Dienstag, 30. März 2010

Weitere Sportwetten-Vorlagen aus Italien zum EuGH

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Der Oberste Gerichtshof Italiens, Corta Suprema di Cassazione, hatte Ende letzten Jahres beschlossen, zwei weitere Verfahren zu Sportwetten dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorzulegen. Diese werden vom EuGH als Rechtssachen C-72/10 („Costa“) und C-77/10 („Cifone“) geführt.

Ausgangsverfahren sind Strafverfahren gegen zwei Sportwettenvermittler, Herrn Marcello Costa und Herrn Ugo Cifone. Diese hatten sog. Datenübertragungscenter (CTD – Data Transmission Centers) für den britischen Buchmacher Stanleybet International betrieben. Stanleybet International mit Sitz in Liverpool ist in Großbritannien staatlich als Buchmacher zugelassen, wurde aber in Italien von Lizenzausschreibungen ausgeschlossen. Das Unternehmen beschwerte sich deswegen mehrfach bei der Europäischen Kommission und rügte eine Verletzung insbesondere der durch den EG-Vertrag garantierten Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit.

Die Dritte Strafkammer des Obersten Gerichtshofs bezweifelte bei der Verhandlung am 11. November 2009 die Vereinbarkeit der italienischen Glücksspielregelungen mit Europarecht und beschloss deswegen, erneut den EuGH zu einer abschließenden Klärung der Rechtslage anzurufen. 36 Parallelverfahren wurden bis zu einer Entscheidung des EuGH ausgesetzt.

In seiner (in beiden Verfahren gleich lautenden) Vorlagefrage bittet der Oberste Gerichtshof den EuGH um Auslegung der Regeln zur Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit:

„Der Gerichtshof der Europäischen Union wird ersucht, sich zur Auslegung der Art. 43 und 49 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Union in Bezug auf die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit im Bereich der Sportwetten zu äußern, um festzustellen, ob die angeführten Bestimmungen des Vertrags eine nationale Regelung zulassen, die eine Monopolstellung zugunsten des Staates und ein System von Konzessionen und Erlaubnissen festlegt, und für eine bestimmte Anzahl von Konzessionsnehmern folgendes vorsieht:

a) eine allgemeine Ausrichtung des Schutzes für die Inhaber von Konzessionen, die früher aufgrund eines Verfahrens erteilt wurden, das rechtswidrig einen Teil der Wirtschaftsteilnehmer ausschloss;

b) die Geltung von Vorschriften, die praktisch die Aufrechterhaltung von Geschäftspositionen sicherstellen, die aufgrund eines Verfahrens erworben wurden, das rechtswidrig einen Teil der Wirtschaftsteilnehmer ausschloss (wie etwa das Verbot für neue Konzessionsnehmer, ihre Schalter näher als in der festgelegten Entfernung von einem bereits bestehenden Schalter zu eröffnen);

c) die Festlegung von Tatbeständen des Konzessionsentzugs oder des Verfalls von Sicherheitsleistungen in erheblicher Höhe, darunter den Fall, dass der Konzessionsnehmer unmittelbar oder mittelbar grenzüberschreitenden Wetttätigkeiten nachgeht, die mit den konzessionierten vergleichbar sind.“


Nachdem sich in mehreren Mitgliedsstaaten eine Liberalisierung des Wettmarktes abzeichnet (Einführung eines Konzessionssystem), wären weitere Vorgaben des EuGH zu der Ausgestaltungen eines fairen, transparenten und nicht-diskriminierenden Konzessionsvergabesystems hilfreich. Insbesondere die neue italienischen Vorlagen geben dem EuGH hierzu die Gelegenheit.

Literaturhinweis zu den laufenden Vorlageverfahren:
Arendts, Europäisches Glücksspielrecht: Das Jahr der Entscheidungen – Die beim EuGH anhängigen Vorlageverfahren zu Wetten und Glücksspielen, ZfWG 2010, 8 ff.

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