Dienstag, 9. September 2008

Österreich: Vergabe der Spielbankenlizenzen europarechtswidrig?

Vorlage des Landesgerichts Ried zum Europäischen Gerichtshof

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG


Nach dem Landesgericht (LG) Linz hat nunmehr auch das LG Ried im Innkreis im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens Fragen zur Vereinbarkeit des österreichischen Glücksspielrechts mit der durch den EG-Vertrag garantierten Dienstleistungsfreiheit dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt (Rs. C-235/08 „Langer“). Es ist davon auszugehen, dass der EuGH diese Sache mit der gleich gelagerten Vorlage des LG Linz (Rs. C-64/08 – „Engelmann“, siehe Sportwettenrecht aktuell Nr. 101) verbinden wird.

Aus den Vorlagefragen der beiden österreichischen Gerichte ergibt sich, dass diese die Spielbanken-Ausschreibung in Österreich für diskriminierend und daher europarechtlich nicht haltbar halten. Als unzulässig wird insbesondere die Voraussetzung beurteilt, dass eine Vergabe nur an eine österreichische Kapitalgesellschaft erfolgen darf (s. Vorlagefrage 1). Angeknüpft wird damit an das Urteil des EuGH zum italienischen Wettkonzessionssystem (Urteil vom 13. September 2007, Rs. 260/04 – Kommission / Italien). Antwortet der EuGH im Sinne der beiden Landesgerichte, muss eine komplett neue Ausschreibung der Konzessionen erfolgen (so wie dies nunmehr in Italien hinsichtlich der rechtswidrig vergebenen Konzessionen geschieht).

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Vorlagefragen des LG Ried im Innkreis:

· Ist Artikel 43 EGV (Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in der Fassung vom 2.10.1997 zuletzt geändert durch den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union vom 25.4.2005, ABI EG Nr L 157/11) dahingehend auszulegen, dass er einer Vorschrift entgegensteht, welche für den Betrieb von Glücksspielen in Spielbanken ausschließlich Gesellschaften in der Gesellschaftsform der Aktiengesellschaft mit Sitz im Territorium dieses Mitgliedstaates, sohin die Gründung oder den Erwerb einer in diesem Mitgliedstaat gelegenen Kapitalgesellschaft, vorschreibt?

· Sind die Artikel 43 und 49 EGV dahingehend auszulegen, dass sie einem innerstaatlichen Monopol auf bestimmte Glücksspiele, wie zum Beispiel Glücksspiele in Spielbanken, entgegenstehen, wenn es in dem betreffenden Mitgliedstaat insgesamt an der kohärenten und systematischen Politik zur Beschränkung des Glücksspiels fehlt, weil die innerstaatlich konzessionierten Veranstalter zur Teilnahme an Glücksspielen - wie staatlichen Sportwetten und Lotterien - ermuntern und hiefür werben (Fernsehen, Zeitungen, Zeitschriften), wobei die Werbung sogar dahingeht, dass zeitlich kurz vor der Lottoziehung eine Barablöse für einen Wettschein angeboten wird ("TOI TOI TOI - Glaub' ans Glück")?

· Sind die Artikel 43 und 49 EGV dahingehend auszulegen, dass sie einer Vorschrift entgegenstehen, wonach sämtliche der in einem nationalen Glücksspielrecht vorgesehenen Konzessionen für Glücksspiele und Spielbanken über einen Zeitraum von 15 Jahren auf der Grundlage einer Regelung erteilt werden, welche (nicht diesem Mitgliedstaat angehörige) Mitbewerber des Gemeinschaftsraumes von der Ausschreibung ausgeschlossen haben?


aus: Sportwettenrecht aktuell Nr. 111

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