Montag, 5. Mai 2008

Glücksspielstaatsvertrag und Nicht-Raucherschutzgesetz in Casinos: Öffentliche Aufgabe durch massive Ertragseinbrüche gefährdet

Die Deutsche Spielbanken Interessen- und Arbeitsgemeinschaft (DeSIA) meldet für das erste Quartal 2008 alarmierende wirtschaftliche Kennziffern. Nach den ersten 100 Tagen, in denen der neue Glücksspielstaatsvertrag in allen und das Nichtraucherschutzgesetz in den meisten Bundesländern in Casinos gelten, müssen die Deutschen Spielbanken im Durchschnitt ein Minus von 17,6 Prozent beim Bruttospielertrag (BSE, einer dem "Umsatz" verwandten Größe) registrieren. Damit erzielten sie im 1. Quartal 2008 nur noch ein BSE von 191,6 Mio. Euro (BSE = Differenz zwischen Spieleinsätzen und ausbezahlten Gewinnen).

Im 1. Quartal verlieren die Klassiker der Spielkultur, Roulette und Black Jack, 6,2 Prozent an BSE. Der Ertrag an Automaten sinkt um ein Fünftel (21,3 Prozent) und trägt mit 138,8 Mio. Euro zum Gesamtertrag von 191,6 Mio. Euro bei. Linear zu den BSE-Einbußen geht die Zahl der Besucher zurück. Zur 100-Tage-Bilanz sind es noch 1.752 Mio. Gäste (-17,7 Prozent zum Vorjahresquartal). Das "Lebendspiel" notiert bundesweit mit ca. 33 Prozent weniger Besuchern die stärksten Verluste. Diese Rückgänge dürften noch höher ausfallen, wenn zur Jahresmitte in allen Bundesländern Rauchverbote gelten und damit auch Auswirkungen auf die Beschäftigungssituation haben. Die Sprecher der deutschen Spielbanken schätzen, dass auf das Jahr hochgerechnet Bund, Ländern und Kommunen damit Steuereinnahmen von 150 Mio. Euro gegenüber dem Vorjahr in den Haushaltskassen fehlen werden.

"Die Verluste sind Besorgnis erregend, da sie die öffentliche Aufgabe der Spielbanken gefährden. Wenn die wirtschaftliche Basis bröckelt, wird es für Spielbanken schwer, die ihnen vom Staat zugewiesene Pflicht zu erfüllen. Denn Gesetzgeber und Öffentlichkeit verlangen, dem Spieltrieb der Bevölkerung durch ein legales Angebot Rechnung zu tragen und damit illegalen Anbietern sichere, faire und attraktive Alternativen entgegen zu stellen. So setzen Spielbanken auf qualifiziertes und damit kostenintensives Personal, verfügen über anspruchsvolle Sicherheits- und Sozialkonzepte." so Rainer Chrubassik und Matthias Hein, DeSIA-Sprecher. Der Rückgang der Besucher sei ein Signal: Immer mehr Spieler, die bisher Spielbanken aufsuchten, weichen auf niedrigschwellige, gewerbliche und illegale Spielmöglichkeiten, so auch insbesondere ins Internet, aus. "Die Spielleidenschaft hat ja nicht plötzlich aufgehört. Vielmehr bevorzugen viele Spieler jetzt offenbar Spielformen, die nicht strengen Casino-Auflagen unterliegen oder diese schlicht nicht befolgen. So sind Spielhallen in der Regel nicht durch das Nichtraucherschutzgesetz betroffen, noch gibt es hier Einlasskontrollen", so die Sprecher. Wenn der Staat erreichen will, dass der Glücksspielstaatsvertrag eine normative Kraft entfaltet und nicht nur einseitig wirkt bzw. in der Praxis ausgehöhlt wird, müsse er die wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen für alle Anbieter im Auge haben. Die DeSIA knüpft damit an die Pläne der Suchtbeauftragten des Bundes, Sabine Bätzing, an. Sie fordert "flächendeckend suchtpräventive Angebote" und ein "lückenloses Gesamtkonzept" für alle im Glückspiel tätigen Anbieter.

Zu den Hauptakteuren des legalen Glücksspiels zählen auf der einen Seite die konzessionierten Spielbanken, die dem Ordnungsrecht der Länder unterliegen. Auf der anderen Seite stehen Spielhallen, für die – historisch gewachsen und heute nicht mehr nachvollziehbar – bundesgeregeltes Gewerberecht gilt. Denn ursprüngliche Unterschiede der Angebote haben sich fast nivelliert und das Suchtpotenzial insbesondere des gewerblichen Spiels wird von fachwissenschaftlicher Seite heute bereits weitaus höher eingestuft, als das der staatlich konzessionierten Anbieter. Auch die meisten Gewinnspiele in den Medien sind nach Ansicht der DeSIA dem Glücksspiel zuzurechnen. Das gewerbliche Glücksspiel an Automaten und andere nicht konzessionierte Glücksspielanbieter verfolgen im Gegensatz zu konzessionierten Anbietern keinen öffentlichen Auftrag, sondern ausschließlich privatwirtschaftliche Ziele. Deshalb sollten nach Auffassung der DeSIA diese Angebote ebenso einer bundeseinheitlichen Regelung zum Spielerschutz unterliegen. Nur so könne das gesetzlich formulierte Ziel, Spielsucht vorzubeugen und zu bekämpfen, realisiert werden. Alles andere würde das Problem nicht lösen, sondern es nur verlagern, so die Sprecher abschließend.

Quelle: DeSIA

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