- Schlussantrag im Verfahren über die „Millionenchance“ des Discounters „PLUS“
- Urteil des Europäischen Gerichtshofs bleibt abzuwarten
In dem Verfahren der Wettbewerbszentrale gegen den Discounter „PLUS“ hat die zuständige Generalanwältin beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) heute in einem Vorabentscheidungsverfahren (C-304/08) zur Frage der Vereinbarkeit des § 4 Nr. 6 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) mit dem Europäischen Gemeinschaftsrecht ihre Schlussanträge vor dem EuGH gestellt. Darin kommt sie zu dem Ergebnis, dass Art. 5 Abs. 2 der europäischen Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken dem in § 4 Nr. 6 UWG normierten deutschen Verbot der Kopplung von Gewinnspielen mit dem Absatz von Waren und Dienstleistungen in seiner Auslegung und Anwendung durch die deutschen Gerichte entgegensteht.
„Sollte sich der EuGH der Auffassung der Generalanwältin anschließen, wären derartige Gewinnspiele künftig grundsätzlich erlaubt. Allerdings müssten die deutschen Gerichte künftig genau prüfen, ob Gewinnspielkopplungen aufgrund der Umstände im Einzelfall nicht der fachlichen Sorgfalt eines Kaufmanns entsprechen und die Interessen der Verbraucher beeinträchtigen,“ erklärte Dr. Reiner Münker, Geschäftsführendes Präsidiumsmitglied der Wettbewerbszentrale, in einer ersten Einschätzung.
Hintergrund des vom Bundesgerichtshof beim EuGH eingeleiteten Vorabentscheidungsverfahrens ist ein Rechtstreit der Wettbewerbszentrale mit dem Discounter PLUS über die Zulässigkeit einer von diesem durchgeführten Bonusaktion. Das Unternehmen hatte die Aktion „Ihre Millionenchance“ mit dem Hinweis beworben „Einkaufen, Punke sammeln, gratis Lotto spielen“ und den Kunden die Möglichkeit eröffnet, durch das Sammeln von Bonuspunkten beim Einkauf von Waren an den Ziehungen des deutschen Lottoblocks kostenlos teilzunehmen. Nachdem die Aktion in der Vorinstanz auf Antrag der Wettbewerbszentrale als Verstoß gegen das Kopplungsverbot des § 4 Nr. 6 UWG verboten worden war, hatte der Bundesgerichtshof in der Revisionsinstanz aufgrund Zweifeln über die Vereinbarkeit mit der EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken die Sache dem EuGH zur Vorabentscheidung dieser Frage vorgelegt.
Ausschlaggebend für die Vorlage des Bundesgerichtshof war seine höchstrichterliche Auslegung der deutschen Vorschrift quasi als per-se-Verbot, das derartige Kopplungen grundsätzlich und unabhängig davon untersage, ob im konkreten Einzelfall eine unsachliche Beeinflussung der Verbraucher vorliege und damit die Interessen der Verbraucher beeinträchtigt werden. Damit waren an den Absatz gekoppelte Gewinnspiele in Deutschland faktisch bisher generell verboten. Da die europäische Lauterkeitsrichtlinie ein solches grundsätzliches Verbot weder in der im Anhang befindlichen sog. Schwarzen Liste enthalte und auch an anderer Stelle nicht ausdrücklich normiere und die Richtlinie andererseits den nationalen Mitgliedstaaten weitergehende als die in der Richtlinie normierten Verbote untersage, hatte der BGH Zweifel, ob das deutsche Verbot richtlinienkonform ist.
Die Generalanwältin macht in ihrem Schlussantrag deutlich, dass das grundsätzliche deutsche Kopplungsverbot des § 4 Nr. 6 UWG in seiner Auslegung durch die deutschen Gerichte als stets erhebliche Wettbewerbsverletzung einer richtlinienkonformen Auslegung nicht entspreche und darauf hinaus laufe, die im Anhang der Richtlinie enthaltene abschließende Liste verbotener Geschäftspraktiken zu erweitern, was den Mitgliedstaaten aufgrund der vollständigen Harmonisierung gerade verwehrt sei. Kopplungsangebote dürften nach der EU-Richtlinie im Prinzip nur verboten werden, wenn sie unlautere Geschäftspraktiken darstellten, also etwa irreführend oder aggressiv im Sinne dieser Richtlinie seien. Dabei müsse im Rahmen der Generalklausel des Art. 5 der Lauterkeitsrichtlinie jedoch vom nationalen Gericht eine umfassende Würdigung der Umstände des Einzelfalls vorgenommen werden.
Allerdings macht die Generalanwältin auch deutlich, dass grundsätzlich derartige Geschäftspraktiken (Kopplung von Gewinnspiel und Warenabsatz) manipulatorische Elemente aufweisen und unter Umständen den Erfordernissen der beruflichen Sorgfalt im Sinne der Lauterkeitsrichtlinie widersprechen können. Damit können nach Auffassung der Generalanwältin Gewinnspiele im Handel zwar nicht per-se verboten werden, im Einzelfall aber doch als unlauter gegen die Generalklausel des Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken verstoßen.
Nunmehr bleibt die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in dieser Sache abzuwarten. Der Gerichtshof ist grundsätzlich nicht an die Auffassung der Generalanwälte gebunden. In der Vergangenheit ist der EuGH allerdings den Schlussanträgen der Generalanwälte in zahlreichen Fällen gefolgt.
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Pressemitteilung der Wettbewerbszentrale
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