Hamburg, 15. November 2010 – Der Deutsche Lottoverband begrüßt das Fazit der Anhörung, die am vergangenen Mittwoch, 10.11.2010, zum deutschen Glücksspielwesen im Bayerischen Innenministerium stattgefunden hat. Nach der Veranstaltung hatte sich Innenminister Herrmann für eine maßvolle Liberalisierung der Sportwetten bei gleichzeitiger Beibehaltung des Lotterieveranstaltungsmonopols ausgesprochen. Die hiermit einher gehende Abkehr von der Suchtprävention als zentrale Monopol-Begründung würde auch zu einer Öffnung im Bereich der Lotterien und Klassenlotterien und damit auch zu deutlichen Erleichterungen für Werbung und Vertrieb von gewerblichen Spielvermittlern führen. "Das ist ein wichtiges und richtiges Signal in der aktuellen Diskussion um die Zukunft des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV) und des deutschen Lottos", so André Jütting, Geschäftsführer des Deutschen Lottoverbandes.
Der renommierte Europarechtsexperte Prof. Dr. Dieter Dörr von der Universität Mainz betonte in seinem zentralen Beitrag der bayerischen Anhörung, dass das Suchtargument für den Bereich der Lotterien unhaltbar sei. Angesichts der Marktverhältnisse bei Sportwetten müsse gesetzgeberisches Ziel eine Teilliberalisierung des deutschen Glücksspielmarktes sein. Diese sei sowohl verfassungsrechtlich als auch europarechtlich zulässig.
Zwei jüngste Urteile des Verwaltungsgerichts Halle deuten ebenfalls in diese Richtung. Das Gericht hatte am 11.11.2010 zentrale Beschränkungen des GlüStV für unionsrechtswidrig und unanwendbar und die Internetvermittlung von Lotterien für zulässig erklärt. In Vorbereitung der mündlichen Verhandlung hatte das VG Halle rund 100 Sucht-Fachkliniken sowie sämtliche Betreuungsgerichte in der Bundesrepublik Deutschland zur Bedeutung von Lotterien wie "Lotto 6 aus 49" im Zusammenhang mit Spielsuchtfällen befragt. Die wissenschaftliche Auswertung, bei der auch der aktuelle Stand der Forschung einbezogen wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass die Gefahr einer "Lottosucht" faktisch nicht existent ist.
Prof. Dr. Johannes Dietlein von der Universität Düsseldorf, Berater des Deutschen Lotto- und Totoblocks (DLTB), forderte in München hingegen eine Verschärfung des staatlichen Glücksspielmonopols, die allerdings ohne den Aspekt der Suchtprävention verfassungsrechtlich nicht möglich sei. Eine Antwort auf die Frage, wie das Monopol bei Lotto aufrechterhalten bleiben könne, obwohl eine Lottosucht mittlerweile einhellig als empirisch widerlegt angesehen werde, blieb Prof. Dietlein schuldig.
Allein Bayern wird aufgrund der Folgen des Glücksspielstaatsvertrages bis 2011 rund 500 Mio. Euro an Steuern und Zweckerträgen aus den Lotterien verlieren. Kumuliert verlieren die Länder knapp 10 Mrd. Umsatz mit staatlichen Lotterieprodukten und damit 3,5 Mrd. Steuern/Zweckerträge bis 2011. Diese herben Verluste sind eingetreten, obwohl die Gesellschaften des Deutschen Lotto- und Totoblocks unter Missachtung des GlüStV ihre Werbeausgaben nochmals auf 51 Millionen Euro aufgestockt hatten. Hinzu kamen weitere erhebliche Ausgaben insbesondere für die Jackpotwerbung in den Lotto-Annahmestellen.
Diese Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit hat dazu geführt, dass die Länder am 08. September 2010 den "Scheinheiligkeitstest" beim Europäischen Gerichtshof verloren hatten.
Würden die Länder weiter am bisherigen Ansatz des GlüStV festhalten, dürfen die Lottogesellschaften nach dem Richterspruch aus Luxemburg (neben weiteren massiven Beschränkungen) ab sofort praktisch gar nicht mehr werben. Vor allem Jackpotwerbung wäre dann ebenso verboten wie die Lotto-Werbung mit dem "guten Zweck". Tippen dürfte nur noch, wer sich vorher einer genauen Ausweiskontrolle unterzogen hat. "Das wäre der schnelle Tod für das deutsche Lotto", so Jütting.
Ausweg aus der Lotto-Krise
Zwei länderoffene CdS-Arbeitsgruppen erarbeiten derzeit alternative Entwürfe für einen Änderungsstaatsvertrag (ÄndGlüStV) zum GlüStV. Zum einen um das Monopol bei Lotterien und Sportwetten weiterzuentwickeln, zum anderen um das Lotterieveranstaltungsmonopol beizubehalten und zugleich das Sportwettenangebot konzessioniert zu öffnen. Außerdem werden sie sich der Frage stellen müssen, wie die von sechs Ländern befürwortete Experimentierklausel umgesetzt werden kann.
Erste Entwürfe der Änderungsglücksspielstaatsverträge sollen am 16. November 2010 auf der Glücksspielreferententagung in Fulda diskutiert werden. Die Weichen für die Zukunft des Glücksspielwesens in Deutschland sollen dann die Regierungschefs der Länder Mitte Dezember stellen.
Pressekontakt:
Rüdiger Keuchel
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