Wiesbaden, den 17.04.2015
Nr. 04/2015
Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Wiesbaden hat durch Beschluss
vom 16.04.2014 (Anm.: wohl 2015) dem Antrag eines Sportwettenanbieters aus Österreich
stattgegeben, der im Eilverfahren die Sicherung seines Anspruchs auf weitere
Teilnahme am Konzessionsverfahren für die Vergabe von 20 Sportwettenkonzessionen
begehrte.
Glücksspiele dürfen in Deutschland nur mit Erlaubnis
der zuständigen Behörde veran, staltet und vermittelt werden. Der
Glücksspielstaatsvertrag, der am 01.07.2012 in Kraft getreten ist, sieht vor,
dass für 7 Jahre nach dem Inkrafttreten dieses Vertrages Sport, wetten
probeweise mit einer Konzession veranstaltet werden dürfen. Insgesamt dürfen 20
Konzessionen bundesweit vergeben werden. Für die Erteilung der Konzessionen in
einem ländereinheitlichen Verfahren für alle Bundesländer ist das Land Hessen
zuständig, das bei der Aufgabenerfüllung von dem Glücksspielkollegium der Länder
unterstützt wird. Die Ausschreibung im Konzessionsverfahren erfolgte am
08.08.2012 europaweit. Das Verfahren wurde in zwei aufeinanderfolgenden Phasen
abgewickelt. In der 1. Stufe mussten die in der Ausschreibung Voraussetzungen
erfüllt werden, in der 2. Stufe erhielten die Bewerber Gelegenheit, ihre
Bewerbung zu ergänzen. Von den ursprünglich 73 Bewerbern um eine Konzession
verblieben 35 Bewerber, die am 02.09.2014 die Mitteilung erhielten, dass die
Konzessionserteilung an 20 ausgewählte Antragsteller am 18.09.2014 erfolgen
solle. Aufgrund eines Eilantrags eines Bewerbers, der einen ablehnenden Bescheid
erhalten hatte, gab die Kammer dem Land Hessen auf, das Konzessionsverfahren
offen zu halten und zunächst keine Konzessionen zu erteilen (5 L
1428/14.WI).
Auch die Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens erhielt
am 02.09.2014 einen ablehnenden Bescheid, gegen den sie Klage erhob und um
vorläufigen Rechtsschutz nachsuchte.
Dieser Eilantrag hatte nun insoweit Erfolg, als das Land Hessen aufgrund
ergebnisrelevanter Verfahrensfehler verpflichtet wird, der Antragstellerin die
weitere Teilnahme an dem Konzessionsverfahren zu sichern und sie neu zu
bescheiden.
Die Kammer urteilte, dass zwar der mehrstufige Aufbau des
Auswahlverfahrens nicht zu beanstanden sei. Die Ausschreibung erfülle jedoch
nicht die Anforderungen an ein transparentes und diskriminierungsfreies
Auswahlverfahren, weil nicht alle Kriterien für die Konzessionierung im Voraus
bekannt gewesen seien. Die Bewerber hätten weder aus der Ausschreibung noch aus
dem Gesetzestext des Glücksspielstaatsvertrags voll umfänglich entnehmen können,
was letztlich für eine erfolgreiche Bewerbung von ihnen gefordert werde. So sei
ihnen mitgeteilt worden, dass alle Einzelheiten zu den Mindestanforderungen
sowie zur Auswahl der Konzessionäre erst in einem Informationsmemorandum
mitgeteilt würden, wenn sich die Bewerber für die 2. Stufe qualifiziert hätten.
Auch die inhaltliche Gestaltung des Auswahlverfahrens verstoße gegen die
Anforderungen an eine rechtmäßige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit.
Während in der Ausschreibung die Anforderungen für die 1. Stufe des Verfahrens
aufgelistet und auf verwendbare Formblätter verwiesen werde, würden für die
Erfüllung der Mindestanforderungen auf der 2. Stufe 5 Konzepte genannt, die
eingereicht werden müssten, ohne dass inhaltliche Anforderungen hieran und
Maßstäbe für Ergänzungsverlangen genannt würden. Aus dem Glücksspielvertrag
ergebe sich weder die Forderung von 5 Konzepten noch enthalte dieser
Verfahrensregelungen. So zeige auch die Anzahl von 600 Fragen der Bewerber zur
Klärung des Anforderungskatalogs zur 2. Stufe, dass die Anforderungen nicht von
vornherein verständlich und transparent gewesen seien. Auch der Prüfungsablauf
und die Entscheidungsfindung blieben bis zum Abschluss der Prüfung der
Mindestanforderungen intransparent. So werde nicht offengelegt, welche Personen
mit welcher Qualifikation im jeweiligen Prüfteam eingesetzt gewesen seien und
wie eine durchgängige Beurteilung des für alle Bewerber gleichen
Kriterienkatalogs durch jeweils dieselben Prüfer gewährleistet worden sei. Auch
die Entscheidungsfindung im Glücksspielkollegium, dessen Beschlüsse für das Land
Hessen bindend seien, sei intransparent und fehlerhaft. Zwar müssten die
Beschlüsse dieses Gremiums begründet werden, in den entsprechenden
Sitzungsniederschriften fänden sich jedoch keine Begründungen für deren
Entscheidungen.
Um das Ziel der zeitweiligen Liberalisierung erreichen zu
können, hätten im Hinblick auf die laufende und zeitlich beschränkte
Experimentierphase im Voraus bestimmte Fristabschnitte festgelegt werden müssen,
um das Behördenverfahren in einem absehbaren zeitlichen Rahmen zu halten. Wie
der gesamte Verfahrensablauf zeige, hätten sich die einzelnen Bewerber weder auf
Fristabläufe/Fristverlängerungen noch Nachforderungen oder Änderungen von
Memoranden und neugestalteten Formblättern einstellen oder bei ihrer Bewerbung
von vornherein mit einkalkulieren können.
Neben den Durchführungsmängeln
bestünden auch konzeptionelle Defizite des Konzessionsverfahrens. Das bislang
zur Rechtfertigung des Monopols und nunmehr zur Begründung der nur beschränkten
Konzessionierung herangezogenen öffentliche Interesse an der Bekämpfung der
Spielsucht und der Lenkung des Spieltriebs in geordneten Bahnen sei das
überragende Gemeinwohlziel. Entsprechend sei das Sozialkonzept von
hervorgehobener Bedeutung, was in der konkreten Ausgestaltung nicht zum Ausdruck
komme. Da die 7,jährige Experimentierphase nur dazu dienen könne, die Folgen und
Auswirkungen der Teilliberalisierung des Glücksspielmarkts im Sportwettenbereich
zu beobachten und zu bewerten, um Erkenntnis zu gewinnen, ob an diesem Modell
festgehalten werden könne oder ob eine andere Lösung , etwa die Rückkehr zum
staatlichen Monopolangebot, besser zur Erreichung des Gemeinwohlziels geeignet
sei, müsse aber die gesamte oder jedenfalls die überwiegende Zeit der
Experimentierphase den Konzessionären zur Verfügung stehen und dürfe nicht auch
dazu dienen, der Behörde ein Experimentieren, wie ein Konzessionsverfahren
gestaltet und abgewickelt werden könne, zu ermöglichen.
Gegen diesen
Beschluss können die Beteiligten Beschwerde erheben, über die der Hessische
Verwaltungsgerichtshof in Kassel zu entscheiden hat (Az.: 5 L
1448/14.WI).
Patricia Evers
Pressesprecherin
Pressemitteilung des VG Wiesbaden
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