von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG
Der EuGH-Generalanwalt Ján Mazák hat am 20. September 2012 seine Schlußanträge zum griechischen Wettmonopol vorgelegt (verbundene Rs. C-186/11 – Stanleybet u.a. und C-209/11 – Sportingbet). Nach griechischem Recht hat das Unternehmen Organismos prognostikon agonon podosfairou AE, besser bekannt unter der Abkürzung OPAP, das ausschließliche Recht zur Veranstaltung von Glücksspielen. Entgegen diesem bis zum Jahr 2020 geltenden Monopol hatten mehrere britische Glücksspielunternehmen in Griechenland Konzessionen beantragt und gegen die Ablehnung geklagt. In der ersten Rechtssache waren dies Stanleybet International Ltd., William Hill Organisation Ltd und William Hill plc, in der zweiten der britische Buchmacher Sportingbet plc.
OPAP war zunächst ein Staatsunternehmen, ist aber seit mehreren Jahren börsennotiert. Der griechische Staat gab im Rahmen des Gangs an die Athener Börse zunächst 49% ab und reduzierte seinen Anteil dann auf 34%. Auch dieser Anteil soll zur Reduzierung der Staatsschulden verkauft werden. OPAP ist auch im Ausland tätig und betreibt mehr als 200 Büros im EU-Mitgliedstaat Zypern.
Das oberste Verwaltungsgericht Griechenlands, der Staatsrat (Simvoulio tis Epikrateias), hielt das Monopol für eine nicht kohärente und systematische Regelung und legte dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) daher mehrere Fragen vor. Zur Vorbereitung des Urteils des EuGH hat der zuständige Generalanwalt die Rechtslage in den eingangs erwähnten Schlussanträgen gewürdigt.
Nach Ansicht des EuGH-Generalanwalts stellt die griechische Regelung eine Einschränkung der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit dar (jetzt geregelt in Art. 49 AEUV und Art. 56 AEUV), da in anderen Mitgliedstaaten ansässige Anbieter in Griechenland keine Glücksspiele anbieten und hierzu Niederlassungen gründen können. Zwar sind die Verringerung der Gelegenheit zum Spiel und die Bekämpfung der Kriminalität (Kontrolle der Wirtschaftsteilnehmer) vom EuGH als Rechtfertigungsgründe im Glücksspielbereich anerkannt (Rn. 43). Eine nationale Regelung ist allerdings nur dann geeignet, wenn das angeführte Ziel auch in kohärenter und systematischer Weise erreicht wird.
Hierzu sind u.a. die konkreten Anwendungsmodalitäten dahin zu überprüfen; ob die restriktive Regelung „tatsächlich dem Anliegen entspricht, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen“ (Rn. 48). Nach Ansicht des Generalanwalts steht die vom vorlegenden Gericht dargestellte expansive Geschäftspolitik und das verstärkte Angebot von Glücksspielen „offenkundig im Widerspruch zu dem angeführten Ziel der Verminderung der Gelegenheiten zum Spiel in Griechenland“ (Rn. 51).
Um die Spieltätigkeit in kontrollierbare Bahnen zu lenken, kann nach der Rechtsprechung des EuGH zwar „Werbung in einem gewissen Umfang und den Einsatz neuer Vertriebstechniken“ zulässig sein (Rn. 55). Allerdings kann „eine Politik der Expansion von Glücksspielen nur dann als kohärent angesehen werden, wenn die kriminellen und betrügerischen Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Glücksspiel in Griechenland tatsächlich ein Problem erheblichen Umfangs darstellen, dem eine Ausweitung der zugelassenen und regulierten Tätigkeiten abhelfen könnte” (Rn. 57). Außerdem muss das Monopol „mit der Schaffung eines normativen Rahmens einhergehen, mit dem sich gewährleisten lässt, dass der Inhaber des Monopols tatsächlich in der Lage sein wird, das festgelegte Ziel mit einem Angebot, das nach Maßgabe dieses Ziels quantitativ bemessen und qualitativ ausgestaltet ist und einer strikten behördlichen Kontrolle unterliegt, in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen“ (Rn. 58). Hierzu ist eine strikte Kontrolle des Monopolanbieters und dessen Glücksspielangebots erforderlich: „Aus den strengen Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit des betreffenden Monopols folgt erstens, dass eine vom Monopolinhaber betriebene Expansionspolitik, die u. a. durch eine Ausweitung des Angebots von Glücksspielen und durch Werbung für diese Glücksspiele gekennzeichnet ist, maßvoll und eng auf das begrenzt bleiben muss, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu den kontrollierten Spielenetzwerken zu lenken, und zweitens, dass das Glücksspielangebot einer strikten Kontrolle unterliegen muss.“ (Rn. 59)
Nach Einschätzung des Generalanwalts unterliegen die Tätigkeiten der OPAP jedoch weder einer strikten behördlichen Kontrolle noch werden sie durch den für sie geltenden normativen Rahmen wirksam begrenzt. Insoweit könne das vorlegende Gericht entsprechend seinem Vorlagebeschluss „durchaus zu dem Ergebnis gelangen, dass der Zweck des streitgegenständlichen Monopols nicht in einer kontrollierten Expansion im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs gesehen werden kann“ (Rn. 61)
In einer weiteren Vorlagefrage wollte der griechische Staatsrat wissen, „ob es die nationalen Behörden während eines Übergangszeitraums unterlassen dürfen, über Anträge auf Erteilung von Konzessionen im Glücksspielsektor zu entscheiden“ (Rn. 63) Hierzu verweist der Generalanwalt auf das Winner Wetten-Urteil des EuGH, nach dem eine inkohärente nationale Reglung „nicht für eine Übergangszeit weiter angewandt werden darf“ (Rn. 66). Es bestehe „kein Raum für die Annahme, dass die streitige nationale Regelung während einer Übergangszeit weiterhin angewandt werden darf, sofern das vorlegende Gericht diese restriktive Regelung anhand der Kriterien, die sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs zur systematischen und kohärenten Natur der restriktiven Maßnahme ergeben, für mit den Art. 49 AEUV und 56 AEUV unvereinbar hält.“ (Rn. 69)
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