von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L-HSG
Die binnengrenzüberschreitende Vermittlung von Verträgen über Sportwetten war zumindest bis in das Jahr 2012 bereits objektiv nicht strafbar. Deswegen hat kürzlich das Amtsgericht Augsburg den Freispruch eines von der Rechtsanwaltskanzlei ARENDTS ANWÄLTE vertretenen Sportwettenvermittler bestätigt (Urteil vom 27. November 2012, Az. 12 Ds 102 Js 113892/09 (2)). Nach den zutreffenden Feststellungen des Gerichts liegt bereits objektiv eine Strafbarkeit nach § 284 StGB nicht vor. Im Übrigen könne sich der Vermittler auf einen Verbotsirrtum berufen. Das Gericht stellte zugunsten des Sportwettenvermittlers eine Entschädigungspflicht für die Strafverfolgungsmaßnahmen fest.
Das Amtsgericht hatte den Vermittler bereits Ende 2011 freigesprochen. Die Sache war allerdings vom OLG München (Urteil vom 5. Juli 2012) nach Aufhebung dieses Freispruchs an das Amtsgericht zurückverwiesen worden. Auch gegen den nunmehrigen Freispruch hat die Staatsanwaltschaft Sprungrevsion eingelegt.
Zwar hat der Angeklagte nach Ansicht des Gerichts ohne Erlaubnis Glücksspiele veranstaltet. Das staatliche Sportwettenmonopol ist allerdings nicht mit Europarecht vereinbar. Auch mit dem sog. Erlaubnisvorbehalt kann eine Strafbarkeit nicht begründet werden, sofern „die nicht erfüllte Verwaltungsformalität unter Verstoß gegen das Unionsrecht abgelehnt oder vereitelt wurde“ (unter Hinweis auf das Markus Stoß-Urteil des EuGH vom 8. September 2010, Az. C-316/07 u.a.):
„Wenn der Erlaubnisvorbehalt (trotz europarechtswidriger Ausgestaltung des staatlichen Sportwettenmonopols) wirksam bleibt, dann muss es aber für den Angeklagten auch die Möglichkeit gegeben haben eine Erlaubnis zu erhalten. Der Erlaubnisvorbehalt wäre sonst eine Verbotsvorschrift und würde wieder das europarechtswidrige Sportwettenmonopol absichern.“
Ein ergebnisoffenes Erlaubnisverfahren gab es nach den vom Amtsgericht zitierten Feststellungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht (Beschluss vom 26. Juni 2012, Az. 10 Cs 12.522). Bis zuletzt habe der Freistaat Bayern den Rechtsstandpunkt vertreten, dass eine Erlaubniserteilung gar nicht vorgesehen sei (S. 12). Das Amtsgericht Augsburg folgert hieraus (S. 13):
„Bis in das Jahr 2012 gab es zur Überzeugung des Gerichts daher kein ergebnisoffenes Erlaubnisverfahren. Der Erlaubnisvorbehalt ist aus Sicht der Verwaltung faktisch eine Verbotsvorschrift. Damit sichert der Erlaubnisvorbehalt bis heute noch das staatliche Wettmonopol ab, welches nach jetzt gefestigter Rechtsprechung europarechtswidrig ausgestaltet ist.
Insgesamt greift hier die zitierte Entscheidung des EuGH, sodass strafrechtliche Sanktionen gegen den Angeklagten nicht erfolgen dürfen.“
Eine Straflosigkeit ergibt sich im Übrigen nach Überzeugung des Amtsgerichts wegen eines Verbotsirrtums. Der Angeklagte habe der (zutreffenden) Auskunft eines auf Glücksspielrecht spezialisierten Rechtsanwalts vertrauen dürfen. Von einer Behörde hätte er keine richtige Auskunft erhalten (S. 14):
„Insbesondere kann dem Angeklagten auch keine andere behördliche Auskunftsstelle genannt werden, die ihm zutreffend Auskünfte erteilt hätte. Im Jahr 2009 war die Verwaltung der Auffassung, dass das staatliche Glücksspielmonopol europarechtskonform ausgestaltet war. Diese Auffassung war falsch.
Diese Ansicht ergibt sich nicht aus dem Untersagungsbescheid der Stadt Augsburg vom 13.05.2009, sondern auch an der bis heute vertretenen Rechtsansicht des Freistaates Bayern. Der Freistaat Bayern hat nämlich noch im Juni 2012 gegenüber dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof die Ansicht vertreten, dass die Erteilung einer Erlaubnis gar nicht zulässig sei und entsprechend ein ergebnisoffenes Erlaubnisverfahren nicht zur Verfügung gestellt.
Der Angeklagte erhielt daher die im Jahre 2009 die bestmögliche Auskunft und im Ergebnis auch richtige Auskunft. Der Irrtum war daher unvermeidbar.“
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