Freitag, 12. August 2011

OLG Hamburg: Hanseatisches Oberlandesgericht verbietet Lotto-Werbung auf Linienbussen - Werbekampagne verstößt gegen Glücksspielstaatsvertrag

Pressemitteilung des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 11. August 2011

Das Hanseatische Oberlandesgericht hat in einem heute verkündeten Urteil der Lotto Hamburg GmbH verboten, mit einer bestimmten Werbekampagne auf öffentlichen Linienbussen für ihre Glücksspiele "Lotto" und "Keno" zu werben, da die Werbung gegen den Glücksspielstaatsvertrag verstoße.

Die beklagte Lotto Hamburg GmbH ist ein staatliches Glücksspielunternehmen, das im Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg exklusiv eine gesetzlich festgelegte Zahl von Glücksspielen veranstaltet, zu denen auch die Lotterie "Lotto 6 aus 49" und "Keno – Die tägliche Lotterie" gehören. Zu Werbezwecken ließ die Beklagte einige Busse der öffentlichen Verkehrsbetriebe in Hamburg mit Aufschriften versehen, die u.a. lauteten "Lotto Guter Tipp", "Fahrscheine vorn – Spielscheine am Kiosk" und "Jeden Tag Gewinne bis 1 Million € Keno die tägliche Zahlenlotterie".

Diese Werbung hat der für wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten zuständige 3. Zivilsenat nun auf eine Klage des Verbandes für Gewerbetreibende im Glücksspielwesen e.V. verboten. Zur Begründung führte der Senat aus, die Werbung verstoße in ihrer konkreten Gestaltung gegen das im Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) verankerte Sachlichkeitsgebot und sei deshalb wettbewerbswidrig.

Der GlüStV sehe vor, dass sich die Werbung für öffentliches Glücksspiel auf Information und Aufklärung über die Möglichkeiten des Glücksspiels zu beschränken habe. Dahinter stehe insbesondere das Ziel, das Glücksspielangebot zu begrenzen und den in der Bevölkerung bereits vorhandenen Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken. Gleichzeitig solle aber verhindert werden, dass Spiel- und Wettsucht entstünden. Werbung sei deshalb unzulässig, wenn Text und Aufmachung von einem noch nicht zum Glücksspiel Entschlossenen als Motivierung zum Glücksspiel verstanden werden müssten. Das sei bei der Werbekampagne der Beklagten der Fall. Der Werbeaussage "Lotto Guter Tipp" könne keine Informationen über das konkrete Spiel "Lotto" entnommen werden. Stattdessen enthalte sie eine positive Wertung, die dazu anrege, an dem Spiel teilzunehmen. Durch die gewählte Formulierung werde vermittelt, dass das Lottospiel eine sinnvolle, nützliche, empfehlenswerte Beschäftigung, also eine "gute Idee" sei. Aber auch der Hinweis auf die täglichen Gewinne bei Keno sei in der konkreten Form unzulässig. Zwar dürfe grundsätzlich über Art und Höhe der Gewinne informiert werden. Die Beklagte habe aber die in diesem Zusammenhang vorgeschriebenen Warnhinweise zu Jugendschutz und Suchtgefahren allzu unauffällig und in so kleiner Drucktype gestaltet, dass sie auf den fahrenden Bussen nicht lesbar gewesen seien. Schließlich lasse die Gegenüberstellung "Fahrscheine vorn – Spielscheine am Kiosk" die Spielscheine als Gegenstände des täglichen Bedarfs wie Busfahrscheine erscheinen. Damit erhalte das Lottospiel den Anstrich einer sozialadäquaten Verhaltensweise, was ebenfalls mit dem Sachlichkeitsgebot nicht vereinbar sei.

Das Aktenzeichen des Verfahrens lautet 3 U 145/09. Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Donnerstag, 11. August 2011

GIG: Schwarzer Donnerstag für Lotto Hamburg

OLG Hamburg verbietet Werbung auf Bussen, Zeitungsbeilagen und Werbung im Internet

11.08.2011 (Köln) – In gleich drei Fällen verurteilte das Oberlandesgericht Hamburg heute die Lotto Hamburg GmbH wegen Verstößen gegen den Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV). Ein viertes Verfahren vor dem OLG wegen mangelhaften Minderjährigenschutzes in den Annahmestellen ist noch anhängig. In allen Fällen hatte der GIG Verband für Gewerbetreibende im Glücksspielswesen geklagt, um die Monopolgesellschaft auf die Einhaltung des GlüStV zu verpflichten. Das Landgericht Hamburg hatte seinerzeit zwei Klagen mit dem Hinweis, der GIG handele aufgrund einseitiger wettbewerbsrechtlicher Inanspruchnahme der Gesellschaften des Deutschen Lotto- und Totoblocks rechtsmissbräuchlich, als unzulässig abgewiesen und in einem weiteren Verfahren keinen Rechtsverstoß gesehen. Das OLG hat nun den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs verneint und dem Verband darüber hinaus in der Sache Recht gegeben.

Mit den heutigen Urteilen muss die staatliche Lottogesellschaft ihre Werbung für Lotto und/oder KENO auf den Linienbussen in Hamburg entfernen (Az. 3 U 145/09). Darüber hinaus untersagte das OLG die Zeitungsbeilage von Lottoscheinen für "6aus49" und GlücksSpirale" (3 U 39/11). Ebenso empfindlich dürfte es Lotto Hamburg treffen, dass ihr zudem die Internetwerbung für den so genannten "Team Tipp" untersagt worden ist (Az. 3 U 181/10).

Quelle: GIG – Verband für Gewerbetreibende im Glücksspielwesen e.V.

Dienstag, 9. August 2011

OLG Köln: Oberlandesgericht hebt einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln zur Teilnahme von Personen in Privatinsolvenz und von Personen, die als Empfänger von Arbeitrslosengeld II einen Spieleinsatz von 50,50 Euro riskieren, an Sportwetten auf

Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Köln vom 5. August 2011

Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat heute (Freitag, 05.08.2011) in der Berufungsinstanz in einem einstweiligen Verfügungsverfahren mündlich verhandelt und ein Urteil des Landgerichts Köln vom 05.05.2011 zur Ermöglichung der Teilnahme an Sportwetten von Personen, von denen bekannt geworden ist, dass sie überschuldet sind (Privatinsolvenz) oder dass sie in Relation zu ihrem Einkommen unverhältnismäßige Spieleinsätze riskieren (Empfänger von Arbeitslosengeld II mit Spieleinsatz von 50,50 Euro), abgeändert und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung insoweit zurückgewiesen.

Antragstellerin in dem einstweiligen Verfügungsverfahren ist eine in Malta ansässige Gesellschaft, die in Deutschland Glücksspiele vor allem über das Internet anbietet. Antragsgegnerin ist die Lotteriegesellschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, die Westdeutsche Lotterie GmbH und Co. KG. Die Antragstellerin stützt ihren Unterlassungsantrag auf den Erwerb von Wettscheinen der Sportwette Oddset durch mehrere Testpersonen in Annahmestellen der Antragsgegnerin in Köln, Hürth und Wesseling. Sie macht geltend, seitens der Antragsgegnerin sei gegen Marktverhaltensregeln des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV) verstoßen worden, indem in verschiedenen Annahmestellen unter anderem einer Person in Privatinsolvenz sowie einem Empfänger von Arbeitslosengeld II (auch Hartz IV genannt) mit einem Spieleinsatz vom 50,50 Euro die Teilnahme an Sportwetten ermöglicht worden sei. Den Mitarbeitern in der Annahmestelle sei aufgrund eines Gesprächs in der Annahmestelle bekannt gewesen, dass der Erwerber der Wettscheine sich - in einem Fall - in Privatinsolvenz befunden habe und daher überschuldet sei und - in dem anderen Fall - Arbeitslosengeld II beziehe und über kein Vermögen verfüge.

Das Landgericht Köln hatte mit Urteil vom 05.05.2011 gestützt auf die eidesstattlichen Versicherungen der Testpersonen seine einstweilige Verfügung bestätigt, mit der Antragsgegnerin aufgegeben worden war, es zu unterlassen, den Spielern in den genannten Konstellationen die Teilnahme an Sportwetten zu ermöglichen. Das Urteil des Landgerichts Köln vom 05.05.2011 hatte zudem die Verurteilung der Antragsgegnerin zur Unterlassung einer Glücksspielteilnahme von spielgesperrten Personen und Minderjährigen ohne ausreichende Kontrolle seitens der Annahmestellen zum Gegenstand. Insoweit hat die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht ihre Berufung zurückgenommen.

Der Senat ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch nach § 4 Nr. 11 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), § 8 Abs. 2 des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV) nicht glaubhaft gemacht sind. Aus den Regelungen in §§ 8 Abs. 2, 21 Abs. 3 GlüStV ergebe sich ein sofortiges Spielverbot - wie von der Antragstellerin geltend gemacht - ohne die in § 12 Abs. 3 des Ausführungsgesetzes NRW zum Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV AG NRW) vorgesehene Anhörung des Spielers und Überprüfung der bekannt gewordenen Umstände nicht. Überdies könne nicht verlangt werden, die genannten Personen unmittelbar - ohne Einhaltung des in § 12 Abs. 3 GlüStV AG NRW vorgesehenen Prüfungsverfahrens - in die Sperrkartei aufzunehmen. Schließlich hat der Senat in der mündlichen Verhandlung Bedenken geäußert, ob die Antragstellerin die tatsächlichen Voraussetzungen dafür, dass den Mitarbeitern der Annahmestellen aufgrund Wahrnehmung bekannt geworden ist, dass die (Test-)Personen überschuldet sind oder als Empfänger von Arbeitslosengeld II unverhältnismäßige Spieleinsätze riskieren, ausreichend glaubhaft gemacht hat.

Gegen das Urteil des 6. Zivilsenats in dem einstweiligen Verfügungsverfahren ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Die Antragstellerin kann die geltend gemachten Ansprüche in einem Hauptsacheverfahren weiter verfolgen.

Die schriftliche Urteilsbegründung wird voraussichtlich im September 2011 vorliegen. Die Entscheidung wird nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsbegründung in die Rechtsprechungsdatenbank des Landes Nordrhein-Westfalen "NRWE" (abrufbar unter www.nrwe.de) eingestellt.

Aktenzeichen:
OLG Köln 6 U 80/11
LG Köln, Urteil vom 05.05.2011 - 81 O 18/11

§ 8 Abs. 2 Glückspielstaatsvertrag (GlüStV): Die zur Teilnahme am Sperrsystem verpflichteten Veranstalter sperren Personen, die dies beantragen (Selbstsperre) oder von denen sie aufgrund der Wahrnehmung ihres Personals oder aufgrund von Meldungen Dritter wissen oder aufgrund sonstiger tatsächlicher Anhaltspunkte annehmen müssen, dass sie spielsuchtgefährdet oder überschuldet sind, ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen oder Spieleinsätze riskieren, die in keinem Verhältnis zu ihrem Einkommen oder Vermögen stehen (Fremdsperre).

§ 21 Abs. 3 Satz 1 GlüStV: Gesperrte Spieler dürfen an Wetten nicht teilnehmen.

§ 12 Abs. 3 Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland des Landes Nordrhein-Westfalen (GlüStV AG NRW): Im Fall der Fremdsperre ist der betroffene Spieler vor Aufnahme in die gemeinsame Sperrdatei unverzüglich anzuhören. Stimmt er der Fremdsperre nicht zu, sind die der Fremdsperre zugrundeliegenden Tatsachen durch geeignete Maßnahmen zu überprüfen.

§ 4 Nr. 11 Gesetz über den unlauteren Wettbewerb (UWG): Unlauter handelt insbesondere, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.