Pressemitteilung des Landtagsabgeordneten Arp vom 9. Juni 2010
Berlin: Die schleswig-holsteinischen Landtagsfraktionen von CDU und FDP haben heute (09. Juni 2010) ihren Vorschlag für einen neuen Glücksspielstaatsvertrag der Länder vorgestellt. Bereits Ende 2009 hatte das nördlichste Bundesland mitgeteilt, den aktuellen Glücksspielstaatsvertrag nicht zu verlängern.
Aktueller Glücksspielstaatsvertrag ist gescheitert
"Unser Ziel ist es, mindestens drei weitere Bundesländer zu finden, die unseren Kurs unterstützen. Dann könnte bereits Ende 2011 der aktuelle Vertrag beendet werden. Angesichts der Auswirkungen dieses Vertrages ist das dringend notwendig", erklärte CDU-Fraktionschef Dr. Christian von Boetticher in Berlin. Von Boetticher nannte drei wesentliche Gründe für das Scheitern des aktuellen Staatsvertrages:
1. Grund: Keine wirksame Kontrolle des Wettmarktes
Der aktuelle Staatsvertrag versage bei der Kontrolle des Wettmarktes völlig: In diesem Bereich entfielen mittlerweile 94 Prozent des Marktanteils auf unregulierte Anbieter. 2009 seien nur 500 Millionen Euro über reguläre Wettanbieter, wie Oddset, Fußballtoto und Pferdewetten, umgesetzt worden. Von Boetticher: „Dem standen über sieben Milliarden Euro im unregulierten Markt gegenüber. Und der Online-Glücksspielmarkt hat seit 2005 jährlich um etwa 30 Prozent zugelegt."
2. Grund: Suchtprävention nicht erfolgreich
Das Glücksspiel sei seit Inkrafttreten des aktuellen Vertrages genau in den Bereichen mit hohem Suchtpotential, insbesondere bei Geldspielautomaten, stark angestiegen. "Die Kanalisierung des spiels erfolgt durch den aktuellen Staatsvertrag genau in den falschen Bereich. Denn dieser Bereich ist unreguliert und unterliegt dementsprechend nahezu keiner Kontrolle", so von Boetticher. Eine Begrenzung des Spielangebots gerade für suchtgefährdete Spieler sei damit kaum möglich. Darüber hinaus sei gerade im unregulierten Markt die Gefahr krimineller Machenschaften besonders groß. Besonders deutlich werde diese Entwicklung, wenn auch die Zahlen im Bereich des legalen Glücksspiels betrachtet werden. Hier zeige sich exakt der gegenteilige Effekt. Der Umsatz bei legalen Lottoprodukten reduzierte sich von 9,9 Milliarden Euro (2005) auf 8,3 Milliarden Euro (2009). "Und dieser Trend setzt sich fort: Im ersten Quartal 2010 sanken die Einnahmen der staatlichen Lottogesellschaften noch einmal um mehr als 20 Prozent. Das Glücksspiel geht also seit dem Inkrafttreten des aktuellen Glücksspielstaatsvertrages ausgerechnet in dem Bereich zurück, in dem das Suchtpotential nach Meinung aller Fachleute sehr gering ist", so von Boetticher.
3. Grund: Schwarzmarkt boomt zu Lasten der Länderfinanzen
Der aufgrund des aktuellen Staatsvertrages boomende unregulierte Markt unterliegt keiner Steuer- und Abgabenpflicht. Über die nun einbrechenden Erträge des legalen Glücksspiels finanzieren die Bundesländer in hohem Maße die Förderung des Breitensports und der Kultur. "Aufs Jahr 2010 hochgerechnet werden den Ländern angesichts der durch den aktuellen Glücksspielstaatsvertrag verursachten Entwicklung 400 Millionen Euro Steuern und Zweckerträge in diesem Bereich fehlen", so von Boetticher. Ziel des Entwurfs für einen neuen Staatsvertrag sei es, über ein staatlich kontrolliertes Angebot die bestehenden Schwarzmarktstrukturen auszutrocknen. Im Ergebnis zeigt diese Entwicklung: "Wir müssen die Veranstaltung suchtgefährlicherer Glücksspiele konsequenter regulieren. Die strenge Einschränkung des Vertriebs und der Werbung bei weniger suchtgefährlichen Glücksspielen haben sich dagegen als kontraproduktiv erwiesen", stellte von Boetticher fest.
Kernpunkte des Vorschlags
FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki erläuterte den Vorschlag in seinen Kernpunkten. "Mit dem Entwurf für einen neuen Glücksspielstaatsvertrag unterbreiten wir eine sehr gute Grundlage für künftige Gespräche mit den anderen Bundesländern", so Kubicki. Dabei gehe es darum, illegale - aber faktisch vorhandene - Glücksspielvarianten zu legalisieren, um sie kontrollieren zu können.
Lottoveranstaltungen hätten sich im Monopol bewährt, so Kubicki. "Das Lotterie-Veranstaltungsmonopol bleibt erhalten. Die staatliche Veranstaltung von Lotterien mit Millionenjackpots gewährleistet das Vertrauen der Bevölkerung in die Integrität der Lotterieveranstaltung."
Die übertriebenen Werbebeschränkungen werden gelockert. Anreizende und irreführende Werbung bleibt wie bisher verboten. Online-Casinospiele und Wetten im Internet allerdings finden zur Zeit noch im Schwarzmarkt statt. Kubicki: "Ein Schutz der Spieler, eine Kontrolle und eine Kanalisierung sind zurzeit nicht möglich, und die Anbieter zahlen in Deutschland auch keinerlei Abgaben. Unser Entwurf soll hier Abhilfe schaffen und diesen Bereich in geordnete, legale Bahnen lenken."
Ziele seien ein wirksamer Jugend- und Spielerschutz sowie eine wirksame Suchtprävention und -bekämpfung. "Zugleich bietet unser Vorstoß aber auch die Möglichkeit, einen erheblichen Teil der Einnahmen für die Förderung gemeinnütziger und mildtätiger Zwecke zu verwenden", stellte der FDP-Politiker fest.
Der Vertrieb von Lotterien werde ebenso wie der Vertrieb von Sportwetten und Online-Casinos geöffnet. Vorgesehen sei die Einrichtung einer Prüfstelle,bei der sich die Anbieter registrieren lassen. Sie erteile nach Prüfung von Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Sachkunde die Genehmigungen, führe die Aufsicht und ziehe Gebühren ein. "Über eine Glücksspielabgabe sollen die Vertreiber 15 Prozent des Rohertrags an den Staat abführen", so Kubicki. "Der Vorschlag führt dazu, dass das Hauptanliegen des Glücksspielstaatsvertrags, nämlich die Kanalisierung des natürlichen Spieltriebs hin zu einem staatlich kontrollierten Angebot, erstmals erreicht werden kann. Schwarzmarktstrukturen werden ausgetrocknet, der deutsche Spitzensport profitiert von den Einnahmen aus dem Sponsoring, und die Schrumpfung des Lotteriemarkts in Deutschland in den vergangenen vier Jahren wird rückgängig gemacht. Von der Einnahmeerhöhung bei Lotto,Sozial- und Klassenlotterien profitieren die öffentlichen Haushalte und insbesondere der deutsche Breitensport sowie die Freie Wohlfahrtspflege", sagte Kubicki abschließend.
Offene Fragen
Der CDU-Abgeordnete Hans-Jörn Arp erläuterte das weitere Vorgehen. Er stellte fest, dass der Vorschlag im Einklang mit dem europäischen Recht stehe. So sei er eng an der dänischen Regelung ausgerichtet, die bereits von der Kommission notifiziert wurde. "Wir haben jedoch ganz bewusst einzelne Bereiche noch nicht abschließend geregelt. Dies soll in den nächsten Monaten in enger Abstimmung mit den anderen Bundesländern und teilweise auch dem Bund erfolgen", so Arp.
Geldspielautomaten
So unterliege das Automatenspiel bislang nur in Spielbanken der Regulierung. Gerade in diesem Bereich mit dem nachweislich höchsten Suchtpotential seien die höchsten Umsätze und das größte Wachstum zu verzeichnen. "Wer es mit dem Spielerschutz ernst meint, der muss gerade diesen Bereich der Regulierung unterwerfen", erklärte der CDU-Politiker. Strafabgabe für illegales Angebot Darüber hinaus seien empfindliche Strafen für diejenigen Anbieter für erforderlich, die sich nicht an die aufgestellten Regeln halten. Nur so werde es gelingen, einen funktionierenden und den geltenden Regeln unterworfenen Markt zu errichten. "Wir sehen am Beispiel des aktuellen Staatsvertrages, wohin Regeln führen, die nicht sanktioniert werden – in einen blühenden Schwarzmarkt", sagte Arp. Zu klären sei deshalb in den anstehenden Verhandlungen die konkrete Ausgestaltung sowie die Höhe dieser Strafabgabe.
Einrichtung einer Sperrdatei
Der Schutz der Spieler vor sich selbst gebiete darüber hinaus die Einrichtung einer Sperrdatei gerade für Spiele im Internet. Zu klären seien die Kriterien, nach denen eine Sperrung sowie deren Aufhebung erfolgen sollen. Die Ausgestaltung der Sperrdatei sei insbesondere unter den Gesichtspunkten des Datenschutzes zu prüfen. Schleswig-Holstein habe mit Thilo Weichert einen der angesehensten Datenschützer in Deutschland. Arp: "Das schleswig-holsteinische Datenschutzzentrum hat bereits ein Projekt zu Datenschutz in Online-Spielen abgeschlossen. Wir werden deshalb eng mit unseren Datenschützern zusammen arbeiten". Weitere zu klärende Punkte seien die genaue Ausgestaltung der Vermittlung und des Vertriebes von Online-Casinospielen sowie steuer- und abgaberechtliche Fragen.
Den Entwurf für einen neuen Glücksspielstaatsvertrag und das dazugehörige Eckpunktepapier der Landtagsfraktionen von CDU und FDP finden sie unter:
Entwurf des Glückspielstaatsvertrags:
http://www.cdu.ltsh.de/media/gluecksspielstaatsvertrag.pdf
Eckpunktepapier zum Entwurf des Glückspielstaatsvertrags:
http://www.cdu.ltsh.de/media/eckpunktepapier.pdf
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