Samstag, 10. Januar 2009

Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg stellt klar: Sportwetten privater Anbieter in Berlin weiterhin verboten

Pressemitteilung des OVG Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2009

Der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg hat zum Jahresende in mehr als 30 Beschwerdeentscheidungen im einstweiligen Rechtsschutz entschieden, dass die Annahme und Vermittlung von Sportwetten durch Private im Land Berlin nach Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrages und den dazu in Berlin erlassenen Ausführungsvorschriften weiterhin unzulässig ist und die unerlaubte Betätigung mit sofortiger Wirkung verboten werden kann.

Soweit das Verwaltungsgericht inzwischen bereits in mehreren Klageverfahren in der Hauptsache entschieden hat, dass die Neuregelung des Glückspielsstaatsvertrages verfassungs- und gemeinschaftsrechtswidrig sei, soweit damit am staatlichen Sportwettenmonopol festgehalten werde, sind diese Entscheidungen nicht rechtskräftig; insoweit sind Berufungsverfahren des Landes Berlin beim Oberverwaltungsgericht anhängig.

Nach der Begründung des Oberverwaltungsgerichts in den Beschwerdeentscheidungen, die die anderslautenden Hauptsacheentscheidungen des Verwaltungsgerichts bereits berücksichtigt, sind die Einwände gegen die neue Rechtslage nicht von solchem Gewicht, dass es geboten wäre, entgegen der klaren Absicht des Gesetzgebers, Sportwetten zur Bekämpfung davon ausgehender Gefahren zu kanalisieren und auf ein staatliches Angebot zu beschränken, private Anbieter einstweilen zuzulassen. Insbesondere bestünden keine zureichenden Anhaltspunkte dafür, dass nicht Gesichtspunkte der Gefahrenabwehr, sondern ein staatliches Einnahmeinteresse tragend für die Monopolisierung von Sportwetten sei.

Nach dieser Klarstellung des Oberverwaltungsgerichts gilt derzeit, dass Private keine Sportwetten anbieten oder vermitteln dürfen, was auch die Vermittlung an Anbieter aus anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft und an ausländische Anbieter über das Internet einschließt.

Beschlüsse u.a. vom 27. November 2008 - OVG 1 S 203.07 und 81.08 -

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Wettrecht, Vollstreckungsschutz, Dienstleistungsfreiheit bei Sportwetten, Glücksspielstaatsvertrag

Freitag, 9. Januar 2009

Landgericht Koblenz: Urteil zur Zulässigkeit von Werbung der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH

Pressemitteilung des Landgerichts Koblenz

Das Landgericht Koblenz (4. Kammer für Handelssachen) hat in einem kürzlich veröffentlichten Urteil bestimmte Formen der Werbung für die Glücksspiellotterie „6 aus 49“ untersagt.

Eine Anbieterin von Dienstleistungen im Bereich des Glücksspielwesens mit Sitz in den Niederlanden verlangte vor dem Landgericht Koblenz im Verfahren der einstweiligen Verfügung von der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH die Unterlassung bestimmter Werbemaßnahmen für die Lotterie „6 aus 49“. Die zuständige 4. Kammer für Handelssachen, die mit einem Berufsrichter als Vorsitzendem und zwei ehrenamtlich tätigen Handelsrichtern besetzt ist, hat dem Antrag teilweise stattgegeben und ihn im Übrigen zurückgewiesen.

Der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH ist es danach zukünftig untersagt, bei der Werbung für die Lotterie „6 aus 49“ in ihren Annahmestellen mit bereits erzielten Gewinnen zu werben, wie es die Antragsgegnerin in der Vergangenheit zum Beispiel mit einem Aushang „Hier gewonnen: 36.683,- mit System. Glückwunsch!“ getan hat.

Des Weiteren hat die Lotto Rheinland-Pfalz GmbH es zu unterlassen, Werbetafeln – sogenannte Aufsteller – für diese Lotterie zu verwenden, die keinen Hinweis auf das Verbot der Teilnahme Minderjähriger, auf die von dem Glücksspiel ausgehende Suchtgefahr und auf Hilfsmöglichkeiten enthalten.

Außerdem muss die Antragsgegnerin es unterlassen, Minderjährigen die Teilnahme an öffentlichen Glücksspielen zu ermöglichen.

Dagegen hat die Kammer zwei Anträge der Antragstellerin zurückgewiesen, in denen diese Unterlassung der Werbung mit einem möglichen Höchstgewinn („Jackpot“) begehrt hat sowie die Werbung für das Glücksspiel „6 aus 49“ in Lottoannahmestellen verlangt hat, wenn dort zugleich auch Süßigkeiten verkauft werden.

Zur Begründung des Urteils hat die Kammer ausgeführt, nach den Bestimmungen des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland – wonach eine informierende und aufklärende Werbung zulässig, eine zum Glücksspiel auffordernde oder ermunternde Werbung dagegen unzulässig ist sei die Werbung mit der Höhe eines Jackpots nicht generell unzulässig. Trotz der mit einer Jackpot-Nennung einhergehenden Anreizwirkung sei es aus Verbrauchersicht wichtig, die wesentlichen Rahmendaten eines Glücksspiels wie Spielregeln, Einsatz und den möglichen Gewinn zu erfahren, um eine rationale Entscheidung über die Teilnahme an dem Glücksspielangebot treffen zu können. Die Werbung der Lottogesellschaft mit Aufstellern sei auch nach ihrer konkreten Ausgestaltung insoweit zulässig.

Dagegen stelle es eine unzulässige Anreizwerbung dar, wenn mit Gewinnen, die früher an bestimmten Annahmestellen erzielt worden seien, als „Erfolgsgeschichten“ geworben werde. Objektiv könne ein etwaiger „Vor-Gewinn“ keine Auswirkungen auf eine künftige Erfolgswahrscheinlichkeit haben; ein „Unterschieben irrelevanter Entscheidungskriterien“ zu Werbezwecken verstoße jedoch gegen den Staatsvertrag.

Unzulässig sei auch die Werbung ohne einen Hinweis auf das Teilnahmeverbot Minderjähriger, die Suchtgefahr und Hilfemöglichkeiten, weil der Staatsvertrag eine entsprechende Vorgabe enthält.

Die Lottogesellschaft dürfe aufgrund der Verbotsregelung im Staatsvertrag auch nicht ermöglichen, dass in ihren Annahmestellen Minderjährige die Möglichkeit der Teilnahme am Glücksspiel hätten; dies sei nach dem Vortrag der Antragstellerin in der Vergangenheit in Form des Verkaufs von 1,- Euro-Losbrieflosen über Automaten möglich gewesen.

Dagegen verstoße es nicht gegen den Staatsvertrag, wenn in Annahmestellen zugleich Werbung für die Lotterie „6 aus 49“ und der Verkauf von Süßigkeiten betrieben würden. Es sei nach dem Erkenntnisstand der Kammer nicht festzustellen, dass durch den gleichzeitigen Verkauf von Süßigkeiten unzulässige Anreize für das Glücksspiel gesetzt würden.

Gegen das Urteil steht beiden Parteien des Rechtsstreits das Rechtsmittel der Berufung zum Oberlandesgericht Koblenz zu. Die Berufung ist binnen eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen.


Das Urteil ist unter www.justiz.rlp.de (-> Rechtsprechung) veröffentlicht.


Der Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag – GlüStV) enthält unter anderem folgende Regelungen:

§ 4 … (3) Das Veranstalten und das Vermitteln von öffentlichen Glücksspielen darf den Erfordernissen des Jugendschutzes nicht zuwiderlaufen. Die Teilnahme von Minderjährigen ist unzulässig. Die Veranstalter und die Vermittler haben sicherzustellen, dass Minderjährige von der Teilnahme ausgeschlossen sind. …

§ 5 (Werbung):

(1) Werbung für öffentliches Glücksspiel hat sich zur Vermeidung eines Aufforderungscharakters bei Wahrung des Ziels, legale Glücksspielmöglichkeiten anzubieten, auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Glücksspiel zu beschränken.

(2) Werbung für öffentliches Glücksspiel darf nicht in Widerspruch zu den Zielen des § 1 stehen, insbesondere nicht gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen oder ermuntern. Sie darf sich nicht an Minderjährige oder vergleichbar gefährdete Zielgruppen richten. Die Werbung darf nicht irreführend sein und muss deutliche Hinweise auf das Verbot der Teilnahme Minderjähriger, die von dem jeweiligen Glücksspiel ausgehende Suchtgefahr und Hilfsmöglichkeiten enthalten. …


Landgericht Koblenz, 4. Kammer für Handelssachen
Urteil vom 23.12.2008
Aktenzeichen: 4 HK.O 133/08 – Landgericht Koblenz

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Glücksspielrecht, Glücksspielstaatsvertrag, Glücksspielwerbung