Einen Tag nach der Entscheidung, das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland fortzusetzen, hat Brüssel zum zweiten Mal in dieser Woche den deutschen Länderchefs die rote Karte gezeigt. In einer so genannten „detailed opinion“ beanstandet die EU-Kommission das Internetverbot als europarechtswidrig. Das Schreiben wird bei der Bundesregierung und dem federführenden Bundesland Niedersachsen wenig Freude aufkommen lassen. Da der Glücksspielstaatsvertrag nun für einen Monat ausgesetzt werden muss, kann dieser nicht – wie geplant – in den Länderparlamenten ratifiziert werden. Die Länder müssen sich zunächst mit der Kommission über eine europarechtkonforme Neuregelung abstimmen.
„Wir beglückwünschen die EU-Kommission zu ihrer eindeutigen und couragierten Entscheidung, den Staatsvertrag nicht zu notifizieren. Der deutsche Gesetzentwurf ist so offensichtlich gemeinschaftsrechtswidrig, dass die Kommission darüber einfach nicht hinwegsehen konnte“, kommentiert Markus Maul, Präsident des Verbands Europäischer Wettunternehmer (VEWU) die Entscheidung der Kommission. Die Kommission beanstandet, dass für die genannten Gefahren der Spielsucht keine Nachweise geliefert werden und dass keine Folgenabschätzung oder Studien durchgeführt wurden, um die in dem Entwurf enthaltenen Restriktionen zu rechtfertigen. Darüber hinaus hat die Kommission Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Mittel. Hierzu heißt es in der offiziellen Stellungnahme der EU: „Obwohl die Bekämpfung der Spielsucht und der Jugendschutz zwingende Gründe des öffentlichen Interesses darstellen, … ist die Kommission der Ansicht, dass das vollständige Verbot von Lotterien und Sportwetten im Internet … keine geeignete Maßnahmen zum Erreichen der Ziele der Spielsuchtbekämpfung und des Jugendschutzes sein könnte und dass es als unverhältnismäßig eingestuft werden könnte, da es weniger einschränkende Maßnahmen zum Erreichen der oben genannten Ziele gibt“.
„Die Kommission spricht uns aus der Seele, sie bestätigt die Argumente, die wir seit Jahren vortragen. Und was für das Internet gilt, gilt auch für Wettbüros. Denn es ist genauso unverhältnismäßig und diskriminierend, einerseits den stationären Sportwettmarkt für private Anbieter total zu schließen und andererseits weiterhin die staatliche Sportwette am Kiosk anzubieten. Daran kann es spätestens jetzt auch innerhalb der Politik keine Zweifel mehr geben. Den Ländern bleibt nur der Weg, den Sportwettenmarkt auch für Private zu öffnen. Geeignete Regelungen zum Schutz des Verbrauchers und Minderjähriger hat unser Verband bereits vorgelegt. Wir sind weiterhin zu konstruktiven Gesprächen bereit und freuen uns über neue Gesprächsbereitschaft aus den Reihen der Landesregierungen“, so Markus Maul.
Übrigens: Die Meldung der niedersächsischen Lotteriegesellschaft zu den angeblichen Plänen des Deutschen Lottoblocks, schon bald Eurolotto und Mega-Jackpots in Deutschland einzuführen, lässt einen vor dem Hintergrund der aktuellen Nachrichten aus Brüssel schmunzeln.
Quelle: Pressemitteilung des Verbands Europäischer Wettunternehmer (VEWU) vom 23. März 2007
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