Mittwoch, 21. Oktober 2009

Sportwetten und Glücksspiele - brauchen wir ein staatliches Monopol?

Dr. Stefanie Beier, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz Universität Hannover

Center for Sports Management untersucht den Sportwettenmarkt

Das Spiel mit dem Glück ist in Deutschland streng reglementiert. Durch das Glücksspiel-Monopol sind fast ausschließlich staatliche Anbieter erlaubt. Ein Forschungsprojekt des Center of Sports Management (CSM) des Instituts für Marketing und Management der Leibniz Universität Hannover untersucht die Regulierung des deutschen Sportwettenmarktes. Dabei kommen die Wissenschaftler zu einem interessanten Ergebnis: Das staatliche Monopol ist ökonomisch nicht zu rechtfertigen.

Im Jahr 2006 hatte ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts die bestehende Regelung für verfassungswidrig erklärt. Viele vermuteten damals als Resultat eine Liberalisierung des Marktes. "Stattdessen haben die Länder dafür gesorgt, dass es nun sogar ein verschärftes Monopol gibt", sagt Projektleiter Dr. Luca Rebeggiani. Der neue Glücksspielstaatsvertrag vom 1. Januar 2008 verbietet de facto private Anbieter in fast allen Bereichen - begründet wird dies mit der Suchtgefahr. Lediglich bei Pferdewetten und beim Aufstellen von Geldspielautomaten sind Privatanbieter zugelassen.

Das Forschungsprojekt untersucht, ob diese Regulierung des Marktes gerechtfertigt ist - und zwar aus ökonomischer Sicht. "Bislang haben sich vorwiegend Juristen mit dem Thema befasst", erläutert Rebeggiani. Die ökonomische Theorie befasst sich mit dem so genannten Marktversagen. "Eingriffe in den Markt sind gerechtfertigt, wenn ein Marktversagen vorliegt", sagt der Experte. Beispiele für Marktversagen sind so genannte negative "externe Effekte". "Wenn zum Beispiel eine Fabrik massiv Wasser verseucht, sollte der Staat mit Umweltauflagen reagieren." Andere Beispiele für sinnvolle Regulierungen können Effizienzgründe sein: "Die Infrastruktur für den Schienenverkehr zum Beispiel kann mit Fug und Recht monopolisiert werden. Es macht wenig Sinn, wenn Einzelunternehmen eigene Schienennetze und Bahnhöfe bauen."

Beim Glücksspielmarkt haben die Ökonomen indes wenig Gründe für Monopolisierung gefunden. "Der einzige ist tatsächlich die Suchtgefahr", sagt Rebeggiani, "aber da schießt man eindeutig mit Kanonen auf Spatzen." Rund 100.000 bis 300.000 Glücksspielsüchtige gebe es in Deutschland - eine eher kleine Zahl im Vergleich zu etwa 1,5 Millionen Alkoholikern. "Und der Alkoholmarkt ist abgesehen von Alters- und Werbebeschränkungen in Deutschland kaum reguliert." Zudem gebe es Widersprüchlichkeiten im Gesetz. Bei Geldspielautomaten seien Privatanbieter zugelassen. "Glücksspielsüchtige sind aber meistens Automatensüchtige. Lotto- oder Sportwettensüchtige muss man fast mit der Lupe suchen", sagt Rebeggiani.

Daher plädieren die Wissenschaftler bei der Neuauflage des Staatsvertrags, die 2011 ansteht, für eine Neujustierung. Sinnvoll sei eine Mischung aus staatlichen und privaten Anbietern, die sich auf Konzessionen bewerben und einen Teil ihrer Einnahmen an den Staat abgeben müssten. "So gäbe es für den Staat kaum Einnahmeausfälle." Die Einnahmen aus Glücksspielen fließen vorwiegend in die Sport- und Kulturförderung beziehungsweise in soziale und karitative Projekte. "Die gut planbaren Einnahmen spielen in diesen Bereichen natürlich eine wichtige Rolle, aber fiskalisches Interesse der Regierenden darf laut Gesetz keine Rechtfertigung für ein Monopol sein."

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