- EuGH-Urteil kritisiert deutsches Glücksspielmonopol und verlangt konsistente Regulierung
- Goldmedia vergleicht mögliche Entwicklungsszenarien des Lottomarktes bis 2015
- Ergebnis: 5 Mrd. Euro Spieleinsatz im Lottomarkt innerhalb eines „harten“ Glücksspielmonopols ohne Werbung vs. 10 Mrd. Euro bei Erlaubnis von Werbung, Online-Vertrieb und Euro-Jackpot bis 2015
- Bei Fortbestehen des Glücksspielmonopols fließen allein aus dem Lottobereich bis 2015 rund 6 Mrd. Euro weniger Steuern und Abgaben an Länderhaushalte und kulturelle Einrichtungen sowie Sport
Berlin, den 18. Oktober 2010. In seinem jüngsten Urteil hat der EuGH die derzeitige Regulierung zum deutschen Glücksspielmonopol kritisiert: Der Staat könne nicht einerseits private Anbieter mit dem Argument der Spielsucht ausschließen und andererseits für seine eigenen Glücksspielangebote Imagekampagnen schalten. Damit wurde die Debatte um eine nötige Neuregelung des Glücksspielmarktes in Deutschland wieder entfacht.
Die Auswirkungen der unterschiedlichen Optionen, die nach den EuGH-Urteilen zur Glücksspielregulierung bestehen, hat das Beratungsunternehmen Goldmedia (http://www.goldmedia.com) für das wichtigste Glücksspielsegment – den Lottomarkt – untersucht und heute in Berlin vorgestellt. Im Mai 2010 (vor dem EuGH-Urteil) hatte Goldmedia mit der Studie „Glücksspielmarkt Deutschland 2015“ bereits eine umfangreiche Marktübersicht und -prognose zu allen Glücksspielbereichen veröffentlicht.
Sollte das Glücksspielmonopol mit der heutigen Begründung der Spielsuchtprävention im neuen Glücksspielstaatsvertrag 2012 zementiert werden, wäre dies in Übereinstimmung mit der aktuellen EuGH-Kritik nur mit noch umfangreicheren Werbeeinschränkungen als schon heute möglich. Die Folge wären weitere Rückgänge der Spieleinsätze im Glücksspielmarkt und weiter sinkende Staatseinnahmen.
Ein Szenario-Vergleich der Entwicklung der staatlichen Lotterie innerhalb eines Glücksspielmonopols einerseits und auf einem geöffneten Glücksspielmarkt andererseits bis zum Jahr 2015 zeigt dies deutlich: Allein beim deutschen Lotto könnten die Spieleinsätze bis 2015 von rund zehn Mrd. Euro im Jahr 2005 auf dann rund 5,4 Mrd. Euro zurückfallen und sich damit nahezu halbieren. Im Gegensatz dazu würden die Umsätze deutscher Lottounternehmen, sollte es mit einem neuen Glücksspielstaatsvertrag zur Erlaubnis von Werbung, Online-Vertrieb und Euro-Jackpot bei Lotto kommen, auf rund 10,1 Mrd. Euro Lotto-Spieleinsätzen im Jahr 2015 anwachsen.
Direkt verbunden mit den Spieleinsätzen sind die Lotto-Einnahmen der Länder und der sogenannten Destinatäre. Über Destinatäre fließen Lottomittel zum Beispiel in den Breitensport und die Kultur. Diese Staatseinnahmen könnten im Lottobereich von 2012 bis 2015 um ein Drittel zurückgehen: Denn während bei Fortbestehen des Glücksspielmonopols unter den jetzigen Bedingungen die Steuern und Abgaben aus Lotto zwischen 2012 - 2015 kumuliert nur neun Mrd. Euro ausmachen würden, wären bei einer Erlaubnis von Werbung, Online-Vertrieb und Euro-Jackpot bis zu 15 Mrd. Euro verfügbar. Der Staat würde kumuliert also insgesamt rund 5,6 Mrd. Euro an Lottomitteln verlieren, wenn am derzeitigen Glücksspielmonopol festgehalten würde.
Die Verschärfung der Werbebeschränkungen im Sinne einer vom EuGH geforderten kohärenten Glücksspielregulierung für den Fall der Fortschreibung des staatlichen Glücksspielmonopols hieße aus Goldmedia-Sicht für den Lottomarkt konkret: Imagewerbung für Lotterien (auch nur zu Informationszwecken) würde entfallen, es gäbe keine Jackpot-Werbung mehr und auch Lottoannahmestellen dürften keine Jackpot-Informationsschilder mehr aufstellen. Wer die aktuelle Jackpot-Höhe erfahren möchte, müsste aktiv im Lottogeschäft nachfragen oder sich entsprechend aktiv informieren.
Noch höher könnten die Differenzen der möglichen Entwicklungsszenarien ausfallen, würden zusätzlich auch die Ziehung der Lottozahlen im Fernsehen sowie die Berichterstattung über die Ziehungsergebnisse zur rechtlichen Absicherung des Glücksspielmonopols unterbunden werden. Diese Sendungen tragen entscheidend zur Bekanntheit der Lottoprodukte in Deutschland bei.
Jenseits der Entwicklungen im Lottomarkt sind insbesondere auch im Bereich der Pferdewetten und der gewerblichen Unterhaltungsautomaten mit Geldgewinnmöglichkeit teils erheblich veränderte Rahmenbedingungen anzunehmen. Diese Segmente wurden in diesem Update der Goldmedia-Prognosen vorerst jedoch noch nicht berücksichtigt.
Die aktuellen kontroversen Diskussionen auf politischer und juristischer Ebene lassen derzeit noch keine klare Richtung der notwendigen neuen Glücksspielregulierung erkennen – noch werden verschiedene Szenarien innerhalb der Länder diskutiert. Dabei könnten auch einzelne Marktsegmente wie bspw. Sportwetten für private Anbieter geöffnet werden und andererseits aber Marktsegmente auch weiterhin als Monopol fortgeführt werden.
Chart 1: Prognose der Spieleinsätze im Lottomarkt nach Szenarien
Chart 2: Prognose Steuern und Abgaben im Lottomarkt nach Szenarien
Quelle: Die in der Pressemeldung verwendeten Daten entstammen dem „Update zur Studie Glücksspielmarkt Deutschland 2015. Teil 1: Lotteriewesen“. Die Analyse enthält aktuelle Prognosen zur Entwicklung des Lotteriewesens unter Berücksichtigung der vom EuGH im September 2010 neu gestellten Anforderungen an ein staatliches Glücksspielmonopol.
Hintergrund: In der im Mai 2010 veröffentlichten Goldmedia-Studie „Glücksspielmarkt Deutschland 2015“ (Mai 2010) hat Goldmedia eine umfassende Analyse der Ist-Situation des deutschen Glücksspielmarktes veröffentlicht und Prognosen bis 2015 für verschiedene mögliche Entwicklungsszenarien berechnet. Untersucht wurden die ökonomischen Effekte bei Fortbestehen des staatlichen Glücksspielmonopols (lt. Glücksspielstaatsvertrag 2008), ferner die Auswirkungen unter neuen Bedingungen einer regulierten Zulassung privater Anbieter sowie im Falle einer umfangreichen Marktöffnung. Die Studie bietet eine fundierte Datenbasis zum Gesamtmarkt sowie zu den Spielerträgen und Marktanteilen der einzelnen Glücksspiel-Segmente Lotto, Casino, Automaten, Poker und Wetten, analysierte dabei stationäre sowie Online-Vertriebswege. Die Studie betrachtet sowohl den regulierten als auch unregulierten Glücksspielmarkt. Die neu vorgestellten Analysen zum Lotteriewesen stellen ein Update dieser Studie dar.
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