Bundesverwaltungsgericht verhandelt am 24. November 2010 Untersagungsverfügungen gegen Sportwettenvermittler
von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.HSG
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandelt im November mehrere die binnengrenzüberschreitende Sportwettenvermittlung betreffende Revisionsverfahren, bei denen der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) Klagen gegen Untersagungsverfügungen zurückgewiesen hatte. Nach Mitteilung des Bundesverwaltungsgerichts wurde in den Verfahren BVerwG 8 C 13.09 (VGH München 10 BV 07.775), BVerwG 8 C 14.09 (VGH München 10 BV 07.774) und BVerwG 8 C 15.09 (VGH München 10 BV 07.558) Termin zur mündlichen Verhandlung auf Mittwoch, den 24. November 2010, um 10.45 Uhr, bestimmt.
Von den anstehenden Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts ist eine höchstrichterliche Klärung der Rechtslage zu erwarten, nachdem der Europäische Gerichtshof in seinen Urteilen vom 8. September 2010 die derzeitige Sach- und Rechtslage und damit das in Deutschland errichtete Monopol für Sportwetten und Glücksspiele als europarechtswidrig beurteilt hatte. Nach Auffassung des EuGH ist eine Einschränkungen der durch den EG-Vertrag garantierten Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit durch ein Monopol nur dann gerechtfertigt, wenn der Mitgliedstaat insgesamt eine kohärente Glücksspielpolitik verfolgt und sämtliche Glücksspielformen systematisch regelt. Hierzu muss es nach den Feststellungen des Gerichtshofs einen hinreichenden „normativen Rahmen“ und eine „strikte behördliche Kontrolle“ geben. Unterschiedliche Gesetzgebungszuständigkeiten (Landes- und Bundesrecht; in Deutschland bundesrechtlich geregelte Glücksspielautomaten und Pferdewetten) sind europarechtlich nicht relevant.
Der VGH war in seinen nunmehr zur Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anstehenden Berufungsurteilen noch von einer sektoralen Betrachtung ausgegangen, d.h. von den These, dass nur der „Sektor“ der Sportwetten kohärent geregelt werden müsse. Diese Auffassung ist nun nicht mehr haltbar, nachdem der EuGH eine widerspruchsfreie und konsequente Reglung des gesamten Glücksspielmarktes gefordert hat. Hierzu hatte der EuGH festgehalten, dass die deutschen Behörden hinsichtlich den nicht dem Monopol unterliegenden Casino- oder Automatenspielen, die ein deutlich höheres Suchtpotenzial aufweisen als die vom Monopol erfassten Spiele, eine Politik verfolgen, mit der zur Teilnahme an diesen Spielen ermuntert wird.
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Mittwoch, 13. Oktober 2010
Montag, 11. Oktober 2010
Nach den EuGH-Urteilen: Keine Vollstreckung gegen Sportwettenvermittler mehr
von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG
Nach Bremen und Hamburg verzichtet nunmehr auch Baden-Württemberg auf die Vollstreckung von Untersagungsverfügungen gegen Sportwettenvermittler. Auf einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 80 Ab. 7 VwGO aufgrund der durch die EuGH-Urteile geänderten Rechtslage teilte das Regierungspräsidium Karlsruhe mit, von der Vollstreckung abzusehen und die Kosten des Verfahrens zu übernehmen (VG Stuttgart, Az. 4 K 3523/10).
Wie berichtet, ist das in Deutschland errichtete Monopol für Sportwetten und Glücksspiele nach den Feststellungen des Europäischen Gerichtshofs in seinen drei Urteilen vom 8. September 2010 nicht mit Europarecht vereinbar (Rechtssachen C-316/07 u.a., C-46/08 und C-409/06). Bis zur Herstellung einer mit Unionsrecht und deutschem Verfassungsrecht vereinbaren Rechtslage kann gegen Sportwetten- und Glückspielvermittler nach meiner Auffassung nicht auf den Glücksspiel-Staatsvertrag gestützt mehr vorgegangen werden. Entsprechend des Ausführungen des EuGH müsste zunächst der gesamte, bislang historische gewachsene und zersplittert durch bundes- und landesrechtliche Vorschriften geregelte Glücksspielbereich in einem „großen Wurf“ kohärent und systematisch geregelt werden. Insbesondere hinsichtlich der Glücksspielautomaten besteht in Deutschland erheblicher Regelungsbedarf. Eine Verstaatlichung ist aber politisch unwahrscheinlich. Im Übrigen müsste sich auch das tatsächliche Verhalten der Landeslotteriegesellschaften und deren Überwachung grundlegend ändern.
Nach Bremen und Hamburg verzichtet nunmehr auch Baden-Württemberg auf die Vollstreckung von Untersagungsverfügungen gegen Sportwettenvermittler. Auf einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 80 Ab. 7 VwGO aufgrund der durch die EuGH-Urteile geänderten Rechtslage teilte das Regierungspräsidium Karlsruhe mit, von der Vollstreckung abzusehen und die Kosten des Verfahrens zu übernehmen (VG Stuttgart, Az. 4 K 3523/10).
Wie berichtet, ist das in Deutschland errichtete Monopol für Sportwetten und Glücksspiele nach den Feststellungen des Europäischen Gerichtshofs in seinen drei Urteilen vom 8. September 2010 nicht mit Europarecht vereinbar (Rechtssachen C-316/07 u.a., C-46/08 und C-409/06). Bis zur Herstellung einer mit Unionsrecht und deutschem Verfassungsrecht vereinbaren Rechtslage kann gegen Sportwetten- und Glückspielvermittler nach meiner Auffassung nicht auf den Glücksspiel-Staatsvertrag gestützt mehr vorgegangen werden. Entsprechend des Ausführungen des EuGH müsste zunächst der gesamte, bislang historische gewachsene und zersplittert durch bundes- und landesrechtliche Vorschriften geregelte Glücksspielbereich in einem „großen Wurf“ kohärent und systematisch geregelt werden. Insbesondere hinsichtlich der Glücksspielautomaten besteht in Deutschland erheblicher Regelungsbedarf. Eine Verstaatlichung ist aber politisch unwahrscheinlich. Im Übrigen müsste sich auch das tatsächliche Verhalten der Landeslotteriegesellschaften und deren Überwachung grundlegend ändern.
Sonntag, 10. Oktober 2010
Glücksspielstaatsvertrag: SPD kritisiert Herrmanns 180-Grad-Kehrtwende
Pressemitteilung der bayerischen SPD-Landtagsfraktion vom 8. Oktober 2010
Rinderspacher: "Herrmanns neuer FDP-Kurs führt zu mehr Spielsüchtigen"
Als "zweifelhaftes Zugeständnis gegenüber dem kleineren Koalitionspartner FDP" bezeichnet SPD-Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher die 180-Grad Kehrtwende von Innenminister Joachim Herrmann beim Glücksspielstaatsvertrag. Noch vor einigen Wochen hatte Herrmann am staatlichen Glücksspielmonopol festhalten wollen, nun will er das Glücksspiel bei den Sportwetten doch liberalisieren.
"Herrmanns neuer FDP-Kurs führt in der Folge zu mehr Spielsüchtigen", so Rinderspacher, "der Innenminister will die Spielsucht angeblich eindämmen und öffnet zeitgleich die Märkte, das passt nicht zusammen." Wirtschaftliche Profiteure von Herrmanns Plänen seien internationale Anbieter, "die ihre Gewinne in Gibraltar oder Malta versteuern", gibt Rinderspacher zu bedenken.
Der SPD-Politiker macht auf die erschwerte Kontrolle des Glücksspiels sowie auf die wachsenden Risiken der Verbrauchertäuschung und der Korrumpierung des Sports durch Wettmanipulation aufmerksam, würden Sportwetten dem Kommerz freigegeben. Rinderspacher plädiert für ein moderates Glücksspielangebot gemäß staatlichem Auftrag und verweist darauf, dass das Staatsvertragsmodell durch das Bundesverfassungsgericht und den Europäischen Gerichtshof bestätigt worden ist. Er betont, dass das Staatsvertragsmodell die Bundesländer und das Gemeinwohl in den Bereichen Breitensport und Soziales, Kunst und Kultur in Höhe von jährlich knapp 2,8 Milliarden Euro fördert.
Zudem fordert die SPD-Landtagsfraktion in einem Gesetzentwurf wirksame Maßnahmen gegen die Überflutung der bayerischen Städte mit Spielhallen. Da eine Spielhallenerlaubnis gewerberechtlich nur schwer abgelehnt werden kann, drängt die SPD darauf, den Kommunen in Bayern ein Instrument an die Hand zu geben, um effektiver gegen die rasante Zunahme von Spielhallen und Glücksspielautomaten vorzugehen: "Dafür braucht es die Besteuerung von Spielhöllen von bis zu 15 Prozent auf ihren Umsatz, das Baurecht als Maßnahme zum Gegensteuern bringt uns nicht weiter", so Rinderspacher, "der Innenminister sollte es nicht bei wohlfeilen Ankündigungen belassen, sondern unserem Gesetzentwurf zustimmen".
Die Spielhallenzahl hat sich im Freistaat seit dem Jahr 2000 auf 14.000 verdoppelt. Allein im Münchner Stadtgebiet gibt es mittlerweile 190 Konzessionen für Spielhallen. Vor zehn Jahren waren es noch 64. Die SPD-Landtagsfraktion stuft diese Entwicklung als bedenklich ein, denn mit der Zunahme der Spielhallenstandorte und der Gewinnspielgeräte steigt die Zahl der Spieler und die Gefahr der Spielsucht.
Rinderspacher: "Herrmanns neuer FDP-Kurs führt zu mehr Spielsüchtigen"
Als "zweifelhaftes Zugeständnis gegenüber dem kleineren Koalitionspartner FDP" bezeichnet SPD-Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher die 180-Grad Kehrtwende von Innenminister Joachim Herrmann beim Glücksspielstaatsvertrag. Noch vor einigen Wochen hatte Herrmann am staatlichen Glücksspielmonopol festhalten wollen, nun will er das Glücksspiel bei den Sportwetten doch liberalisieren.
"Herrmanns neuer FDP-Kurs führt in der Folge zu mehr Spielsüchtigen", so Rinderspacher, "der Innenminister will die Spielsucht angeblich eindämmen und öffnet zeitgleich die Märkte, das passt nicht zusammen." Wirtschaftliche Profiteure von Herrmanns Plänen seien internationale Anbieter, "die ihre Gewinne in Gibraltar oder Malta versteuern", gibt Rinderspacher zu bedenken.
Der SPD-Politiker macht auf die erschwerte Kontrolle des Glücksspiels sowie auf die wachsenden Risiken der Verbrauchertäuschung und der Korrumpierung des Sports durch Wettmanipulation aufmerksam, würden Sportwetten dem Kommerz freigegeben. Rinderspacher plädiert für ein moderates Glücksspielangebot gemäß staatlichem Auftrag und verweist darauf, dass das Staatsvertragsmodell durch das Bundesverfassungsgericht und den Europäischen Gerichtshof bestätigt worden ist. Er betont, dass das Staatsvertragsmodell die Bundesländer und das Gemeinwohl in den Bereichen Breitensport und Soziales, Kunst und Kultur in Höhe von jährlich knapp 2,8 Milliarden Euro fördert.
Zudem fordert die SPD-Landtagsfraktion in einem Gesetzentwurf wirksame Maßnahmen gegen die Überflutung der bayerischen Städte mit Spielhallen. Da eine Spielhallenerlaubnis gewerberechtlich nur schwer abgelehnt werden kann, drängt die SPD darauf, den Kommunen in Bayern ein Instrument an die Hand zu geben, um effektiver gegen die rasante Zunahme von Spielhallen und Glücksspielautomaten vorzugehen: "Dafür braucht es die Besteuerung von Spielhöllen von bis zu 15 Prozent auf ihren Umsatz, das Baurecht als Maßnahme zum Gegensteuern bringt uns nicht weiter", so Rinderspacher, "der Innenminister sollte es nicht bei wohlfeilen Ankündigungen belassen, sondern unserem Gesetzentwurf zustimmen".
Die Spielhallenzahl hat sich im Freistaat seit dem Jahr 2000 auf 14.000 verdoppelt. Allein im Münchner Stadtgebiet gibt es mittlerweile 190 Konzessionen für Spielhallen. Vor zehn Jahren waren es noch 64. Die SPD-Landtagsfraktion stuft diese Entwicklung als bedenklich ein, denn mit der Zunahme der Spielhallenstandorte und der Gewinnspielgeräte steigt die Zahl der Spieler und die Gefahr der Spielsucht.