von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG
Das Landgericht Porto (Tribunal Judicial da Comarca do Porto) hat einen den privaten Buchmacher bwin betreffenden portugiesischen Sportwettenfall dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt. Dieses dort als Rechtssache C-55/08 geführte Verfahren ist das elfte, derzeit zur Dienstleistungsfreiheit bei Sportwetten und Glücksspielen anhängige Verfahren (wobei alleine acht Verfahren aus Deutschland anhängig sind, von denen allerdings die sechs Verfahren der Verwaltungsgerichte Gießen und Stuttgart bereits im letzten Jahren verbunden worden sind; zu den bislang anhängigen Verfahren vgl. Arendts, ZfWG 2007, 347 ff.). Neben der Dienstleistungsfreiheit problematisiert das Landgericht Porto in seinen Vorlagefragen auch die Wettbewerbsregeln des EG-Vertrags und das Verbot staatlicher Monopole.
In dem zugrunde liegenden Ausgangsverfahren handelt es sich um die gleichen Parteien wie in dem bereits beim EuGH seit letztem Jahr anhängigen Verfahren C-42/07 (vgl. Sportwettenrecht aktuell Nr. 79), allerdings mit vertauschten Prozessrollen. Klägerin ist in diesem Verfahren die Santa Casa da Misericórdia de Lisboa (SCML). SCML steht nach portugiesischem Recht ein Ausschließlichkeitsrecht für die Veranstaltung von Lotterien und lotterieähnlichen Glücksspiel zu. Beklagt sind von ihr die portugiesische Fußballliga, Liga Portuguesa de Futebol Profissional (CA/LPFP), und zwei bwin-Gesellschaften (die Hauptgesellschaft des bwin-Konzerns ist börsennotiert, die hier verklagte Tochtergesellschaft hat eine gibraltarische Lizenz). Streitgegenstand ist ein Sponsorenvertrag des Buchmachers mit der Fußballliga.
Das Landgericht Porto hat dem EuGH drei Vorlageverfahren vorgelegt:
• Es will geklärt haben, ob das nach portugiesischem Recht bestehende staatliche Monopol für Glücksspiele und Wetten mit den Regeln des europäischen Gemeinschaftsrechts, insbesondere mit der Dienstleistungsfreiheit, dem freien Wettbewerb und dem Verbot staatlicher Monopole vereinbar ist.
• In einer zweiten Frage erkundigt sich das portugiesische Gericht nach den Kriterien für die Auslegung nationaler, diese europarechtlichen Prinzipien einschränkenden Regelungen. Es will damit beurteilen, ob eine derartige Einschränkung im Lichte der Regeln des Europarechts zulässig ist.
• Zuletzt erkundigt sich das Gericht, ob ein Werbeverbot für Glücksspiele mit den Regeln des Europarechts, insbesondere mit der Dienstleistungsfreiheit, dem freien Wettbewerb und dem Verbot staatlicher Monopole vereinbar ist, wenn die Santa Casa da Misericórdia de Lisboa die von ihr angebotenen Glücksspiele bewerben darf.
Der EuGH wird aufgrund dieser Vorlagefragen auch zur Bedeutung der Wettbewerbsregeln des EG-Vertrags (Artt. 81 ff. EG-Vertrag) für den Glücksspiel- und Wettsektor Stellung nehmen können. Dies könnte erhebliche Auswirkungen auf das in Deutschland festgelegte staatliche Monopol haben. Darüber hinaus wird sich der EuGH mit der gesetzlichen Regelung der Bewerbung von Sportwetten und Glücksspielen auseinandersetzten dürfen. Es geht hier um Millionenbeträge, die vor allen den Fußballverbänden und -clubs aufgrund des Verbots der Bewerbung privater Anbieter verloren gehen. Das Sponsoring durch bwin hatte auch in Deutschland zu Dutzenden von Gerichtsverfahren geführt.
aus: Sportwettenrecht aktuell Nr. 100
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