Dienstag, 15. März 2022

ISD und Universität Bremen legen den Glücksspielsurvey 2021 vor

Das Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD) und die Universität Bremen (Arbeitseinheit Glücksspielforschung) haben heute die wichtigsten Ergebnisse des Glücksspielsurveys 2021 vorgelegt. Für die Datenerhebungen war die INFO GmbH Markt- und Meinungsforschung (Berlin) verantwortlich. Gefördert wurde die Untersuchung vom Deutschen Lotto- und Totoblock.

„Der Glücksspielsurvey 2021 soll dazu beigetragen, das Wissen über die Art und Intensität der Teilnahme am Glücksspiel und die damit in Zusammenhang stehenden Probleme weiter zu vertiefen. Auf Grundlage der Ergebnisse dieser Studie können Maßnahmen des Spieler- und Jugendschutzes evaluiert und gegebenenfalls verbessert werden“, so der Projektleiter Dr. Jens Kalke vom ISD.

Die Grundgesamtheit der vorliegenden Studie ist die deutschsprachige Bevölkerung im Alter zwischen 16 und 70 Jahren. Die Datenerhebung erfolgte erstmals in Form eines Mixed-Mode-Designs, welches sowohl telefonische als auch onlinegestützte Befragungen beinhaltete. Zwischen dem 03. August 2021 und dem 16. Oktober 2021 sind insgesamt 12.303 Interviews durchgeführt worden.

Dazu Dr. Sven Buth, wissenschaftlicher Mitarbeiter am ISD: „Mit dem vorliegenden Glücksspielsurvey ist ein methodischer Neustart verbunden, da sowohl ein neuer Erhebungsmodus (Mixed-Mode) als auch ein aktualisiertes Instrument zur Bestimmung von glücksspielassoziierten Problemen (DSM-5) zur Anwendung gekommen sind. Die in dem vorliegenden Bericht präsentierten Zahlen lassen daher nur eine begrenzte Vergleichbarkeit mit den Ergebnissen der früheren BZgA-Glücksspielsurveys zu. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass in den Jahren 2020 und 2021 die Spielstätten aufgrund pandemiebedingter Lockdowns mehrfach schließen mussten und auch Wetten auf Sportergebnisse in dieser Zeit nur eingeschränkt möglich waren.“

Nach den Ergebnissen des Glücksspielsurvey 2021 haben innerhalb eines Jahres (3. Quartal 2020 bis 3. Quartal 2021) insgesamt 29,7% der Bevölkerung an mindestens einem Glücksspiel um Geld teilgenommen. Am Beliebtesten ist das klassische Zahlenlotto 6aus49. Jede fünfte Person hat daran zumindest einmal teilgenommen (19,3%). Es folgen der Eurojackpot mit einem Anteil von 10,7% und die Rubbellose mit 7,1%. Alle anderen Glücksspielarten werden (deutlich) seltener gespielt (<=4%).

Bei 2,3% der deutschen Bevölkerung im Alter von 18-70 Jahren ist anhand der Kriterien des DSM- 5 (Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen) eine „Störung durch Glücksspielen“ erkennbar (leichter Schweregrad: 1,1%, mittlerer Schweregrad: 0,7%, schwerer Schweregrad: 0,5%).

„Die Ergebnisse des Glücksspielsurveys 2021 verweisen des Weiteren darauf, dass das Risiko, glücksspielbedingte Probleme zu entwickeln, sich sowohl hinsichtlich der Glücksspielformen wie auch der Zugangswege – hier insbesondere die parallele Nutzung von stationären und onlinegestützten Glücksspielangeboten – unterscheidet. Bei der Gestaltung und Etablierung von Spieler- und Jugendschutzmaßnahmen in Deutschland sollte dies dahingehend Berücksichtigung finden, dass Präventionskonzepte für Glücksspiele mit einem erhöhten Gefährdungspotential, wie Geld- und Glücksspielautomaten sowie Live-Sportwetten, eher restriktiv gestaltet und verhältnispräventiv ausgerichtet werden“, so Prof. Dr. Gerhard Meyer von der Universität Bremen.

Die wichtigsten Ergebnisse des Glücksspielsurveys sind auf den folgenden beiden Seiten zusammengestellt.

Wichtige Ergebnisse des Glücksspielsurveys 2021

Glücksspielteilnahme in den letzten 12 Monaten

29,7% der Bevölkerung haben in den letzten 12 Monaten an mindestens einem Glücksspiel um Geld teilgenommen. Bei den Männern ist dieser Anteil größer als bei den Frauen (34,7% zu 24,5%). Aufgegliedert nach Altersgruppen zeigt sich, dass der Anteil aktuell Glücksspielender bis zur Altersgruppe der 36- bis 45-Jährigen stetig anwächst (auf 33,8%), um bei den Älteren wieder leicht abzufallen Ein Fünftel aller Befragten praktiziert innerhalb eines Jahres ausschließlich eine Glücksspielform (20,1%). Bei 6,1% sind es zwei, bei 2,1% drei und bei 1,4% vier und mehr verschiedene Glücksspielformen, die parallel gespielt werden.

12,1% der Bevölkerung spielen ausschließlich in terrestrischen Spielstätten. Etwas weniger (9,7%) spielen ausschließlich Online-Glücksspiele, und 6,1% bevorzugen eine Kombination aus beiden Spielsettings.

Wird eine Auswertung nach einzelnen Glücksspielformen vorgenommen, steht an erster Stelle das klassische Zahlenlotto 6aus49. Jede fünfte Person hat daran in den letzten 12 Monaten zumindest einmal teilgenommen (19,3%). An zweiter Stelle folgt der Eurojackpot mit einem prozentualen Anteil von 10,7%. 6,8% der Bevölkerung haben in den letzten 12 Monaten an riskanten Glücksspielformen (Automatenspiele, Kasinospiele, Sportwetten) teilgenommen.
Glücksspielbezogene Störungen

Bei 2,3% der deutschen Bevölkerung im Alter von 18-70 Jahren ist anhand der erfüllten Kriterien des DSM-5 eine „Störung durch Glücksspielen“ erkennbar. Der Bevölkerungsanteil mit einer leichten Störung liegt bei 1,1%, der mit einer mittleren Störung bei 0,7% und der mit einer schweren Störung bei 0,5%. Männer sind von einer glücksspielassoziierten Störung mit einem Anteil von 3,5% deutlich häufiger betroffen als Frauen (1,1%).

Der jeweilige Anteil von Personen mit einer glücksspielbezogenen Störung ist unter den Spieler:innen einzelner Spielformen unterschiedlich ausgeprägt. Die höchsten Anteilswerte finden sich unter den Spieler*innen an Geldspielautomaten in Spielhallen und der Gastronomie mit zusammen 33,4%, gefolgt von Spieler:innen an Glücksspielautomaten in Spielbanken (31,5%) und den Teilnehmer:innen an Live-Sportwetten (29,7%).

Nach dem Screening der glücksspielbezogenen Probleme bei Minderjährigen anhand der Kriterien des „DSM-IV-Multiple Response-Adapted for Juveniles (DSM-IV-MR-J)“ zeigt sich bei 1,7% der Jugendlichen im Alter von 16-17 Jahren ein problematisches Spielverhalten.
Maßnahmen des Jugend- und Spielerschutzes

Die weit überwiegende Mehrzahl der befragten Personen fühlt sich über die Gefahren des Glücksspielens gut oder sehr gut informiert (78,3%). Am bekanntesten ist in der Bevölkerung das Teilnahmeverbot für Minderjährige. 85,3% der Befragten wissen, dass Glücksspiele um Geld für Kinder und Jugendliche in Deutschland nicht erlaubt sind. Aufklärungsmaßnahmen und Suchthinweise zu den Gefahren des Glücksspiels sind 75,5% bzw. 70,3% bekannt.

Die höchste Zustimmungsrate findet sich beim Glücksspielverbot für Kinder und Jugendliche. Neun von zehn der Befragten sind der Meinung, dass Glücksspiele um Geld erst ab 18 Jahren erlaubt sein sollten (86,3%). An zweiter Stelle folgt die Aufklärung über die Suchtgefahren des Glücksspiels mit einem prozentualen Anteil von 82,9% positiver Nennungen. Fast 70% der Befragten plädieren für eine Beschränkung der Werbung für Glücksspiele (68,6%).

Bei einer Auswertung nach dem DSM-5-Schweregrad zeigt sich generell, dass bei den Personen mit einer Glücksspielstörung die verschiedenen Maßnahmen des Jugend- und Spielerschutzes eine geringere Akzeptanz besitzen als in der Gruppe der unproblematisch Glücksspielenden.
Werbung

30,1% aller Befragten haben in den letzten 30 Tagen glücksspielbezogene Werbung wahrgenommen. Klassifiziert nach dem DSM-5-Schweregrad zeigt sich, dass die Anteilswerte der Wahrnehmung von Glücksspielwerbung mit dem Ausmaß der glücksspielassoziierten Probleme steigen. Neun von zehn, die von wahrgenommener Glücksspielwerbung berichteten, geben an, dass Werbung keine Bedeutung für ihr Spielverhalten hat (90,7%). Bei den Personen mit einer glücksspielbezogenen Störung hat Werbung dagegen einen initiierenden Effekt auf das eigene Glücksspielverhalten. So berichten 41,2% der von einer schweren Glücksspielstörung Betroffenen, dass sie aufgrund von Werbung neue Glücksspiele ausprobieren.

Download: Ergebnisse des Glücksspiel-Survey 2021 (PDF)

Quelle: Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD)

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