Pressemitteilung vom 21. Juni 2010
Die Fraktionsvorsitzenden von CDU und FDP im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Dr. Christian von Boetticher und Wolfgang Kubicki, haben in einer Podiumsdiskussion gemeinsam mit Hans-Jörn Arp und Professor Martin Nolte von der CAU Kiel mit Boris Becker und Reiner Calmund vor und mit Vertretern des Schleswig-Holsteinischen Breitensports über die Auswirkungen des aktuellen Glücksspielstaatsvertrages auf die Förderung des gemeinnützigen Sports diskutiert, und ihren Änderungsvorschlag vorgestellt.
Die Diskussion mit dem heutigen Profipokerspieler Boris Becker und Sportmanager Reiner Calmund zeigte deutlich die Defizite des bestehenden Staatsvertrages auf. „In meinem Zweitwohnsitz London habe ich nie eine so kontroverse Diskussion über Glücksspiel erlebt, wie hier in Deutschland. Pokern gehört dort einfach zum Lifestyle, auch wenn es ums Geld geht“, erläuterte Becker.
In Deutschland ist Pokern um Geld außerhalb von Spielkasinos oder von diesen veranstalteten Turnieren verboten. Das gilt auch für das Internet. Regulär in Deutschland registrierte Pokerinternetseiten arbeiten deshalb nur mit Spielgeldchips ohne Bargeldäquivalent.
CDU-Fraktionschef von Boetticher erklärte, das Spiel um Geld sei im Internet allerdings nur einen Mausklick entfernt möglich. Der Spieler erkennt nicht, dass er rechtswidrig spielt. „Er ist dann in einem Markt, der keinerlei Kontrolle unterliegt, und zahlt keine Abgaben. Das ist das Problem, vor dem wir stehen“, stellte von Boetticher klar.
„Aus den Spielabgaben wird unter anderem die Förderung des
gemeinnützigen Sports finanziert. Seit dem Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrages mit seiner starren Regulierung sind die durch die Glücksspielabgabe eingenommenen Mittel eingebrochen. Trotzdem wurde das Ziel der Suchtprävention völlig verfehlt“, erklärte FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki.
Nach Aussage von Fachleuten versagt der aktuelle Staatsvertrag bei der Kontrolle des Wettmarktes völlig: In diesem Bereich entfallen mittlerweile 94 Prozent des Marktanteils auf unregulierte Anbieter. 2009 sind nur 500 Millionen Euro über reguläre Wettanbieter, wie Oddset, Fußballtoto und Pferdewetten, umgesetzt worden. Dem standen über sieben Milliarden Euro im unregulierten Markt gegenüber. Gerade der Online-Glücksspielmarkt hat seit 2005 jährlich um etwa 30 Prozent zugelegt. Der unregulierte Markt leistet keine Abgaben und damit auch keinen Beitrag zur Förderung des gemeinnützigen Sports.
Auch das starre Werbeverbot des Glücksspielstaatsvertrages führt nach Meinung der Fachleute zu einer Benachteiligung der deutschen Sportvereine:
„In Deutschland werden Wettanbieter von den Trikots der Sportmannschaften und den Banden in den Stadien verbannt. Das betrifft auch den Amateursport. Im Fernsehen sehen wir deren Logi und Internetadressen allerdings auf den Trikots und Banden der Champions-League Gegner“, erläuterte Reiner Calmund die Lage.
Nach Ansicht von Professor Martin Nolte von der CAU-Kiel könnte der Sport in Deutschland durch eine erweiterte Möglichkeit des Sponsorings Mehreinnahmen in dreistelliger Millionenhöhe erzielen.
Der Vorschlag von CDU und FDP in Schleswig-Holstein sieht vor, illegale - aber faktisch vorhandene - Glücksspielvarianten zu legalisieren, um sie kontrollieren zu können. Das Lotterie-Veranstaltungsmonopol wird erhalten,der Vertrieb von Lotterien ebenso wie der Vertrieb von Sportwetten und Online-Casinos geöffnet. Die übertriebenen Werbebeschränkungen werden gelockert. Anreizende und irreführende Werbung bleiben wie bisher verboten.
Professor Nolte betonte, dass bei einer kontrollierten Öffnung des Wettmarktes in jedem Fall die Integrität des Sports gewährleistet werden müsse. „Es muss beim Wetten wirklich um Sport gehen und nicht um die Frage, ob in der 75. Minute ein Spieler die Hose herunter lässt. Deshalb muss den Veranstaltern ein Mitspracherecht über das Wettangebot eingeräumt werden“, forderte Nolte.
FDP-Fraktionschef Kubicki stellte heraus, dass der Vorschlag von CDU und FDP für einen neuen Glücksspielstaatsvertrag nach Berechnungen von Fachleuten Schleswig-Holstein zusätzliche Mittel in Höhe von 50-70 Millionen Euro erbringen würde. Gleichzeitig könnte so der Schwarzmarkt ausgetrocknet und die Suchtprävention verbessert werden.
„Für die Förderung des gemeinnützigen Sports in Schleswig-Holstein würde das zusätzliche Mittel in Höhe von zwei bis drei Millionen Euro bedeuten“,erläuterte von Boetticher. Bislang trägt die Glücksspielabgabe zur Sportförderung 6,3 Millionen Euro bei.
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