Donnerstag, 4. März 2010

Sportwettenmonopol in Deutschland: Schlussanträge in den verbundenen Rechtssachen Markus Stoß u.a.

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

- Bisherige Sach- und Rechtslage war europarechtswidrig
- Deutsche Gerichte müssen Neuregelung durch den Glücksspielstaatsvertrag auf Kohärenz prüfen
- Gesonderte Prüfung jeder Spielform
- Keine gegenseitige Anerkennung von Glücksspielerlaubnissen


Generalanwalt Paolo Mengozzi hat heute, wie angekündigt, seine Schlussanträge zu den verbundenen Rechtssachen Markus Stoß (C-316/07 u.a.) veröffentlicht. Er hat damit den Ball an die deutschen Gerichte zurückgegeben, die nun im Einzelnen die Kohärenz der deutschen Regelungen zu prüfen haben werden. Da der Glücksspielbereich nicht harmonisiert ist (d.h. nicht von der Europäischen Union etwa durch Richtlinien oder Verordnungen geregelt worden ist), ist der EG-Vertrag (hier vor allem die Dienstleistungsfreiheit) unmittelbar heranzuziehen.

Die Vorlagen der Verwaltungsgerichte Stuttgart und Gießen betreffen Untersagungsverfügungen aus den Jahren 2005, 2006 und 2007, in denen noch der Lotteriestaatsvertrag galt. Zu der damaligen Zeit erfüllte das Monopol nicht die „erforderlichen Voraussetzungen (…), um als kohärent und systematisch eingestuft zu werden“ (Rn. 64). Nach Überzeugung des Generalanwalts, der hierzu auf die Sportwetten-Urteil des Bundesverfassungsgerichte vom 28. März 2006 verweist, war die damalige Regelung also europarechtswidrig. Dies bedeutet nach meiner Ansicht, dass für diesen Zeitraum Schadensersatzansprüche wegen gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftung begründet sind.

Für die Rechtslage nach dem am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrag ist eine Kohärenzprüfung (hypocrisy test) durchzuführen, d.h. es ist die Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit der Regelung zu prüfen (Rn. 50). Die Bewerbung des Monopolangebots ist als kohärent anzusehen, „sofern diese Werbung in gemäßigter Form ausgeübt wird und tatsächlich dazu bestimmt ist, das Spiel auf das reglementierte und kontrollierte Angebot zu konzentrieren, und nicht dazu, die Einnahmen des Staates aus diesem System zu erhöhen“ (Rn. 61).

Im Übrigen setzt sich Generalanwalt Mengozzi für eine sektorielle Betrachtung ein. Er äußert die Ansicht, „dass die Regelung, die die verschiedenen Glücksspiele eines Mitgliedstaats betrifft, nicht als ein Ganzes behandelt werden kann und dass eine gesonderte Prüfung hinsichtlich jeder Beschränkung und jeder Spielform vorzunehmen ist“ (Rn. 71).

Ohne gemeinschaftliche Harmonisierung des Spielsektors, zu der es in naher Zukunft wohl nicht kommen wird“, ist nach Ansicht des Generalanwalts eine gegenseitige Anerkennung von Glücksspielerlaubnissen nicht möglich (Rn. 97). Eine gegenseitige Anerkennung mache bei einem Monopolsystem in einem Mitgliedstaat, das vom EuGH für grundsätzlich zulässig gehalten wird, auch keinen Sinn (Rn. 94).

Ein Urteil des EuGH in dieser Sache dürfte in den nächsten Monaten (wohl noch vor der Sommerpause) ergehen.

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