Freitag, 25. Januar 2013

Piratenfraktion Schleswig-Holstein: Patrick Breyer zum Glücksspiel-Staatsvertrag: Ein sinnloses Internetverbot

Kiel, 24.01.2013

Zu dem Beitritt Schleswig-Holsteins zum Glücksspiel-Staatsvertrag, der ein Totalverbot von Internet-Glücksspiel vorsieht, erklärt der Piratenabgeordnete Dr. Patrick Breyer: „Mit der Annahme des im Glücksspiel-Staatsvertrag verankerten Verbots von Internet-Glücksspiel verabschiedet sich Rot-Grün-Blau komplett von der Lebenswirklichkeit: 90% des Glücksspiels finden schon heute im unregulierten Markt statt, wo keinerlei Schutz vor Spielsucht (z.B. Spielersperren) zu gewährleisten ist. Der beste und einzig wirksame Schutz vor Spielsucht ist die Kanalisierung von Glücksspiel in einen regulierten Markt mit starken Schutzvorkehrungen.

Die von der Küstenkoalition beschworene Einheitlichkeit in Deutschland darf kein Selbstzweck sein: Wenn sich 15 aus dem Fenster stürzen, darf der sechzehnte nicht auch springen. Für uns PIRATEN sind Vielfalt und Individualität Kernbestandteile unseres Menschenbildes. Unterschiedlich gute Regelungen sind allemal besser als gleich schlechte!

Wer wirklich Menschen vor Abhängigkeit schützen wollte, der würde gegen das gefährlichste aller Glücksspiele, nämlich das Automatenspiel, glaubwürdig vorgehen. Wir PIRATEN fordern eine Verlangsamung des Spiels und Verringerung der Einsätze. Dass weder die rot-grüne, noch die schwarz-rote, noch die schwarz-gelbe Bundesregierung dies je umgesetzt hat, nährt einen üblen Verdacht: Tatsächlich stecken Politiker aller etablierten Parteien unveröffentlichte Millionenspenden der Automatenindustrie ein[1] und haben bis heute wirksame Transparenzregelungen bei Politspenden und Sponsoring verhindert.[2] Wir PIRATEN drängen seit Jahren auf eine sofortige Umsetzung der internationalen Transparenzanforderungen und Empfehlungen der Antikorruptionsgruppe GRECO des Europarats!

Dass das Land mit Spielkasinos und Lotteriemonopol samt öffentlicher Werbung dafür selbst von Glücksspiel profitiert, nährt den Verdacht, dass das sinnlose Internetverbot bloß unliebsame Konkurrenz ausschalten und dem Land Profite sichern soll.


1] http://www.sueddeutsche.de/politik/abgeordnete-erhielten-schecks-dubiose-parteispenden-aus-gluecksspielkonzern-1.10617442

2] https://www.lobbycontrol.de/2012/06/spd-verharmlost-transparenzlucke-bei-parteispenden-antwort-auf-unseren-offenen-brief/

Ansprechpartner:
MdL Patrick Breyer (Tel.: 0431 – 988 1638 mit Anrufweiterleitung)
Pressestelle: Dr. Stefan Appelius (Tel.: 0171 – 5444282)

SPD-Landtagsfraktion Schleswig-Holstein: Die Geisterfahrt geht zu Ende!

TOP 2: Entwurf eines Gesetzes zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland + Entwurf eines Gesetzes zur Änderung glücksspielrechtlicher Gesetze (Drucksachen 18/79, 18/104, 18/366)
 
„Ziel der Landesregierung ist eine bundeseinheitliche Regelung des Glücksspiels und der Beitritt Schleswig-Holsteins zum Glücksspielstaatsvertrag“. So steht es seit dem vergangenen Sommer in unserem Koalitionsvertrag. So werden wir es heute umsetzen. Wir haben sorg­fältig geprüft, wir haben entschlossen gehandelt. Wir regieren solide.
 
Wir halten, was wir versprechen.
 
Kein leichtes Unterfangen, denn unsere Auseinandersetzung beim Thema Glücksspiel wurde begleitet, oftmals leider geprägt, durch den Einfluss einer milliardenschweren Lobby auf die Landespolitik im Allgemeinen und dieses Parlament im Besonderen. Wichtige Auseinandersetzungen mit Problemen der Spielsucht oder der Bekämpfung organisierter Kriminalität gerieten dabei häufig in den Hintergrund – wurden bagatellisiert oder lächerlich gemacht.
 
In der Gesamtbetrachtung dieses Vorgangs wird immer wesentlich der destruktive Teil stehen. So hat die abgewählte Landesregierung eben nicht nur bis zuletzt alles getan, um uns eine seriöse Politik zu er­schweren, sie hat auch mehrmals versucht, einen Keil zwischen unsere Fraktionen zu treiben. Das wäre Ihnen fast – aber eben nur fast – gelungen. Sie haben uns schließlich mit Ihrem „Last-Minute-Gesetz“ eine politische Sprengfalle hinterlassen. Sie wussten, dass es in die Opposition geht und spekulierten zu Lasten des Landes auf Schaden für uns und parteipolitischen Nutzen für sich.
Dass wir alle Hindernisse, die Sie uns fein säuberlich in den Weg legten, dennoch aus dem Weg räumen konnten, zeigt einmal mehr die Stärke der gemeinsamen Basis, auf der diese Koalition fußt und die Sorgfalt, die wir auf dieses Verfahren angewendet haben.
 
Wir wollen zurück in den Kreis der 15 anderen Bundesländer, zurück zur Seriosität. Wir brauchen die anderen Länder. Die Gefahr besteht, dass wir den schleswig-holsteinischen Alleingang beim Glücksspiel an anderer Stelle teuer bezahlen müssen. Die Verantwortung dafür tragen Sie, allen voran die Herren Arp und Kubicki. Sie haben Schleswig-Holstein isoliert, Sie wollten „politische Alchemisten“ sein, wie die ZEIT so etwas nennt.
 
CDU und FDP sind aus dem Konzert der 15 anderen Länder ausge­schert. CDU und FDP haben kurz vor der Landtagswahl die problematische Lizenzvergabe in Gang gesetzt; Lizenzen an Anbieter in Malta, wo solche Aktivitäten verboten sind. CDU und FDP haben beraten und, unterstützt von den einschlägigen Interessierten, die rechtlichen Rahmenbedingungen so ausgestaltet, dass unser Innenminister nahezu – ich will das heute nicht ausführen – gezwungen wurde, Lizenzen für Aktivitäten zu vergeben, die ansonsten bundesweit verboten sind. Sie handelten immer frei nach dem Anarchisten-Motto „Legal, illegal, …“ Den Rest lasse ich mal.
 
CDU und FDP haben es zu verantworten, wenn der Begriff der „Kohärenz“ in einer geradezu „perversen“ Art ausgelegt wird. Genau in diese Richtung gehen die Fragen, die der BGH heute in Richtung EuGH aufwirft.
 
Wie kann es eigentlich sein, dass 15 Bundesländer ihre Politik ändern müssen, weil ihr Recht nicht kohärent mit dem einer egoistischen Regierung ist, selbst wenn deren seriöse Nachfolgerin sich besonnen hat und in den Kreis der Gemeinschaft zurückkehren will? Wenn dieser Fall eintritt, Herr Arp und Herr Kubicki – und wir kennen ja Ihre Triumphe bei solchen Urteilen –, dann haben Sie endgültig bundesweiten Schaden angerichtet, z. B. weil Ihre Lizenzen leider fortgelten.
 
Und dafür musste Herr Kubicki noch nicht einmal Mitglied im Bundestag werden. Ich bin sicher, man wird Sie dort mit offenen Armen empfangen. Es ist ja nicht Ihre Rechtsauffassung, die sich dann durchgesetzt hat, wie Sie behaupten, es ist die destruktive Konsequenz, mit der Sie das Rechtssystem gegen das Gemeinwohl instrumentalisiert haben, wogegen seriöse Gegenwehr fast unmöglich ist. Im Destruktiven sind auch ganz Kleine manchmal ganz groß.
 
Dass Sie darauf auch noch stolz sind, charakterisiert Sie – nicht uns. In Ihrer Welt freut man sich über Auszeichnungen der Zockerbranche für den Beamten einer Genehmigungsbehörde, in Ihrer Welt wird der Poker-Weltmeister aus Kiel zum bundesweiten Vorbild der Jugend, als habe der den Jugend-forscht-Preis gewonnen. Mit Qualität hat man auf Dauer immer Erfolg. Leider funktioniert es manchmal auch ohne Qualität.
 
Auch wenn ich die für diesen Schaden Hauptverantwortlichen genannt habe, muss ich doch sagen: Ohne eine Mehrheit in diesem Hause wäre dem Lobbyismus in der vergangenen Legislaturperiode nicht Tür und Tor geöffnet worden.
 
Ich bin gewiss kein Gegner der europäischen Integration. Die Idee der Vereinigten Staaten von Europa begeistert mich bis heute. Allerdings bin ich kein Unterstützer des neoliberalen Europas, das derzeit in Brüssel mehrheitlich sein Zuhause gefunden hat. Ein Europa des Wettbewerbsfundamentalismus ist kein solidarisches Europa. Umso wichtiger ist es, dass wir in den europäischen Institutionen die politischen Mehrheiten ändern.
 
Wir wollen endlich einen ordentlich regulierten Glücksspielmarkt, bei dem nicht die Interessen einiger weniger Unternehmen im Vordergrund stehen. Wir wollen den Spielerschutz nach vorne stellen und kein Einfallstor für Geldwäsche und andere illegale Geschäfte sein. Expertinnen und Experten werden Ihnen bestätigen, dass sich diese Gefahr durch das schleswig-holsteinische Glücksspielrecht deutlich erhöht – gerade bei Online-Casinos. Sie bestreiten das immer wieder und behaupten, 2 x 2 sei 5, aber Sie werden die Öffentlichkeit nicht dauerhaft zum Narren halten können, selbst wenn Sie noch so viel publizistische Unterstützung dafür bekommen.
 
Ich halte es im Übrigen für absurd, auf derart hohe Einnahmen, neue Firmen und Arbeitsplätze zu spekulieren, wie es CDU und FDP tun. Ich habe mit Erstaunen gesehen, dass die FDP Abgaben in Höhe von 18 Mio. Euro erwartet. Vorerst bleibt auch hier der Unterschied festzustellen: Sie setzen auf Schein- und Schattenwirtschaft – Sie sind sich für nichts zu schade.
 
Wir setzen auf gute Arbeit in der Realwirtschaft mit Löhnen, von denen die Menschen auch leben können und die ihnen eine angemessene Altersversorgung garantieren.
 
Die Opposition wollte uns in den vergangenen Monaten immer wieder einreden, wir hätten keine Wahl. Das Land Schleswig-Holstein habe A gesagt und müsse jetzt demnach auch B sagen. Auch die neue Landes­regierung müsse die begonnene Geisterfahrt zu Ende führen. Jeder weiß, wie Geisterfahrten in der Regel enden. Diese Geisterfahrt aber – wider besseres Wissen – fortzusetzen, wäre Wahnsinn. Und wer nicht nur selbst Geisterfahrer ist, sondern andere dazu auffordert oder – wie in Ihrem Fall – die Geisterfahrt sogar vorschreiben will, wird eher milde beurteilt, wenn ihm nur ein Interesse am Gemeinwohl abgesprochen wird, um es vornehm auszudrücken.
 
„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war.“ (Bertolt Brecht).
 
Und im Sinne unserer neuen Dialogkultur ist auch dies als Einladung gemeint. Sehen wenigstens Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der konservativen Volkspartei CDU, ein, dass der von Herrn Kubicki angeführte Weg falsch war und gehen Sie mit uns und den anderen Bundesländern auf einem gemeinsamen Weg.
 
Die politische Geisterfahrt Schleswig-Holsteins beim Glückspiel wird beendet. Die politische Mehrheit in diesem Hause ist dem Gemeinwohl verpflichtet.

Donnerstag, 24. Januar 2013

EuGH: Das Unionsrecht setzt dem ausschließlichen Recht der OPAP-AG, in Griechenland Glücksspiele zu veranstalten und zu betreiben, Grenzen

Pressemitteilung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 24. Januar 2013 zu dem Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-186/11 und C-209/11

Hält der Staat jedoch eine Liberalisierung dieses Marktes mit dem von ihm angestrebten Niveau des Schutzes der Verbraucher und der Sozialordnung nicht für vereinbar, kann er sich darauf beschränken, das Monopol zu reformieren, indem er es insbesondere einer wirksamen und strengen Kontrolle unterwirft

In Griechenland wurde der an der Börse von Athen notierten OPAP-AG (Organismos prognostikon agonon podosfairou – Organisation für Fußballtoto) für einen Zeitraum von 20 Jahren, d. h. bis 2020, das ausschließliche Recht zur Veranstaltung und zum Betrieb von Glücksspielen und Wetten eingeräumt. Der griechische Staat genehmigt die Verordnungen über die Tätigkeiten der OPAP und überwacht das Verfahren zur Durchführung der Spiele. Er hält an dem Unternehmen derzeit eine Aktienminderheit (34 %). Die OPAP setzt den Höchstbetrag der Einsätze und der Gewinne je Teilnahmeschein (und nicht je Spieler) fest und ist berechtigt, bis zu 10 % der Werbeflächen in staatlichen und kommunalen Stadien und Sportanlagen unentgeltlich zu nutzen. Sie hat ihre Geschäftstätigkeit auch auf das Ausland, insbesondere auf Zypern, ausgeweitet.

Stanleybet, William Hill und Sportingbet sind Gesellschaften mit Sitz im Vereinigten Königreich, wo ihnen gemäß dem englischen Recht Genehmigungen zur Veranstaltung von Glücksspielen erteilt worden sind.

Sie haben vor dem Symvoulio tis Epikrateias (griechischer Staatsrat) die stillschweigende Zurückweisung ihrer Anträge auf Erteilung einer Genehmigung zur Veranstaltung von Sportwetten in Griechenland durch die griechischen Behörden angefochten.

Das griechische Gericht hat daraufhin den Gerichtshof gefragt, ob das Unionsrecht und insbesondere die Grundfreiheiten (Niederlassungsfreiheit und freier Dienstleistungsverkehr) einer nationalen Regelung entgegenstehen, die das ausschließliche Recht zum Betrieb von Glücksspielen einem einzigen Unternehmen überträgt. Es weist darauf hin, dass die OPAP eine expansive Geschäftspolitik verfolge, obwohl der Zweck der nationalen Regelung darin bestehe, das Angebot von Glücksspielen zu begrenzen und die Bekämpfung von Straftaten im Zusammenhang mit Glücksspielen zu fördern.

Der Gerichtshof stellt in seinem Urteil vom heutigen Tag zunächst fest, dass die nationale Regelung, die der OPAP ein Monopol einräumt und es in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Wettbewerbern untersagt, die gleichen Glücksspiele in Griechenland anzubieten, eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs oder der Niederlassungsfreiheit darstellt. Er prüft daher, ob eine solche Beschränkung ausnahmsweise aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit zulässig oder aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist.

Der Gerichtshof weist sodann darauf hin, dass die Regelung der Glücksspiele zu den Bereichen gehört, in denen beträchtliche sittliche, religiöse und kulturelle Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen, und dass in Ermangelung einer gemeinschaftlichen Harmonisierung die einzelnen Mitgliedstaaten im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung beurteilen müssen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der betroffenen Interessen ergeben. So können, wie er bereits in seiner Rechtsprechung anerkannt hat, die Begrenzung des Angebots von Glücksspielen und die Bekämpfung von Straftaten im Zusammenhang mit Glücksspielen eine Beschränkung der Grundfreiheiten rechtfertigen.

Der Gerichtshof betont jedoch, dass die von den Mitgliedstaaten auferlegten Beschränkungen die Voraussetzungen der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung erfüllen und zugleich tatsächlich gewährleisten müssen, dass die geltend gemachten Ziele in kohärenter und systematischer Weise erreicht werden.

Es ist daher Sache des nationalen Gerichts, sich zu vergewissern, dass die nationale Regelung tatsächlich das Ziel verfolgt, die Gelegenheiten zum Glücksspiel zu verringern und damit zusammenhängende Straftaten zu bekämpfen.

Der Gerichtshof empfiehlt dem nationalen Gericht allerdings, hinsichtlich des ersten Ziels die verschiedenen Merkmale des Regelungsrahmens und der Funktionsweise der OPAP in der Praxis wie z. B. die Rechte und Privilegien der OPAP bezüglich der Werbung für Glücksspiele und die Festlegung des maximalen Einsatzes je Teilnahmeschein (und nicht je Spieler) zu berücksichtigen. Was das zweite Ziel angeht, hat das nationale Gericht zu prüfen, ob tatsächlich eine staatliche Überwachung erfolgt, und dabei zu berücksichtigen, dass eine so restriktive Maßnahme wie ein Monopol einer strengen Kontrolle unterliegen muss, während die Überwachung der OPAP, einer an der Börse notierten Aktiengesellschaft, durch den griechischen Staat nur oberflächlich sein soll.

Somit antwortet der Gerichtshof, dass das Unionsrecht einer nationalen Regelung, die einem einzigen Unternehmen das Monopol für Glücksspiele überträgt, ohne die Gelegenheiten zum Spiel tatsächlich zu verringern, entgegensteht, wenn diese Regelung die Tätigkeiten in diesem Bereich nicht in kohärenter und wirksamer Weise beschränkt und eine strenge Kontrolle der Expansion von Glücksspielen – nur soweit dies für die Bekämpfung von Straftaten im Zusammenhang mit Glücksspielen erforderlich ist – nicht gewährleistet ist.

Außerdem weist der Gerichtshof darauf hin, dass aufgrund des Vorrangs des unmittelbar geltenden Unionsrechts eine nationale Regelung, die Beschränkungen mit sich bringt, die mit der Niederlassungsfreiheit und dem freien Dienstleistungsverkehr unvereinbar sind, nicht für eine Übergangszeit weiter angewandt werden darf. Die nationalen Behörden können also nicht während einer solchen Übergangszeit davon absehen, Anträge auf Erteilung von Genehmigungen zu prüfen.

Bei einer solchen Unvereinbarkeit hat der griechische Staat zwei Möglichkeiten.

Hält er die Liberalisierung des Glücksspielmarkts mit dem von ihm angestrebten Niveau des Schutzes der Verbraucher und der Sozialordnung nicht für vereinbar, kann er sich darauf beschränken, das Monopol zu reformieren und es einer wirksamen und strengen behördlichen Kontrolle zu unterwerfen.

Entscheidet sich der Staat dagegen für eine Liberalisierung des Marktes, wozu er nach dem Unionsrecht nicht unbedingt verpflichtet ist, muss er den Gleichbehandlungsgrundsatz, das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und das Transparenzgebot beachten. Die Einführung eines Systems der vorherigen behördlichen Genehmigung muss dann auf objektiven und nichtdiskriminierenden Kriterien beruhen, damit eine missbräuchliche Ausübung des Ermessens der nationalen Behörden verhindert wird.

HINWEIS: Im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens können die Gerichte der Mitgliedstaaten in einem bei ihnen anhängigen Rechtsstreit dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts oder nach der Gültigkeit einer Handlung der Union vorlegen. Der Gerichtshof entscheidet nicht über den nationalen Rechtsstreit. Es ist Sache des nationalen Gerichts, über die Rechtssache im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs zu entscheiden. Diese Entscheidung des Gerichtshofs bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden.

Deutscher Lottoverband: BGH stellt deutsches Glückspielrecht in Frage

- Fragenkatalog zur Kohärenz von Internet-Vertrieb und -Werbung beim EuGH eingereicht

- Lottoverband fordert angemessene Regelungen für Internetvermittlung und -werbung von Lotterien


Hamburg 24.01.2013 – Mit der Einreichung eines Fragenkatalogs beim EuGH hat der Bundesgerichtshof (BGH) heute deutlich gemacht, dass das deutsche Glücksspielrecht insbesondere hinsichtlich des Vertriebs und der Werbung von Glücksspielen im Internet nach den geltenden Maßstäben des EuGH nicht ausreichend systematisch und kohärent geregelt ist. Auch der von der Landesregierung Schleswig-Holstein heute beschlossene Beitritt des nördlichsten Bundeslandes zum umstrittenen Glücksspieländerungsstaatsvertrag wird diese unklare rechtliche Situation nicht verändern. Im Gegensatz zum Staatsvertrag hatte die EU-Kommission dem liberaleren Glücksspielgesetz Schleswig-Holsteins europarechtliche Unbedenklichkeit bescheinigt.

„Der Staatsvertrag wird auf Jahre hin keine Rechtssicherheit bieten. Das hat in der heutigen Landtagsdebatte sogar die Landesregierung selbst bestätigt“, so Norman Faber, Präsident des Deutschen Lottoverbandes. „Es ist völlig absurd, dass in einer solchen Situation Schleswig-Holstein den Beitritt beschließt und gleichzeitig das Gesetz aufhebt, das von der EU-Kommission schon abgesegnet wurde. Während aufgrund der erteilten Lizenzen in Deutschland Online-Sportwetten und Online-Casinos legal sind, stranguliert der Staatsvertrag den Vertrieb und die Werbung von harmlosen staatlichen Lotterien durch private Vermittler im Internet.“ Der BGH habe mit seiner heutigen Entscheidung erneut deutlich gemacht, dass deutsches Glückspielrecht europarechtskonform sein muss. Entsprechend müssten die unverhältnismäßigen Werbe- und Internetrestriktionen für Lotterien, auch für private Lotterievermittler angepasst werden. „Wir brauchen hier in Deutschland nach sieben Jahren Rechts-Chaos endlich Rechtssicherheit durch einen europarechtskonformen Glücksspielstaatsvertrag. Die neue Werberichtlinie der Länder setzt die Talfahrt des deutschen Lottos fort“.

Die Internet- und Werbeverbote des GlüStV haben seit 2008 insbesondere für die deutschen Lotterien zu einem Umsatzausfall von über 14 Mrd. Euro, sowie für die Länder zu einem Ausfall von Steuern und Zweckerträgen von rund 5 Mrd. Euro geführt.

Quelle: Deutscher Lottoverband

Hans-Jörn Arp zum Glücksspiel: Der blinde Stegnergehorsam der Abgeordneten der Regierungsfraktionen fügt dem Land schweren Schaden zu!

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Hans-Jörn Arp, hat den heute (24. Januar 2013) von SPD, Grünen und SSW beschlossenen Beitritt Schleswig-Holsteins zum Glücksspielstaatsvertrag sowohl in der Form, als auch in der Sache, scharf kritisiert:

„Herr Stegner fährt als vor Wut blinder Bulldozerfahrer durchs Land. Er schiebt Recht, Gesetze, Gerichtsurteile und Fakten zur Seite. Er beschimpft europäische Institutionen und Regierungen europäischer Nachbarstaaten. Statt ihm in seiner Raserei Einhalt zu gebieten, folgen ihm die Abgeordneten der Regierungsfraktionen in blindem Gehorsam zum Schaden Schleswig-Holsteins. Und der Ministerpräsident sieht schweigend zu“, erklärte Arp in Kiel.

Der heutige Beschluss der Koalition sei der traurige Höhepunkt des Feldzuges des SPD-Landesvorsitzenden gegen eine Regulierung des Glücksspielmarktes.

„Unter dem Staatsvertrag, dem Sie heute beitreten, hat sich die Zahl der Glücksspielsüchtigen in sechs Jahren verdreifacht. Das ist Ihnen bekannt. Trotzdem begründen Sie Ihren Beschluss mit der Suchtbekämpfung. Das macht fassungslos“, so Arp.

Gleiches gelte für das von Stegner immer wieder ins Feld geführte Argument, das von CDU und FDP beschlossene Glücksspielgesetz fördere die Geldwäsche.

„Ihr eigener Innenminister hat dargestellt, wie durch die kontrollierte Lizenzierung die Geldwäsche im Internet wirksam bekämpft werden kann. Unter dem Glücksspielstaatsvertrag, dem Sie heute beitreten, ist das nicht möglich. Das ist Ihnen bekannt. Trotzdem begründen Sie Ihren Beschluss mit der Bekämpfung der Geldwäsche. Auch das macht fassungslos“, so Arp.

Der geplante Beitritt Schleswig-Holsteins sei von der Europäischen Kommission mehr als scharf kritisiert worden. Ein Vertragsverletzungsverfahren mit den daraus folgenden Schadenersatzforderungen gegen das Land sei absehbar. So sehe der Glücksspielstaatsvertrag eine Höchstgrenze von 20 Lizenzen für Online-Sportwettenanbieter vor. Schleswig-Holsteins Innenministerium habe bereits 23 vergeben. Allein in Hessen lägen 100 Anträge auf eine Lizenz vor.

„Das zeigt doch, wie willkürlich diese Grenze gezogen ist. Sie werden sich vor den Gerichten in Deutschland und Europa lächerlich machen“, so Arp.

Der CDU-Abgeordnete wies darauf hin, dass sich im jahrelangen parlamentarischen Verfahren bislang alle vom SPD-Chef angeführten Behauptungen und Argumente als falsch erwiesen hätten. Das von der CDU-geführten Vorgängerregierung beschlossene Gesetz habe sich entgegen der ständigen Hetzereien Stegners als geeignet gewiesen, das Glücksspiel – insbesondere im Internet – unter staatliche Kontrolle und in geordnete Bahnen zu bringen. Es sei europarechtskonform und wirkungsvoll. Zudem sorge es dafür, dass das Glücksspiel angemessen besteuert werde und die Glücksspielanbieter sich darüber hinaus als Sponsoren im Land engagierten. Mittlerweile werde aufgrund seiner Vorbildfunktion von anderen europäischen Ländern eine Übernahme geprüft.

Arp wies darauf hin, dass der heutige Beschluss der Koalitionsfraktionen neben den zu erwartenden Schadenersatzforderungen gegen das Land weitere negative Folgen haben werde:

„Sie treiben die Anbieter und auch die Spieler zurück in den unkontrollierten Markt. Sie treiben Unternehmen aus dem Land, die hier Arbeitsplätze schaffen, Steuern zahlen und sich als Sponsoren engagieren wollen. Sie öffnen Geldwäsche wieder Tür und Tor. Steuern und Abgaben aus diesem Bereich werden wieder versiegen. Sie fügen unserem Land und seinen Menschen heute schweren Schaden zu“, so Arp abschließend.

Quelle: CDU-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag

Grüne zum Glücksspielstaatsvertrag: Beschluss des BGH bestätigt unseren Weg beim Glücksspiel

Grüne Schleswig-Holstein – Zum Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Neuregelung des Glücksspielrechts sagt der finanzpolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Rasmus Andresen:
 
Der BGH hat heute ein salomonisches Urteil gefällt: Das Verfahren über die Glücksspiele und Sportwetten im Internet wird ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Entscheidung vorgelegt. Der EuGH ist das zuständige Gericht, um die Debatte um Zulässigkeit oder Unzulässigkeit abschließend zu beenden.
 
Die Vorlage zeigt: So einfach, wie CDU und FDP es immer darstellen, ist die europarechtliche Beurteilung bei weitem nicht. Gleichzeitig hat der BGH klargestellt: Die Rechtslage in Deutschland zum Glücksspiel ist mit Europarecht wieder vereinbar, sobald Schleswig-Holstein zum gemeinsamen Glücksspielstaatsvertrag der anderen Länder zurückkehrt. Die vergebenen Lizenzen fallen demgegenüber nicht massiv ins Gewicht.
 
Wir sehen der Entscheidung des EuGH gelassen entgegen. Wir vertrauen darauf, dass die richtige Entscheidung dort getroffen wird und scheuen uns nicht davor, gegebenenfalls die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen. Aber gemeinsam mit den anderen Ländern und nicht – wie CDU und FDP mit einer unglaublichen Arroganz es versucht haben – im Alleingang.
 
Text: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
im Schleswig-Holsteinischen Landtag
Claudia Jacob – Pressesprecherin
Düsternbrooker Weg 70
24105 Kiel

Wolfgang Kubicki zu Top 2 (Glücksspiel): Weder rechtlich noch logisch nachvollziehbar!

In seiner Rede zum Top 2 (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag sowie Änderung glücksspielrechtlicher Gesetze) erklärt der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki:

“Die hier geführte Debatte ist einer Demokratie wahrlich nicht würdig und nicht länger zu ertragen: Die Regierungsfraktionen beleidigen andere Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, Abgeordnete anderer Parteien, weil sie eine andere Meinung vertreten, und die deutsche sowie die europäische Rechtsprechung.”

Kubicki stellte in der Debatte klar, dass andere politische Mehrheiten ­ entgegen den Aussagen Dr. Ralf Stegners – nicht automatisch zur Folge hätten, dass damit auch rechtliche Grundsätze aufgehoben würden. Dies sei möglicherweise in Diktaturen der Fall, nicht aber in Deutschland oder der Europäischen Union.

“Der Bundesgerichtshof hat heute vier Fragen zum deutschen Glücksspielrechtan den Europäischen Gerichtshof zur Klärung gesandt. Darin geht es im Wesentlichen um Fragen zur Inkohärenz. Die Vereinbarkeit der geltenden Rechtslage in Deutschland mit europäischem Recht soll geprüft werden. Wie künftig im gleichen Rechtsraum Online-Glücksspiele verboten und zugleich erlaubt sein sollen, lässt sich weder rechtlich noch logisch erklären.”

Quelle: FDP-Landtagsfraktion Schleswig-Holstein

Bundesgerichtshof legt EuGH Fragen zur Neuregelung des Glücksspielrechts vor

Pressemitteilung des BGH Nr. 12/2013

Der u.a. für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) heute vier Fragen zur Neuregelung des Glücksspielrechts vorgelegt.

Die Beklagte bietet im Internet Glücksspiele und Sportwetten an. Die Klägerin, die staatliche Lottogesellschaft von Nordrhein-Westfalen, hält dieses Angebot für wettbewerbswidrig. Ihre Unterlassungsklage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Nach der Rechtsprechung des BGH handelte die Beklagte bis zum 31. Dezember 2011 wettbewerbswidrig, weil sie gegen die Vertriebs- und Werbeverbote für Glücksspiele im Internet gemäß § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 3 Glücksspielstaatsvertrag 2008 (GlüStV 2008) verstieß (vgl. BGH, Urt. v. 28.9.2011 - I ZR 92/09, GRUR 2012, 193 - Sportwetten im Internet II). Nach Rechtsänderungen stellt sich aber die Frage, ob das deutsche Glücksspielrecht noch mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar ist. Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren deshalb ausgesetzt und dem EuGH Fragen zur unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) vorgelegt.

Seit 1. Januar 2012 gilt in Schleswig-Holstein ein liberalisiertes Glücksspielrecht. Danach sind Vertrieb und Werbung für Glücksspiele im Internet grundsätzlich zulässig; unter bestimmten objektiven Voraussetzungen ist die Genehmigung für den Vertrieb öffentlicher Wetten jedem Antragsteller aus der EU zu erteilen. In den übrigen Bundesländer gilt dagegen inzwischen ein neuer Glücksspielstaatsvertrag (1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag GlüStV 2012). Der GlüStV 2012 enthält weiterhin Vertriebs- und Werbeverbote für Glücksspiel im Internet. Zwar kann die Verwendung des Internets zu diesen Zwecken unter bestimmten Voraussetzungen nunmehr erlaubt werden. Auf die Erlaubniserteilung besteht aber kein Rechtsanspruch. Damit unterscheidet sich die Rechtslage im übrigen Bundesgebiet wesentlich von der Schleswig-Holsteins.

Nach der Rechtsprechung des EuGH sind Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit nur dann mit der Dienstleistungsfreiheit vereinbar, wenn ihre Eignung, legitime Allgemeininteressen zu verfolgen, nicht durch Ausnahmen und Einschränkungen beseitigt wird (Kohärenzgebot). Die Liberalisierung von Internetvertrieb und -werbung für Glücksspiele in Schleswig-Holstein könnte die Eignung der entsprechenden Verbote in den anderen Bundesländern zur Erreichung der mit dem Glücksspielstaatsvertrag 2012 verfolgten legitimen Allgemeininteressen erheblich beeinträchtigen. Das könnte möglicherweise dazu führen, dass die Vertriebs- und Werbebeschränkungen im Internet für Glücksspiele in den anderen Bundesländern wegen Verstoßes gegen Unionsrecht unanwendbar sind.

Mit der ersten Frage des Vorabentscheidungsersuchens möchte der Bundesgerichtshof wissen, ob eine Verletzung des unionsrechtlichen Kohärenzgebots wegen der unterschiedlichen Rechtslage in Schleswig-Holstein gegenüber dem übrigen Bundesgebiet schon deshalb ausscheidet, weil die Regelung des Glücksspielwesens in die Gesetzeskompetenz der Länder fällt und die Möglichkeit unterschiedlicher Regelungen in den Bundesländern daher eine Folge der bundesstaatlichen Verfassung Deutschlands ist. In der zweiten Frage geht es darum, ob die Antwort auf die erste Frage davon abhängt, in welchem Maß die unterschiedliche Rechtslage die Wirksamkeit der im übrigen Bundesgebiet geltenden Beschränkungen des Glücksspiels beeinträchtigt.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshof sprechen insbesondere die Grundsätze der loyalen Zusammenarbeit zwischen der Union und den Mitgliedstaaten sowie der Verhältnismäßigkeit dafür, in der bundesstaatlichen Ordnung begründete unterschiedliche Regelungen innerhalb eines Mitgliedstaats nicht als inkohärente Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit anzusehen, soweit sie in der EU nicht harmonisierte Sektoren wie das Glücksspiel betreffen. Jedenfalls sollte es aber nicht zu einer Inkohärenz der im übrigen Bundesgebiet geltenden Beschränkungen führen, wenn ihre Eignung durch eine liberalere Regelung in einem einzelnen kleineren Bundesland nur unerheblich beeinträchtigt wird.

Da die neue Landesregierung in Schleswig-Holstein beabsichtigt, dem GlüStV 2012 beizutreten, hat der Bundesgerichtshof den EuGH für den Fall, dass ein solcher Beitritt bis zur Entscheidung des EuGH erfolgt ist, um die Beantwortung der dritten Vorlagefrage gebeten: Mit ihr soll geklärt werden, ob eine möglicherweise bestehende unionsrechtliche Inkohärenz dadurch beseitigt wird, dass Schleswig-Holstein die im übrigen Bundesgebiet geltenden Beschränkungen des Glücksspiels übernimmt, auch wenn die großzügigeren Regelungen in diesem Bundesland für dort bereits erteilte Konzessionen noch während einer mehrjährigen Übergangszeit fortgelten, weil sie nicht oder nur gegen hohe Entschädigungen widerrufen werden können. Auch hier möchte der Bundesgerichtshof - dies ist die vierte Frage - wissen, ob es für die Antwort darauf ankommt, ob während der Übergangszeit die Wirksamkeit der im übrigen Bundesgebiet geltenden Beschränkungen des Glücksspiels aufgehoben oder erheblich beeinträchtigt wird.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshof sollte es mit dem Unionsrecht vereinbar sein, wenn zulässige Regelungen für den Glücksspielbereich, auf die sich die Länder eines Bundesstaates geeinigt haben, in einem Bundesland erst nach einer mehrjährigen Übergangszeit in Kraft gesetzt werden, auch wenn die Wirksamkeit dieser Regelungen im übrigen Bundesgebiet in der Zwischenzeit beeinträchtigt wird. Jedenfalls sollte dies gelten, wenn die Beeinträchtigung nur unerheblich ist.

Folgender Beschluss wurde verkündet:

I. Das Verfahren wird ausgesetzt.

II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung des Art. 56 AEUV folgende Fragen vorgelegt:

1.Stellt es eine inkohärente Beschränkung des Glücksspielsektors dar,
- wenn einerseits in einem als Bundesstaat verfassten Mitgliedstaat die Veranstaltung und die Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet nach dem in der überwiegenden Mehrheit der Bundesländer geltenden Recht grundsätzlich verboten ist und - ohne Rechtsanspruch - nur für Lotterien und Sportwetten ausnahmsweise erlaubt werden kann, um eine geeignete Alternative zum illegalen Glücksspielangebot bereitzustellen sowie dessen Entwicklung und Ausbreitung entgegenzuwirken,

- wenn andererseits in einem Bundesland dieses Mitgliedstaats nach dem dort geltenden Recht unter näher bestimmten objektiven Voraussetzungen jedem Unionsbürger und jeder diesem gleichgestellten juristischen Person eine Genehmigung für den Vertrieb von Sportwetten im Internet erteilt werden muss und dadurch die Eignung der im übrigen Bundesgebiet geltenden Beschränkung des Glücksspielvertriebs im Internet zur Erreichung der mit ihr verfolgten legitimen Ziele des Allgemeinwohls beeinträchtigt werden kann?

2. Kommt es für die Antwort auf die erste Frage darauf an, ob die abweichende Rechtslage in einem Bundesland die Eignung der in den anderen Bundesländern geltenden Beschränkungen des Glücksspiels zur Erreichung der mit ihnen verfolgten legitimen Ziele des Allgemeinwohls aufhebt oder erheblich beeinträchtigt?

Falls die erste Frage bejaht wird:

3. Wird die Inkohärenz dadurch beseitigt, dass das Bundesland mit der abweichenden Regelung die in den übrigen Bundesländern geltenden Beschränkungen des Glücksspiels übernimmt, auch wenn die bisherigen großzügigeren Regelungen des Internetglücksspiels in diesem Bundesland hinsichtlich der dort bereits erteilten Konzessionen noch für eine mehrjährige Übergangszeit fortgelten, weil diese Genehmigungen nicht oder nur gegen für das Bundesland schwer tragbare Entschädigungszahlungen widerrufen werden könnten?

4. Kommt es für die Antwort auf die dritte Frage darauf an, ob während der mehrjährigen Übergangszeit die Eignung der in den übrigen Bundesländern geltenden Beschränkungen des Glücksspiels aufgehoben oder erheblich beeinträchtigt wird?

Beschluss vom 24. Januar 2013 - I ZR 171/10 - digibet
OLG Köln - Urteil vom 3. September 2010 - 6 U 196/09
LG Köln - Urteil vom 22. Oktober 2009 - 31 O 552/08

Karlsruhe, den 24. Januar 2013
Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Mittwoch, 23. Januar 2013

Wolfgang Kubicki: Thema Glücksspiel beweist merkwürdiges Rechtsverständnis der Koalitionäre

Pressemitteilung der FDP-Fraktion

Zur weiteren Erteilung von Lizenzen für Sportwetten und Online-Glücksspiele, veröffentlicht auf der Homepage des Innenministeriums, erklärt der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki:

„Der angekündigte Beitritt Schleswig-Holsteins zum Glücksspielstaatsvertrag offenbart das quere Rechtsverständnis der rot-grün-blauen Koalition. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Landesregierung seit dem 3. Dezember – ohne die breite Öffentlichkeit zu informieren – weitere sieben Lizenzen für private Sportwettenanbieter genehmigt hat. Damit hat Schleswig-Holstein mit insgesamt 22 vergebenen Lizenzen bereits jetzt die nach dem Glücksspielstaatsvertrag zulässige Höchstgrenze um zwei übertroffen. Denn dieser erlaubt nur die Vergabe von 20 Glücksspiellizenzen.

Wer immer noch daran glaubt, dass unter diesen Voraussetzungen ein Beitritt zum Glücksspielstaatsvertrag problemlos möglich ist, beweist ein merkwürdiges Rechtsverständnis.

Sowohl durch die Vergabe der mittlerweile dreizehn Lizenzen für Online-Glücksspiele, eine mehr als am 19. Dezember, als auch durch die Erteilung von 22 Lizenzen für Anbieter von Sportwetten kann – selbst in den fiktiven Wunschvorstellungen der Koalitionäre – keine Kohärenz auf dem Markt mehr hergestellt werden. Wer dem für Donnerstag geplanten Beitritt zum Glücksspielgesetz zustimmt, der ersetzt Rechtsstaatlichkeit durch Willkür!“

Susann Wilke, Pressesprecherin, v.i.S.d.P.,
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