von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG
Neben den Vorlagen zweier niederländischer Höchstgerichte (vgl. Sportwettenrecht aktuell Nr. 106 und 107) hat auch der französische Staatsrat (Conseil d´État), in seiner Eigenschaft als oberstes Verwaltungsgericht Frankreichs, die Vereinbarkeit eines Wettmonopols mit Europarecht dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Vorabentscheidung vorgelegt (Beschluss vom 9. Mai 2008, Entscheidung Nr. 287503).
Eingeleitet wurde das Verfahren von dem maltesischen Buchmacher ZEturf (Zeturf Limited), der vom zuständigen französischen Landwirtschaftsministerium am 18. Juli 2005 die Aufhebung einer Rechtsverordnung (decret n° 97-456 vom 5. Mai 1997) begehrte, mit der für den 1930 gegründeten Pferdewettanbieter Pari Mutuel Urbain (PMU) ein Monopol für Pferdewetten festgeschrieben wird. Der in dem EU-Mitgliedstaat Malta staatlich zugelassene Buchmacher ZEturf argumentierte, dass dieses Wettmonopol nicht mit Europarecht vereinbar sei. Nachdem das Landwirtschaftsministerium nicht reagierte, reichte ZEturf gegen die implizierte Ablehnung am 25. November 2005 beim Conseil d´État Klage ein.
Hintergrund dieses Vorgehens von ZEturf war, dass diesem Buchmacher zunächst vom Paris Tribunal de grande instance mit Entscheidung vom 8. Juli 2005 verboten worden war, Pferdewetten anzunehmen. Dieses auch in der Berufungsinstanz bestätigte Verbot wurde allerdings vom Kassationsgerichtshof (Cour de cassation) mit einer vor allem europarechtlich begründeten Grundsatzentscheidung vom 10. Juli 2007 aufgehoben.
Der Conseil d´État beschloss nunmehr die von ZEturf bemängelte Vereinbarkeit des französischen Pferdewettmonopols mit Europarecht dem EuGH gemäß Art. 234 EG-Vertrag vorzulegen. Hierfür stellte der Conseil d´État dem EuGH zwei Fragen (in Originalfassung siehe unten). Im Wesentlichen erkundigt sich der Staatsrat, ob die in den Artikeln 49 und 50 des EG-Vertrags garantierte Dienstleistungsfreiheit so auszulegen ist, dass sie eine nationale Regelung verbietet, mit der ein Monopolregime zugunsten eines einzigen Anbieter errichtet wird, mit dem die Verbrechensbekämpfung und der Schutz der öffentlichen Ordnung in einer effizienteren Weise als durch weniger einschränkende Maßnahmen erreicht werden soll, wenn ein derartiges Regime mit einer dynamischen Geschäftspolitik des Anbieters verbunden ist, so dass eine zufrieden stellende Verringerung der Gelegenheiten zum Spiel nicht erreicht wird. Ein Aspekt dieser Frage ist die im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu prüfende Erforderlichkeit, d.h. die Prüfung von Alternativen zu einer Monopolregelung und die Frage nach milderen Mitteln (entsprechend dem in der mündlichen Verhandlung der Rechtssache „Liga Portuguesa“ - Rs. C-42/07 - diskutierten Rosengren-Urteil). Ein weiterer, schon bislang problematisierter Punkt ist die rechtliche Haltbarkeit eines Monopols, wenn das Monopolunternehmen, wie der hier wirtschaftlich sehr erfolgreich agierende Anbieter PMU, keineswegs die Gelegenheiten zum Spiel einschränken, sondern vielmehr seine Umsätze ausweiten will. Ergänzend fragt der Conseil d´État mit der zweiten Vorlagefrage, ob bei der Prüfung der Rechtfertigung der Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit nur das Online-Angebot oder alle Vertriebsformen zu berücksichtigen sind.
Angesichts nunmehr 15 anhängiger Vorlageverfahren zu Wetten und Glücksspielen (darunter drei durch nationale Höchstgerichte) sowie zahlreicher anstehender Klagen in Vertragsverletzungsverfahren (nach der ersten Klage gegen Spanien wegen der diskriminierenden Besteuerung von Glücksspielgewinnen) ist zu erwarten, dass der EuGH nunmehr die aufgeworfenen Rechtsfragen umfassend klären wird.
* * *
Originalfassung der Vorlagefragen:
1°) Les articles 49 et 50 du traité instituant la communauté européenne doivent-ils être interprétés comme s’opposant à une réglementation nationale qui consacre un régime d’exclusivité des paris hippiques hors hippodromes en faveur d’un opérateur unique sans but lucratif laquelle, si elle semble propre à garantir l’objectif de lutte contre la criminalité et ainsi de protection de l’ordre public d’une manière plus efficace que ne le feraient des mesures moins restrictives, s’accompagne pour neutraliser le risque d’émergence de circuits de jeu non autorisés et canaliser les joueurs vers l’offre légale, d’une politique commerciale dynamique de l’opérateur qui n’atteint pas en conséquence complètement l’objectif de réduire les occasions de jeux?
2°) Convient-il, pour apprécier si une réglementation nationale telle que celle en vigueur en France, qui consacre un régime d’exclusivité de gestion du pari mutuel hors hippodromes en faveur d’un opérateur unique sans but lucratif, contrevient aux articles 49 et 50 du traité instituant la Communauté européenne, d’apprécier l’atteinte à la libre prestations de services du seul point de vue des restrictions apportées à l’offre de paris hippiques en ligne ou de prendre en considération l’ensemble du secteur des paris hippiques quelle que soit la forme sous laquelle ceux ci sont proposés et accessibles aux joueurs?
aus: Sportwettenrecht aktuell Nr. 110
Das Blog zur aktuellen rechtlichen Entwicklung bei Glücksspielen und Sportwetten: Informationen zu Spielbanken, Casino-Spielen, Lotterien, gewerblichen Spielvermittlern, Spielgemeinschaften, Rubbellosen, Glücksspielautomaten, Geschicklichkeitsspielen, Unterhaltungsspielen, Gewinnspielen, Hausverlosungen, Poker, Sportwetten, Pferdewetten, Finanzwetten, Wettbörsen, Sportzertifikaten, Informationsbörsen (prediction markets) sowie Event- und Informationsderivaten
Samstag, 12. Juli 2008
Freitag, 11. Juli 2008
Verwaltungsgericht Berlin hebt Untersagungsverfügung des Landes Berlin gegen Sportwettenvermittler auf: Staatliches Monopol faktisch beendet
von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG
Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hatte in den letzten Monaten bereits in mehreren Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundlegende verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Glücksspielstaatsvertrag geäußert und daher von Untersagungsverfügungen betroffenen Sportwettenvermittlern Vollstreckungsschutz gewährt (siehe Sportwettenrecht aktuell Nr. 102). Nunmehr hob das VG Berlin auch in der Hauptsache die Untersagungsverfügung des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten Berlin als rechtswidrig auf (Urteil vom 7. Juli 2008, Az. VG 35 A 167.08). Der von der Kanzlei ARENDTS ANWÄLTE (www.wettrecht.de) vertretene Kläger kann damit weiter Verträge über Sportwetten an einen in dem EU-Mitgliedstaat Malta staatlich zugelassenen Buchmacher vermitteln.
Das neue Urteil betrifft eine auf den Glücksspielstaatsvertrag und das dazu ergangene Ausführungsgesetz (AG GlüStV) gestützte Untersagungsverfügung vom 6. März 2008. Die genauen Urteilsgründe stehen noch aus. Das Gericht hatte allerdings - wie berichtet - bereits in dem Vollstreckungsschutzverfahren erhebliche Bedenken geäußert, ob die neuen Regelungen eine verfassungskonforme Ermächtigungsgrundlage darstellten. Das staatliche Sportwettenmonopol sei als erheblicher Eingriff in die Berufsfreiheit der privaten Anbieter und Vermittler von Sportwetten verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen.
Das VG Berlin hat die Berufung gegen dieses Urteil ausdrücklich zugelassen, über die das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zu entscheiden hat. Angesichts der Tragweite der Entscheidung, mit der der Glücksspielstaatsvertrag für rechtlich nicht haltbar erklärt wird, ist davon auszugehen, dass das Land Berlin dieses Rechtsmittel einlegen wird. Bis auf Weiteres ist das staatliche Monopol jedoch faktisch beendet, da der Sportwettenmarkt in Berlin nicht mehr – wie bisher – gegenüber staatlich zugelassenen Buchmachern aus anderen EU-Mitgliedstaaten abgeschottet werden kann.
aus: Sportwettenrecht aktuell Nr. 109
Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hatte in den letzten Monaten bereits in mehreren Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundlegende verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Glücksspielstaatsvertrag geäußert und daher von Untersagungsverfügungen betroffenen Sportwettenvermittlern Vollstreckungsschutz gewährt (siehe Sportwettenrecht aktuell Nr. 102). Nunmehr hob das VG Berlin auch in der Hauptsache die Untersagungsverfügung des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten Berlin als rechtswidrig auf (Urteil vom 7. Juli 2008, Az. VG 35 A 167.08). Der von der Kanzlei ARENDTS ANWÄLTE (www.wettrecht.de) vertretene Kläger kann damit weiter Verträge über Sportwetten an einen in dem EU-Mitgliedstaat Malta staatlich zugelassenen Buchmacher vermitteln.
Das neue Urteil betrifft eine auf den Glücksspielstaatsvertrag und das dazu ergangene Ausführungsgesetz (AG GlüStV) gestützte Untersagungsverfügung vom 6. März 2008. Die genauen Urteilsgründe stehen noch aus. Das Gericht hatte allerdings - wie berichtet - bereits in dem Vollstreckungsschutzverfahren erhebliche Bedenken geäußert, ob die neuen Regelungen eine verfassungskonforme Ermächtigungsgrundlage darstellten. Das staatliche Sportwettenmonopol sei als erheblicher Eingriff in die Berufsfreiheit der privaten Anbieter und Vermittler von Sportwetten verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen.
Das VG Berlin hat die Berufung gegen dieses Urteil ausdrücklich zugelassen, über die das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zu entscheiden hat. Angesichts der Tragweite der Entscheidung, mit der der Glücksspielstaatsvertrag für rechtlich nicht haltbar erklärt wird, ist davon auszugehen, dass das Land Berlin dieses Rechtsmittel einlegen wird. Bis auf Weiteres ist das staatliche Monopol jedoch faktisch beendet, da der Sportwettenmarkt in Berlin nicht mehr – wie bisher – gegenüber staatlich zugelassenen Buchmachern aus anderen EU-Mitgliedstaaten abgeschottet werden kann.
aus: Sportwettenrecht aktuell Nr. 109
Donnerstag, 10. Juli 2008
OVG Lüneburg setzt Hauptsacheverfahren zur privaten Sportwettvermittlung bis zu einer einschlägigen Entscheidung des EuGH aus
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat am 08.07.2008 (Az. 11 MC 489/07 und 11 MC 71/08) sowohl im Eilverfahren als auch in der Hauptsache zur privaten Sportwettvermittlung in Niedersachsen aufgrund der neuen Rechtslage seit dem 1.1.2008 entschieden.
In der Hauptsache hat das Lüneburger Gericht die Entscheidung vertagt, um eine einschlägige Entscheidung des EuGH abzuwarten. Begründet wurde dies in der mündlichen Verhandlung damit, dass es überwiegend dafür spreche, dass der Glückspielmarkt insgesamt schlüssig geregelt sein müsse. Der EuGH wird über diese sogenannte Kohärenz aber bald entscheiden. Ob die niedersächsische Gesetzeslage diese Stimmigkeit aufweise, müsse anschließend im weiteren Hauptsacheverfahren geprüft werden. Namentlich angesprochen hat das OVG insoweit die gesetzlichen Regelungen zu den ebenfalls privaten Geldspielautomaten und den privatisierten Spielbanken.
Den Eilantrag des in Osnabrück tätigen Buchmachers und Mitglied des Deutschen Buchmacherverbandes (DBV), Henry Kalkmann, ihm als privaten Sportwettvermittler bis dahin vorläufig die Betätigung weiter zu gestatten, hat das Oberverwaltungsgericht indessen abgewiesen.
Aus Sicht des Deutschen Buchmacherverbandes ist die damit entstandene Lage rechtsstaatlich unbefriedigend. Trotz ernster Zweifel an der Rechtmäßigkeit des staatlichen Vorgehens gestattet das OVG dem Land, vollendete Tatsachen zu schaffen.
"Die Situation erinnert an diejenige im Frühjahr 2005", so Vorstandssprecher Dr. Norman Albers. "Auch damals sah sich das Innenministerium vom OVG Lüneburg bestätigt. Ein Jahr später wurde die seinerzeitige Rechtslage allerdings vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe als verfassungswidrig kassiert."
Der betroffene Buchmacher Henry Kalkmann ergänzt: "Dieses zweideutige "sowohl als auch" versteht kein Mensch mehr. Die Kunden können übrigens völlig legal im Internet bei Sportwetten Gera oder bei bwin in Sachsen wetten. Ich werde mein Wettbüro in Osnabrück nun schließen, weil es nur für Pferdewetten nicht rentabel ist."
Quelle: Deutscher Buchmacherverband Essen e.V.
In der Hauptsache hat das Lüneburger Gericht die Entscheidung vertagt, um eine einschlägige Entscheidung des EuGH abzuwarten. Begründet wurde dies in der mündlichen Verhandlung damit, dass es überwiegend dafür spreche, dass der Glückspielmarkt insgesamt schlüssig geregelt sein müsse. Der EuGH wird über diese sogenannte Kohärenz aber bald entscheiden. Ob die niedersächsische Gesetzeslage diese Stimmigkeit aufweise, müsse anschließend im weiteren Hauptsacheverfahren geprüft werden. Namentlich angesprochen hat das OVG insoweit die gesetzlichen Regelungen zu den ebenfalls privaten Geldspielautomaten und den privatisierten Spielbanken.
Den Eilantrag des in Osnabrück tätigen Buchmachers und Mitglied des Deutschen Buchmacherverbandes (DBV), Henry Kalkmann, ihm als privaten Sportwettvermittler bis dahin vorläufig die Betätigung weiter zu gestatten, hat das Oberverwaltungsgericht indessen abgewiesen.
Aus Sicht des Deutschen Buchmacherverbandes ist die damit entstandene Lage rechtsstaatlich unbefriedigend. Trotz ernster Zweifel an der Rechtmäßigkeit des staatlichen Vorgehens gestattet das OVG dem Land, vollendete Tatsachen zu schaffen.
"Die Situation erinnert an diejenige im Frühjahr 2005", so Vorstandssprecher Dr. Norman Albers. "Auch damals sah sich das Innenministerium vom OVG Lüneburg bestätigt. Ein Jahr später wurde die seinerzeitige Rechtslage allerdings vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe als verfassungswidrig kassiert."
Der betroffene Buchmacher Henry Kalkmann ergänzt: "Dieses zweideutige "sowohl als auch" versteht kein Mensch mehr. Die Kunden können übrigens völlig legal im Internet bei Sportwetten Gera oder bei bwin in Sachsen wetten. Ich werde mein Wettbüro in Osnabrück nun schließen, weil es nur für Pferdewetten nicht rentabel ist."
Quelle: Deutscher Buchmacherverband Essen e.V.
Mittwoch, 9. Juli 2008
SPD NRW: Kontrolle des Glücksspielmarktes
Als äußerst beunruhigend bezeichnete Wolfram Kuschke, Sprecher der SPD-Landtagsfraktion im Hauptausschuss, die aktuelle Entwicklung auf dem Sportwettenmarkt in Nordrhein-Westfalen:
“Der Einbruch der Erlöse aus der staatlichen Sportwette Oddset um fast 19 Prozent im ersten Halbjahr 2008 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass der neue Glücksspielstaatsvertrag seinen Zweck nicht erfüllt. Es ist offensichtlich, dass nicht weniger gewettet wird, sondern das Geld jetzt nur in privaten Taschen landet. Im Vorfeld der Fussball-EM haben ausländische private Anbieter von Sportwetten massiv in den deutschen Medien geworben.
Man konnte dieser Werbung kaum entgehen. Im Internet findet dies angesichts des baldigen Bundesligastarts derzeit seine Fortsetzung. Es scheint, als würde die schwarz-gelbe Landesregierung das staatliche Monopol nicht mehr durchsetzen können und ihr die Kontrolle des Glücksspielmarktes zunehmend entgleiten.” Vor allem um die Empfänger der Einnahmen aus den staatlichen Glücksspielerlösen mache Kuschke sich Sorgen: “Die Empfänger, die mit diesem Geld viele gute Projekte in den Bereichen Soziales, Kultur und Sport finanzieren, leiden seit Jahren an den rückläufigen Einnahmen.
Bei den meisten ist das Ende der Fahnenstange mittlerweile erreicht. Einen weiteren Rückgang können die meisten nicht mehr verkraften. Hier werden wir über neue Wege der Finanzierung nachdenken müssen.” Der SPD-Politiker erinnerte daran, dass die Landesregierung im Dezember 2007 im Zuge der Novellierung des Glücksspielstaatsvertrages ein neues Verteilungsmodell für die Empfänger der Glücksspielerlöse aus Oddset, Spiel 77, Rubbelloslotterie und KENO beschlossen habe.
“Die Erlöse werden seitdem zu einem Gesamtbetrag zusammengefasst, aus dem alle Empfänger bedient werden. Die bis dato gültigen Fixbeträge wurden abgeschafft. Der Rückgang der Glücksspielerträge trifft somit alle Empfänger gleichermaßen. Einer Kompensation verweigert sich die CDU/FDP-Koalition aber nach wie vor”, kritisierte Kuschke abschließend.
www.spd-web.de
“Der Einbruch der Erlöse aus der staatlichen Sportwette Oddset um fast 19 Prozent im ersten Halbjahr 2008 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass der neue Glücksspielstaatsvertrag seinen Zweck nicht erfüllt. Es ist offensichtlich, dass nicht weniger gewettet wird, sondern das Geld jetzt nur in privaten Taschen landet. Im Vorfeld der Fussball-EM haben ausländische private Anbieter von Sportwetten massiv in den deutschen Medien geworben.
Man konnte dieser Werbung kaum entgehen. Im Internet findet dies angesichts des baldigen Bundesligastarts derzeit seine Fortsetzung. Es scheint, als würde die schwarz-gelbe Landesregierung das staatliche Monopol nicht mehr durchsetzen können und ihr die Kontrolle des Glücksspielmarktes zunehmend entgleiten.” Vor allem um die Empfänger der Einnahmen aus den staatlichen Glücksspielerlösen mache Kuschke sich Sorgen: “Die Empfänger, die mit diesem Geld viele gute Projekte in den Bereichen Soziales, Kultur und Sport finanzieren, leiden seit Jahren an den rückläufigen Einnahmen.
Bei den meisten ist das Ende der Fahnenstange mittlerweile erreicht. Einen weiteren Rückgang können die meisten nicht mehr verkraften. Hier werden wir über neue Wege der Finanzierung nachdenken müssen.” Der SPD-Politiker erinnerte daran, dass die Landesregierung im Dezember 2007 im Zuge der Novellierung des Glücksspielstaatsvertrages ein neues Verteilungsmodell für die Empfänger der Glücksspielerlöse aus Oddset, Spiel 77, Rubbelloslotterie und KENO beschlossen habe.
“Die Erlöse werden seitdem zu einem Gesamtbetrag zusammengefasst, aus dem alle Empfänger bedient werden. Die bis dato gültigen Fixbeträge wurden abgeschafft. Der Rückgang der Glücksspielerträge trifft somit alle Empfänger gleichermaßen. Einer Kompensation verweigert sich die CDU/FDP-Koalition aber nach wie vor”, kritisierte Kuschke abschließend.
www.spd-web.de
Dienstag, 8. Juli 2008
BGH verschiebt Urteil in der den Deutschen Lotto- und Totoblock betreffenden Kartellsache
Der Bundesgerichtshof (BGH) wird nach einer Meldung der Nachrichtenagentur ddp erst am 14. August 2008 darüber entscheiden, ob die regionale Aufteilung unter den 16 Bundesländern im staatlichen Lottovertrieb mit dem Kartellrecht vereinbar ist. Der Kartellsenat des BGH verschob heute überraschend den Termin für die Urteilsverkündung. BGH-Präsident Klaus Tolksdorf sagte zur Begründung, in der letzten Senatsberatung seien neue Schwierigkeiten und Zweifel zur Sprache gekommen. Die Sache sei «zu wichtig, um überstürzt zu werden».
Das im Blockvertrag festgelegte, sogenannte Regionalitätsprinzip besagt, dass die Lottogesellschaften ihre Lotterien und Sportwetten nur innerhalb ihres jeweiligen Landesgebiets veranstalten. Das Bundeskartellamt verlangt dagegen eine Lockerung. Aus Sicht des Kartellamts handelt es sich um eine unzulässige Gebietsaufteilung, die nicht mit der Bekämpfung der Spielsucht gerechtfertigt werden könne.
Dagegen sind die Landeslotteriegesellschaften vorgegangen. Nun muss der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs über die Rechtsbeschwerde der Lottogesellschaften gegen das Urteil des OLG Düsseldorf entscheiden (Az. KVR 54/07).
Das im Blockvertrag festgelegte, sogenannte Regionalitätsprinzip besagt, dass die Lottogesellschaften ihre Lotterien und Sportwetten nur innerhalb ihres jeweiligen Landesgebiets veranstalten. Das Bundeskartellamt verlangt dagegen eine Lockerung. Aus Sicht des Kartellamts handelt es sich um eine unzulässige Gebietsaufteilung, die nicht mit der Bekämpfung der Spielsucht gerechtfertigt werden könne.
Dagegen sind die Landeslotteriegesellschaften vorgegangen. Nun muss der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs über die Rechtsbeschwerde der Lottogesellschaften gegen das Urteil des OLG Düsseldorf entscheiden (Az. KVR 54/07).
Verwaltungsgericht Freiburg gewährt Sportwettenvermittler Vollstreckungsschutz: Sportwettenmonopol europarechtswidrig
von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG
Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Freiburg hatte kürzlich in vier Hauptsache-Entscheidungen das staatliche Sportwettenmonopol für europarechtswidrig erklärt und daher Untersagungsverfügungen des Regierungspräsidiums Karlsruhe aufgehoben (Urteile vom 16. April 2008, Az. 1 K 2683/07, 1 K 2063/06, 1 K 2066/06 und 1 K 2052/06). Dieser rechtlichen Beurteilung schloss sich nunmehr die 3. Kammer des VG Freiburg in einem Eilverfahren an. Die von Frau Rechtsanwältin Alice Wotsch von der Kanzlei ARENDTS ANWÄLTE (www.wettrecht.de) vertretene Vermittlerfirma kann damit weiterhin Sportwetten an ihren Vertragspartner, einen in der EU staatlich zugelassenen Buchmacher vermitteln (Beschluss vom 30. Juni 2008, Az. 3 K 1113/08).
Der Schutzantrag ist nach Ansicht des Gerichts unabhängig von der Frage, ob die Antragstellerin überhaupt Veranstalter des Glücksspiels sei, begründet. Angesichts der Feststellung der Europarechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols des Landes Baden-Württemberg überwiege das Interesse der Vermittlerfirma, bis zur Rechtskraft der Hauptsache von Vollzugsfolgen verschont zu bleiben, gegenüber dem öffentlichen Vollzugsinteresse. Auch sei nicht ersichtlich, dass von der Sportwettenvermittlung derzeit konkrete Gefahren ausgingen.
aus: Sportwettenrecht aktuell Nr. 108
Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Freiburg hatte kürzlich in vier Hauptsache-Entscheidungen das staatliche Sportwettenmonopol für europarechtswidrig erklärt und daher Untersagungsverfügungen des Regierungspräsidiums Karlsruhe aufgehoben (Urteile vom 16. April 2008, Az. 1 K 2683/07, 1 K 2063/06, 1 K 2066/06 und 1 K 2052/06). Dieser rechtlichen Beurteilung schloss sich nunmehr die 3. Kammer des VG Freiburg in einem Eilverfahren an. Die von Frau Rechtsanwältin Alice Wotsch von der Kanzlei ARENDTS ANWÄLTE (www.wettrecht.de) vertretene Vermittlerfirma kann damit weiterhin Sportwetten an ihren Vertragspartner, einen in der EU staatlich zugelassenen Buchmacher vermitteln (Beschluss vom 30. Juni 2008, Az. 3 K 1113/08).
Der Schutzantrag ist nach Ansicht des Gerichts unabhängig von der Frage, ob die Antragstellerin überhaupt Veranstalter des Glücksspiels sei, begründet. Angesichts der Feststellung der Europarechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols des Landes Baden-Württemberg überwiege das Interesse der Vermittlerfirma, bis zur Rechtskraft der Hauptsache von Vollzugsfolgen verschont zu bleiben, gegenüber dem öffentlichen Vollzugsinteresse. Auch sei nicht ersichtlich, dass von der Sportwettenvermittlung derzeit konkrete Gefahren ausgingen.
aus: Sportwettenrecht aktuell Nr. 108
EuGH: Wettvermittlung nicht nach der Sechsten Umsatzsteuerrichtlinie steuerbefreit
von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat kürzlich entschieden, dass die an einen Sportwettenvermittler gezahlte Provision nicht umsatzsteuerbefreit ist (Beschluss vom 14. Mai 2008, verbundene Rechtssachen C-231/07 und C-232/07). Das Berufungsgericht Brüssel (Cour d’appel Bruxelles) hatte den EuGH um Klärung gebeten, ob eine Befreiung nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der Sechsten Umsatzsteuerrichtlinie in Betracht komme, nach der Vermittlungsumsätze bei bestimmten Finanzdienstleistungen steuerbefreit sind. Dies lehnte der EuGH aufgrund einer Auslegung dieser Richtlinie ab. Betroffen sind in den belgischen Ausgangsverfahren Tabakwarenhändler („buralistes“), die Wetten auf Rechnung eines Buchmachers angenommen und den Wettkunden Gewinne ausgezahlt hatten.
Tenor der EuGH-Entscheidung:
Der Begriff "Umsätze - einschließlich der Vermittlung - im Einlagengeschäft und ... im Zahlungsverkehr" in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass er nicht die Dienstleistung eines für Rechnung eines Vollmachtgebers, der den Abschluss von Wetten auf Pferderennen und andere Sportereignisse betreibt, handelnden Vertreters erfasst, die darin besteht, dass dieser Vertreter die Wetten im Namen des Vollmachtgebers annimmt, die Wetten aufzeichnet, dem Kunden durch die Ausgabe eines Belegs den Abschluss der Wette bestätigt, die Gelder vereinnahmt, die Gewinne auszahlt, gegenüber dem Vollmachtgeber die alleinige Verantwortung für die Verwaltung der Gelder und für deren Diebstahl und/oder Verlust trägt und für diese Tätigkeit vom Vollmachtgeber eine Vergütung in Form einer Provision erhält.
aus: Sportwettenrecht aktuell Nr. 108
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat kürzlich entschieden, dass die an einen Sportwettenvermittler gezahlte Provision nicht umsatzsteuerbefreit ist (Beschluss vom 14. Mai 2008, verbundene Rechtssachen C-231/07 und C-232/07). Das Berufungsgericht Brüssel (Cour d’appel Bruxelles) hatte den EuGH um Klärung gebeten, ob eine Befreiung nach Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der Sechsten Umsatzsteuerrichtlinie in Betracht komme, nach der Vermittlungsumsätze bei bestimmten Finanzdienstleistungen steuerbefreit sind. Dies lehnte der EuGH aufgrund einer Auslegung dieser Richtlinie ab. Betroffen sind in den belgischen Ausgangsverfahren Tabakwarenhändler („buralistes“), die Wetten auf Rechnung eines Buchmachers angenommen und den Wettkunden Gewinne ausgezahlt hatten.
Tenor der EuGH-Entscheidung:
Der Begriff "Umsätze - einschließlich der Vermittlung - im Einlagengeschäft und ... im Zahlungsverkehr" in Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass er nicht die Dienstleistung eines für Rechnung eines Vollmachtgebers, der den Abschluss von Wetten auf Pferderennen und andere Sportereignisse betreibt, handelnden Vertreters erfasst, die darin besteht, dass dieser Vertreter die Wetten im Namen des Vollmachtgebers annimmt, die Wetten aufzeichnet, dem Kunden durch die Ausgabe eines Belegs den Abschluss der Wette bestätigt, die Gelder vereinnahmt, die Gewinne auszahlt, gegenüber dem Vollmachtgeber die alleinige Verantwortung für die Verwaltung der Gelder und für deren Diebstahl und/oder Verlust trägt und für diese Tätigkeit vom Vollmachtgeber eine Vergütung in Form einer Provision erhält.
aus: Sportwettenrecht aktuell Nr. 108