Donnerstag, 26. Juli 2007

Sportwetten: Brüssel mahnt bei der Politik erneut europarechtskonforme Lösung an

Der Deutsche Olympische SportBund (DOSB) berichtet wie folgt über das gegen Deutschland 2004 eingeleitete, seit April 2006 förmlich laufende Vertragsverletzungsverfahren wegen der Verletzung der Dienstleistungsfreiheit bei Glücksspielen und über einem möglichen politischen Kompromiss:

Brüssel hat erneut die deutsche Politik ersucht, bei der weiteren Ausgestaltung des Glücksspielwesens europarechtliche Bestimmungen der Wettbewerbs- und Dienstleistungsfreiheit zu beachten.

EU-Binnenmarktskommissar Charlie McCreevy unterstrich in einem Schreiben vom 9. Juli, dass sich das gegen Deutschland eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren zum bis Jahresende noch gültigen Staatsvertrag der Länder „nicht grundsätzlich gegen das Bestehen staatlicher Monopole oder gegen staatliche Lotterien richtet. Es hat auch keine Auswirkungen auf die Liberalisierung des Dienstleistungsmarktes für Glücksspiele im Allgemeinen.“ So heißt es in einem Schreiben an den niedersächsischen FDP-Landtagsabgeordneten Jörg Bode. Das Verfahren gegen den Staatsvertrag der Bundesländer beziehe sich lediglich „auf Dienstleistungen im Bereich der Sportwetten“ und stelle nicht die bestehenden Glücksspielmonopole der Länder in Frage.

Glücksspielmonopole werden nicht generell in Frage gestellt

McCreevy wies darauf hin, dass sich die ausführliche Stellungnahme der Kommission vom 22. März zum Entwurf des neuen Staatsvertrags, der nach den Willen aller Länder-Ministerpräsidenten zum 1. Januar 2008 in Kraft treten soll, „nur auf das Verbot von Glücksspielen im Internet“ beziehe. Allerdings nähmen die weiteren Anmerkungen der Brüsseler Dienststellen vom 14. Mai nunmehr auch andere Aspekte des Vertragsentwurfs in den Blickpunkt, „die möglicherweise mit EU-Vorschriften zum freien Kapitalverkehr, zum freien Verkehr von Werbe- und Vertriebsdienstleistungen und zum freien Wettbewerb unvereinbar sein könnten - diese Anmerkungen beziehen sich jedoch in erster Linie auf Sportwetten und lassen andere Glücksspiele außer Kraft“.

Weiter schreibt McCreevy: „Die von der Kommission im Rahmen des laufenden Verfahrens vorgebrachten Bedenken betreffen demnach die Sportwetten. Die Kommission stellt weder die Existenz noch die Fortdauer der bestehenden Lotteriemonopole in Frage, wenn sie mit EU-Vorschriften vereinbar sind. Das bedeutet, dass die Kommission das Vertragsverletzungsverfahren einstellen könnte, falls sich die Dienststellen der Kommission und die deutschen Behörden auf eine zufriedenstellende und europarechtskonforme Verhandlungslösung in der Frage der Sportwetten einigen.“ Dabei gehe es vor allem um eine Regelung grenzüberschreitender Dienstleistungen für Sportwetten, die nach dem Staatsvertragsentwurf weiterhin ausgeschlossen werden.

Fehlen einer Strategie zur Bekämpfung der Spielsucht

In dem Schreiben vom 14. Mai an den Ständigen Vertreter der Bundesrepublik in Brüssel, Botschafter Wilhelm Schönfelder, stellte die Generaldirektion Binnenmarkt und Dienstleistungen der Europäischen Kommission, die im Notifizierungsverfahren des Staatsvertragsentwurfs weitere Prüfungen vorgenommen hatte, dar: Unter den Gesichtspunkten Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs, Werbebeschränkungen, Beschränkungen der Vertriebswege und Wettbewerbsbeschränkungen sei das Regelungswerk für alle Glücksspielarten, das die Länderparlamente bis Jahresende ratifizieren wollen, sei dieser „möglicherweise“ mit EU-Recht unvereinbar. Insbesondere die Beschränkung der Werbung für Sportwetten sei „ein eindeutiger Beleg für das Fehlen einer kohärenten und systematischen Strategie zur Bekämpfung der Glücksspielsucht, da für andere Glücksspiele mit höherem Suchtpotential (Spielkasinos, Glücksspielautomaten) kein derartiges Werbeverbot vorgesehen ist“, heißt es in dem achtseitigen Brief.

An anderer Stelle wird deutlich gemacht, es bestehe „eindeutig die Gefahr der Diskriminierung gewerblicher Spielvermittler aus anderen Mitgliedsstaaten, die sich in Deutschland niederlassen und dort Dienste erbringen möchten“. Die EU-Kommission bat um eine neue Stellungnahme und zudem um Mitteilung, „welche Maßnahmen die deutschen Behörden ergreifen werden, um ihren Verpflichtungen gemäß dem EG-Recht nachzukommen“. Möglicherweise soll es im September zu einem Gespräch in Brüssel mit Vertretern der EU-Kommission und der Bundesländer sowie Sachverständigen beider Seiten kommen.

Der Sportausschuss des Deutschen Bundestages hatte erst am 13. Juni mehrheitlich festgestellt, für die Ausgestaltung des Sportwettenmonopols oder für die alternativ geforderte Liberalisierung des Marktes seien ausschließlich die Bundesländer zuständig, wenngleich die Gefahr bestünde, dass Brüssel die Bundesrepublik Deutschland in Anspruch nehmen könnte. Der organisierte Sport vertritt mehrheitlich die Position, nur mit der Aufrechterhaltung des vom Deutschen Lotto- und Totoblock gehaltenen Staatsmonopols seien das Gemeinwohl zu gewährleisten, die soziale Kontrolle des Wettsektors aufrechtzuerhalten und gemeinwohlpflichtige Abgaben aus den Spieleinsätzen in die Sport-, Kultur- und Sozialförderung zu generieren – das gelte auch trotz der realen Umsatzeinbußen von Oddset. Die Deutsche Fußball-Liga favorisiert hingegen eine Öffnung des Marktes durch ein Konzessionsmodell, das die Rechte am Spielbetrieb des Spitzenfußballs und deren Verwertung zu berücksichtigen habe.

Quelle: www.dosb.de

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