhallen sei besonders hoch und müsse daher entsprechend besteuert werden. Eine steuerrechtliche Regelung dürfe Lenkungswirkungen auch in einem nicht steuerlichen Kompetenzbereich entfalten, ohne dass dem Gesetzgeber in diesem Bereich eine Sachkompetenz zustehen muss.
Sollten die erforderlichen Feststellungen des Finanzgerichts daran scheitern, dass ggf. trotz Einschaltung eines Sachverständigen nicht genügend Daten erhoben werden können, um eine Abweichungen von mehr als 25 % nachzuweisen, könne die Verfassungswidrigkeit der Beibehaltung des Stückzahlmaßstabs nicht festgestellt werden. Es ist nun Aufgabe des klagenden Aufstellunternehmers, konkrete Zahlen vorzulegen.
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