Wenn der neue Glücksspielstaatsvertrag, der am 13. Dezember von den Ministerpräsidenten der Länder unterzeichnet werden soll, in der vorgeschlagenen Form in Kraft träte, würden sich auf dem Wett- und Lotteriemarkt erhebliche Änderungen ergeben: Werbung für Lotto und jede andere Form des Glücksspiels müssten drastisch eingeschränkt werden.
Hierduch wäre gewerblichen Lottovermittlern wie Faber, Fluxx oder Tip24 weitgehend die Geschäftsgrundlage entzogen, da deren Geschäft ohne Werbung und Internetvertrieb kaum vorstellbar ist. Noch härter träfe es private Sportwettenanbieter: Glücksspiele im Internet, zu denen in Deutschland auch Sportwetten zählen, sollen nach dem Entwurf des neuen Staatsvertrags komplett verboten werden und Buchmachern, wie z.B. Bwin, die mit einer Gewerbeerlaubnis aus der ehemaligen DDR arbeiten, soll die per Einigungsvertrag übertragene Konzession entzogen werden.
Offiziell geht es der Politik um den Schutz der Bürger: Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom März 2006 ist ein eng gefasstes staatliches Monopol gerechtfertigt, wenn ein "überragend wichtiges Ziel des Gemeinwohl" nicht anders erreicht werden könne. Es bestehen jedoch erhebliche rechtliche Bedenken, ob ein solcher staatlicher massiver Eingriff dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit genügt und mit der Dienstleistungsfreiheit in der EU in Einklang gebracht werden kann. Dass auch andere Regelungen möglich sind, zeigen etwa die Beispiele im Vereinigten Königreich, in Österreich und neuerdings auch in Italien. So werden z.B. im Vereinigten Königreich seit einigen Jahren vom Staat Lizenzen an private Buchmacher auf Zeit vergeben und es wird nicht mehr wie in Deutschland der Spieleinsatz, sondern der Rohertrag (d.h. Spieleinsatz abzüglich ausgeschüttete Gewinne) besteuert. Diese Regelung hat im Vereinigten Königreich zu einer starken Expansion des Wettmarkts geführt und der Staat hat letzten Endes seine Einnahmen aus dem Wettgeschäft deutlich erhöhen können.
In dem ifo-Gutachten werden vier Szenarien beschrieben, wie sich der deutsche Sportwettmarkt - insbesondere die Spieleinsätze und Roherträge der Branche - bis zum Jahr 2010 unter unterschiedlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen entwickeln könnte. Auf einzelne Marktteilnehmer - Oddset, ausländische Onlineanbieter, stationäre Wettvermittler und Pferdebuchmacher - wird gesondert eingegangen. Die verschiedenen Szenarien werden als Ansatzpunkt für die Input-Output Analyse genutzt, um die Wertschöpfungs-, Steuer- und Beschäftigungseffekte in der Wettbranche zu ermitteln, welche mit den jeweiligen Aktivitäten verbunden sind.
Würde auch in Deutschland ein ähnliches System von staatlicher Regulierungsbehörde, Vergabe von Konzessionen an Private und moderate Besteuerung des Rohertrags wie im Vereinigten Königreich eingeführt werden, könnte der Staat seine Einnahmen aus dem Wettgeschäft nicht nur stabilisieren, sondern deutlich erhöhen. Nach den in der ifo-Studie vorgenommenen Modellrechnungen würde der Staat bis zum Jahr 2010 kumuliert rd. 1,7 Milliarden Euro mehr Einnahmen aus der Wettbranche erzielen als aus einem wie im geplanten Staatsvertrag vorgesehenen verschärften staatlichen Wettmonopol zu erwarten wäre. Die Erklärung hierfür liegt vor allem darin, dass der weitgehende Verzicht auf Werbung und Vertriebswege im Falle des geplanten staatlichen Wettmonopols eine Geschäftsabschwächung mit sich brächte, die durch die prozentual höheren Monopolgewinne nicht aufgefangen werden kann. Außerhalb des staatlichen Sektors wären zudem in der privaten Wettbranche direkt und indirekt die derzeit bestehenden rund 15 000 Arbeitsplätze von dem verschärften Wettmonopol betroffen.
Die Studie wurde als ifo Forschungsbericht 32 Auswirkungen des Bundesverfassungsgerichtsurteils zum Sportwettmarkt auf die deutsche Volkswirtschaft veröffentlicht.
Quelle: Pressemitteilung des ifo Instituts vom 12. Dezember 2006
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen