Pressemitteilung vom 22.09.2008
Das staatliche Sportwettenmonopol in Baden-Württemberg ist in seiner derzeitigen Ausgestaltung mit der Dienstleistungsfreiheit des EG-Vertrags nicht zu vereinbaren. Deshalb kann auf der Grundlage des Glücksspielstaatsvertrags die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten in Baden-Württemberg zurzeit nicht untersagt werden. Dies hat die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe mit Urteil vom 15.09.2008 entschieden und damit der Klage des Betreibers eines Wettbüros in Pforzheim stattgegeben.
Der Kläger vermittelt Sportwetten an ein Sportwettenunternehmen in Malta. Das Regierungspräsidium Karlsruhe untersagte ihm unter Berufung auf den Glücksspielstaatsvertrag und das baden-württembergische Gesetz zu dessen Ausführung, Sportwetten in Baden-Württemberg zu vermitteln und zu veranstalten.
Wie die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts in den Gründen ihres Urteils ausführte, könne die Dienstleistungsfreiheit beschränkt werden, um Suchtgefahren zu bekämpfen. Die rechtliche Ausgestaltung des staatlichen Sportwettenmonopols, so wie sie sich aus dem Glücksspielstaatsvertrag und dem baden-württembergischen Ausführungsgesetz ergebe, sei grundsätzlich insoweit eine ausreichende rechtliche Grundlage. Allerdings sei das staatliche Sportwettenmonopol in seiner derzeitigen Gestalt nicht geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Für Oddset-Top-Wetten und Oddset-Kombi-Wetten bestehe ein Monopol der staatlichen Toto-Lotto-GmbH Baden-Württemberg. Diese Gesellschaft vertreibe ihr staatliches Glücksspielangebot über etwa 3.600 Toto-Lotto-Annahmestellen, die im Wesentlichen in Zeitschriften-, Schreibwaren- und Tabakhandlungen sowie Supermärkten und Tankstellen eingerichtet seien. Dieses Vertriebssystem sei für das Jahr 2008 im baden-württembergischen Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag festgeschrieben. Insbesondere die Häufung der Annahmestellen und die Möglichkeit, über die Verkaufsstellen des Einzelhandels an den Sportwetten teilzunehmen, führten dazu, dass der Einzelne die Teilnahme an Sportwetten als alltäglich und normal ansehe. Hinzukomme, dass ein Spieler eine unbeschränkte Zahl von Spielscheinen abgeben könne und zwar jeweils an einer anderen Annahmestelle. Das Vertriebskonzept entspreche nach dem tatsächlichen Erscheinungsbild nicht dem Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren, sondern der wirtschaftlich effektiven Vermarktung einer scheinbar unbedenklichen Freizeitbeschäftigung. Hieran hätten bislang auch Bemühungen des Landes Baden-Württemberg und der Toto-Lotto-GmbH nichts geändert. Obwohl auf den Spielscheinen und in den Annahmestellen auf die Suchtgefahren hingewiesen sowie entsprechende Schulungen des Personals in den Annahmestellen durchgeführt würden, würde von der Öffentlichkeit das Angebot der staatlichen Toto-Lotto-Gesellschaft nach wie vor als unbedenklich wahrgenommen. Dies gelte auch deshalb, weil der staatliche Anbieter von Glücksspielen nach wie vor öffentlich betone, dass ein beachtlicher Teil der Erlöse dem Gemeinwohl zugute komme.
Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil vom 15.09.2008 – 2 K 1637/08 -
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das Verwaltungsgericht hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Berufung zugelassen. Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim Berufung einlegen.
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