Freitag, 18. Januar 2013

BVDW zur neuen Richtlinie für Werbung nach dem Glückspielstaatsvertrag

Mit der Revision des Glücksspielstaatsvertrags 2011 wurde auch das Werbeverbot für öffentliches Glücksspiel im Internet und im Fernsehen gelockert. Damit steht Werbung für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten allerdings unter dem strikten Vorbehalt der Genehmigung durch die Länder.

Die bereits zum 1. Februar 2013 in Kraft tretende Werberichtlinie konkretisiert nun die ausgesprochen strengen Voraussetzungen, unter denen Werbung für die genannten Inhalte erlaubt wird und hat folgende Regelungsinhalte:

Erfasst werden alle Arten erlaubter Werbung für konkreter Produkte sowie für Dachmarken und die Imagewerbung.
  • Unter die Richtlinie fallen alle Werbenden, also nicht nur Veranstalter oder Vermittler von Glücksspiel, sondern auch denjenigen, der Werbung kommuniziert.
  • Die Schaltung von Werbung im Internet unterliegt strengen Vorgaben hinsichtlich Inhalt, Platzierung, der Dauer der Einblendung und der Warnhinweise.
  • Die Werbung muss zwingend vorab genehmigt werden (§ 14) von einer zentralen Genehmigungsstelle, die von den Bundesländern eingerichtet wurde.
  • Dies gilt für einzelne Werbemaßnahmen im TV oder im Internet ebenso wie für als Werbekonzepte gebündelte Maßnahmen.
Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. sieht in diesen Regelungen eine unverhältnismäßige Vorabzensur und hat sich an der vom ZAW koordinierten Stellungnahme an die zuständigen Minister der Bundesländer beteiligt. Vorgeschlagen wurde als Alternative zum Genehmigungsverfahren nach § 14 der Richtlinie ein Erlaubnisverfahren ohne Zensurvorbehalt. Die Bundesländer haben auf diesen Vorschlag bislang nicht reagiert.

Davon abgesehen prüft derzeit auch die Europäische Kommission die Vereinbarkeit der Werberichtlinie mit Europarecht und hat bereits Zweifel an der Notwendigkeit eines solchen Erlaubnisvorbehalts geäußert. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) entspricht ein Werbeerlaubnisverfahren nur dann den Vorgaben des Europarechts, wenn eine behördliche Genehmigung auf „objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruht“. Nur so könne der „Ermessensausübung durch die nationalen Behörden hinreichende Grenzen gesetzt werden.“ Diesen Voraussetzungen entspricht die verfahrensbezogene und inhaltliche Ausgestaltung des § 14 nicht.

Der BVDW wird die Haltung der Europäischen Kommission weiter beobachten und seine Mitgliedsunternehmen zeitnah über Neuerungen unterrichten. Davon abgesehen plant der Verband im Februar ein Whitepaper zu erstellen, um über die konkrete Handhabung der Werberichtlinie in der Praxis – etwa bei der Erstellung von Online-Werbung – zu informieren.
 

Mittwoch, 16. Januar 2013

ZAW: Glücksspielwerbung: Zensur-Behörde für TV und Internet - Deutsche Werberichtlinie verfassungswidrig

Pressemitteilung des ZAW
 
BERLIN (zaw) - Unternehmen der Glücksspieldienstleister sollen ab dem 1. Februar ihre Fernseh- und Internetwerbung einer Behörde zur Vorabprüfung vorlegen. Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW hat dieses in der sogenannten Werberichtlinie vorgesehene Verfahren als "verfassungswidrige Zensur von Werbemaßnahmen" bewertet, die auch europarechtlich keinen Bestand haben kann.
 
Schwerwiegende verfassungsrechtliche Bedenken

Das vorgesehene Verfahren stellt einen Verstoß gegen das Zensurverbot des Artikel 5 Absatz 1 Satz 3 GG dar. Werbung unterfällt nach der langjährigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Meinungsfreiheit. Zensur ist jede inhaltliche Vorabkontrolle, von der die Erlaubnis zu einer Veröffentlichung abhängig gemacht wird. Bereits die Existenz eines entsprechenden Verfahrens stellt nach der Rechtsprechung des BVerfG einen Verstoß gegen das Zensurverbot dar. Weiter ist es verfassungsrechtlich bereits äußerst fragwürdig, ob das die Werberichtlinie beschließende Glücksspielkollegium als Gremium von Behördenvertretern der Bundesländer (außer Schleswig-Holstein) im Bereich der Länderkompetenzen im Mehrheitsverfahren derartige Vorschriften erlassen kann.

Faktisches Werbeverbot

Das Erlaubnisverfahren ist zudem so langwierig und komplex, dass mittel- und erst recht kurzfristigen Werbeaktivitäten von vorneherein faktisch der Boden entzogen wird. Bereits die zur Prüfung vorzulegenden Informationen zu den geplanten Werbemaßnahmen sind von den Unternehmen vorab kaum zu erbringen. "Auf die notwendigen Bedingungen für die Kreation, Produktion und Schaltung effizienter Markt-Kommunikation nimmt die Richtlinie keinerlei Rücksicht. Der Glücksspielstaatsvertrag gibt das gewählte Procedere auch nicht vor. Mit dem unpraktikablen, behördlich gesteuerten Zensurverfahren wird außerdem das Ziel des Staatsvertrags, die Eindämmung des unregulierten Schwarzmarkts durch einen funktionierenden legalen Glücksspielmarkt, nicht zu erreichen sein", stellt ein Sprecher des ZAW fest.

Die deutschen Länder mussten ihr Monopol aus dem alten Glücksspiel-Staatsvertrag streichen, um nicht mit EU-Recht zu kollidieren. Entsprechend sieht der im Juli 2012 in Kraft getretene neue Staatsvertrag die Öffnung des Markts auch für private Anbieter vor. "Mit dem Zensurverfahren der Werberichtlinie wollen sich die Bundesländer offensichtlich Einblick in die Kommunikationsaktivitäten der privaten Konkurrenten verschaffen und sich die Steuerung des Markts vorbehalten", sagte ein Sprecher des ZAW in Berlin.

Zukunft der Werberichtlinie ungewiss

Die Europäische Kommission hat im Dezember 2012 in einer ausführlichen Stellungnahme bereits Zweifel an der Rechtmäßigkeit des in der Werberichtlinie geplanten Erlaubnisvorbehalts für Werbung in Internet und TV angemeldet. Der ZAW hat die zuständigen Minister und Staatskanzleien der Bundesländer daher nochmals aufgefordert, für rechtlich einwandfreie und praktikable Bedingungen für die Glücksspielwerbung Sorge zu tragen. Entsprechende Vorschläge liegen den Bundesländern vor.

Kontakt: Volker Nickel, Mobil: 0172 / 251 77 82