Donnerstag, 16. Dezember 2010

Bundesgerichtshof konkretisiert Werbebeschränkungen für Lotterien

Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 16. Dezember 2010

Lottogesellschaften ist es nicht generell verboten, hohe Gewinne bei Jackpotausspielungen anzukündigen. Das hat der u. a. für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden.

Der beklagte Freistaat veranstaltet in Bayern u. a. die Lotterie LOTTO - 6 aus 49. Die Klägerin, die Glücksspielangebote vermittelt, hält es für eine nach dem Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) unzulässige Werbung, dass der Beklagte Jackpotausspielungen mit einem Wert von mehr als 10 Mio. € ankündigt. Außerdem wendet sich die Klägerin dagegen, dass der Beklagte ein Kundenmagazin mit dem Titel "Spiel mit" verbreitet.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat diese Entscheidung bestätigt, soweit sich die Klägerin allgemein gegen die Ankündigung von Jackpotausspielungen über 10 Mio. € und den Titel des Kundenmagazins "Spiel mit" wendet. Es hat dem Beklagten aber verboten, für Jackpotausspielungen in der Weise zu werben, dass Höchstgewinne von 26 oder 29 Mio. € hervorgehoben unter Abbildung jubelnder Menschen angekündigt werden.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass nicht jede Ankündigung einer Jackpotausspielung mit einem möglichen Höchstgewinn über 10 Mio. € unzulässig ist. Nach § 5 Abs. 1 GlüStV hat sich Werbung für öffentliches Glücksspiel "zur Vermeidung eines Aufforderungscharakters bei Wahrung des Ziels, legale Glücksspielmöglichkeiten anzubieten, auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Glücksspiel zu beschränken". Da es sich bei der Jackpotlotterie um ein legales Glücksspiel handelt, ist danach die sachliche Information über Art und Höhe der ausgelobten Preise erlaubt. Zudem muss die Information über den Höchstgewinn nach den Richtlinien im Anhang des Glücksspielstaatsvertrags mit einer Aufklärung über die Wahrscheinlichkeit von Gewinn und Verlust verbunden werden. Dadurch wird die Anlockwirkung des Höchstgewinns begrenzt.

Eine Frage des Einzelfalls ist es, ob sich die konkrete Gestaltung der Ankündigung einer Jackpotausspielung in den zulässigen Grenzen hält. Insoweit hatte das Oberlandesgericht zu Recht die konkrete Werbung des Beklagten verboten, in der Höchstgewinne von 26 oder 29 Mio. € im Schriftbild hervorgehoben, verbunden mit der Abbildung jubelnder Menschen angekündigt werden.

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist der von dem Beklagten für sein Kundenmagazin verwendete Titel unzulässig. Der Imperativ "Spiel mit" enthält eine Aufforderung zur Spielteilnahme.

Urteil vom 16. Dezember 2010 - I ZR 149/08 - "Spiel mit"
OLG München -Urteil vom 31. Juli 2008 - 29 U 3580/07
OLGR München 2009, 19

LG München I - Urteil vom 29. März 2007 - 4 HK O 18116/06

Karlsruhe, den 16. Dezember 2010

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

Mittwoch, 15. Dezember 2010

EU-Binnenmarktkommissar fordert Deutschland zur europarechtskonformen Neuregelung des Glücksspielmarktes auf

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Angesichts des heutigen Spitzentreffens der deutschen Länder-Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Merkel mahnte der für den Binnenmarkt zuständige EU-Kommissar Michel Barnier unter Verweis auf die jüngste EuGH-Rechtsprechung eine europarechtskonforme Neuregelung an. "Die EU-Kommission hofft, dass das Ergebnis der Diskussion der Ministerpräsidenten zu Reformen führt, die mit dem EU-Recht voll vereinbar sind", sagte Barnier der Tageszeitung DIE WELT. "Die EU-Kommission hat Verständnis dafür, dass die Bundesländer ein starkes und legitimes Interesse am Schutz der Öffentlichkeit haben, insbesondere am Schutz Minderjähriger, an der Prävention problematischer Glücksspiele und krimineller Aktivitäten", so Barnier. Er verwies aber auf die jüngsten Urteile des Europäischen Gerichtshofs. Der EuGH hatte in seinen Urteilen vom 8. September 2010 zu mehreren Vorlagen deutscher Verwaltungsgerichte die derzeitige Monopolregelung für mit Europarecht nicht vereinbar erklärt. Nach Ansicht des EuGH gibt es in Deutschland keine hinreichende kohärente und systematische Regelung.

Grünbuch der Europäischen Kommission zum Glücksspielmarkt kommt wohl erst 2011

von Rechtsanwalkt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Der für den Binnenmarkt zuständige Kommissar Michel Barnier hatte schon vor mehreren Monaten ein sogenanntes Grünbuch (green paper)zum Glücksspiel angekündigt. Zuletzt hatte er im Oktober verkündet, dass die Europäische Kommission am 9. November 2010 ein entsprechendes Grünbuch als Diskussionsgrundlage veröffentlichen werde (was allerdings dann nicht erfolgte). Das Grünbuch soll nunmehr Anfang 2011 vorgelegt werden. Es könnte einen ersten Schritt hin zu einer Harmonisierung der sehr unterschiedlichen nationalen Regelungen innerhalb der Europäischen Union bedeuten. Aus dem Grünbuch wird nach einem Konsultationsprozess in der Regel ein sog. Weißbuch (white paper) entwickelt, in dem konkrete Schritte und Regelungen vorgeschlagen werden.

GIG e.V.: Internetseite von Lotto Schleswig-Holstein "offline"

- Internetwerbung und Zeitungsbeilagen der Monopolgesellschaft verstoßen gegen den Glücksspielstaatsvertrag
- OLG Schleswig untersagt anreizende Werbung der staatlichen Lottogesellschaft

15.12.2010 (Köln) – Der 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig hat der NordwestLotto Schleswig-Holstein GmbH & Co. KG mit seinem Berufungsurteil vom 14.12.2010 verboten, für die Lotterien "Lotto 6 aus 49" und "GlücksSpirale" durch Zeitungsbeilagen zu werben oder im Internet die Lotterien "Lotto 6 aus 49" oder "Keno" oder "Toto" oder "Oddset" oder "Spiel 77" zu bewerben oder bewerben zu lassen (Az. 6 U 14/09).


NordwestLotto Schleswig-Holstein hat daraufhin ihren Internetauftritt ("http://www.lotto-sh.de" www.lotto-sh.de) "offline" schalten müssen. Die staatliche Monopolgesellschaft, die als Mitglied des Deutschen Lotto- und Totoblocks derzeit für die Beibehaltung des Glücksspielstaatsvertrags plädiert, zieht damit die Konsequenzen aus ihrem nun obergerichtlich bestätigten (wiederholten) Verstoß gegen eben diesen Staatsvertrag.

Bezüglich der Zeitungsbeilagen – Lottoscheine mit "Frohe Ostern" – war der Senat der Ansicht, dass schon die Wahl des Vertriebsweges eine Anreizwirkung für Menschen habe, die bisher nicht spielten und gespielt hätten und zum Spielen angeregt werden sollten. Überdies vermittle die Gestaltung mit bunten Ostereiern eine positive Grundstimmung und damit eine eindeutige Ermunterung. Durch den Hinweis auf die Sonderziehung werde überdies Druck auf die angesprochenen Spieler ausgeübt, sich schnell zu entscheiden. Darüber hinaus ist der Senat der Ansicht, dass die nach § 5 Abs. 2 S. 3 GlüStV erforderlichen deutlichen Hinweise auf der Rückseite der Beilage nicht ausreichten. Diese Gesichtspunkte zusammengenommen würden einen unzulässigen Anreiz erzeugen. Die Beilagen verstießen daher gegen § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV.

Hinsichtlich der Internetwerbung verwies der Senat darauf, dass die Bebilderung keinerlei Informationsgehalt hätte und also unzulässig sei. Die Bilder seien Werbung, und dies verstieße allein schon gegen § 5 Abs. 3 GlüStV.

Quelle: GIG – Verband für Gewerbetreibende im Glücksspielwesen e.V.

Dienstag, 14. Dezember 2010

Deutscher Lottoverband: Lotto weiter auf Talfahrt

Umsätze der staatlichen Lottogesellschaften gehen auch in 2010 deutlich zurück

Bilanz des Glücksspielstaatsvertrags: 13 Mrd. Euro Umsatzminus und 6 Mrd. weniger Steuern und Zweckerträge erwartet

Tiefe Einschnitte bei der Förderung des Breitensports und sozialer Projekte

Hamburg, 14. Dezember 2010 - Die staatlichen Lottogesellschaften haben mit "6 aus 49" im Vergleich zum Vorjahr erneut fast 10% ihrer Umsätze eingebüßt, seit Einführung des Glücksspielstaatsvertrags beträgt das Minus rund 25%. Noch härter traf der Vertrag die Klassenlotterien SKL und NKL (-50%) und die gewerblichen Spielvermittler wie Faber, JAXX und Tipp24, die rund 90% ihrer Umsätze verloren oder ihr Geschäft ganz einstellen mussten. Gründe hierfür sind die massiven Werbe- und Vertriebsbeschränkungen und das Internetverbot, die infolge der Spielsuchtbegründung des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) seit 2008 gelten.

Insgesamt werden die Bundesländer bis zum Ende der vierjährigen Laufzeit des Vertrags voraussichtlich rund 13 Milliarden Euro Umsatz und damit 6 Milliarden Euro Steuern und Zweckerträge verlieren. Zahlreiche Projekte aus Sport, Wohlfahrt und Kultur, die aus dem Lotto-Topf gefördert werden, müssen daher mit tiefen Einschnitten rechnen.

Der Deutsche Lottoverband appelliert an die Ministerpräsidenten, die bisherige Politik zu beenden: "Der Glücksspielstaatsvertrag ist rechtlich und fiskalisch gescheitert. Die Suchtbegründung bei Lotterien ist scheinheilig, widersprüchlich und hat ein ökonomisches Desaster bewirkt. Nun gilt es, aus den Erfahrungen zu lernen und die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen", so Norman Faber, Präsident des Deutschen Lottoverbandes. "Es gibt andere Gründe, die das Lotterieveranstaltungsmonopol sichern. Dieses zeigt die Praxis in den meisten europäischen Ländern, die vom EuGH akzeptiert wurde", so Faber.

Die Ministerpräsidenten beraten morgen über die Zukunft des GlüStV. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte die deutschen Monopol-Regelungen im September gekippt. Zahlreiche Verwaltungsgerichte haben daher zentrale Regelungen des GlüStV außer Kraft gesetzt. Für die Länder besteht nun dringender Handlungsbedarf. Für eine Neuregelung hat der EuGH unmissverständlich klargestellt: Wenn ein Monopol mit der Suchtprävention begründet wird, dann müssen alle Glücksspiele im Verhältnis zu ihren Suchtgefahren reguliert werden. Zwingende Folge wäre die Verstaatlichung der Spielhallen, Pferdewetten und privaten Spielbanken, die deutlich gefährlicher, jedoch erheblich liberaler reguliert sind als Lotterien, bei denen faktisch keine Spielsuchtgefahren bestehen – das ist unrealistisch und politisch nicht durchsetzbar.

Die Sucht-Begründung steht bislang auch dem Plan des Deutschen Lotto- und Totoblocks (DLTB) im Wege, die neue Mega-Lotterie "Eurojackpot" mit Hauptgewinnen von bis zu 90 Millionen Euro einzuführen. Nach der EuGH-Rechtsprechung ist eine Bewerbung großer Gewinne verboten, wenn Monopole mit Spielsuchtprävention begründet werden.

Auch der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), der Deutsche Fußballbund (DFB), der Profi-Sport (DFL, DEL, DHL u. a.) sowie die privaten Rundfunkanbieter (VPRT) sprechen sich offen für einen Politikwechsel aus.

In mehreren Ländern spricht man sich inzwischen offen für eine Lockerung der Glücksspielregelungen aus. Ungeachtet des Treffens der Ministerpräsidenten hat die Regierungskoalition in Schleswig-Holstein bereits einen Gesetzesentwurf zur Liberalisierung des Glücksspielwesens in das Kieler Parlament eingebracht, der am kommenden Freitag erörtert werden soll.

Quelle: Deutscher Lottoverband

Glücksspiel: BITKOM fordert Abkehr vom Staatsmonopol

Lotto- und Wettmonopol der Länder laut EU-Gericht rechtswidrig

Berlin, 14.12.2010

- Ministerpräsidenten beraten morgen - auch über Internetsperren
- Gefahrenprävention nur auf offenem Markt umfassend möglich
- Zwei Millionen Deutsche nehmen an Online-Glücksspielen teil


Der Hightech-Verband BITKOM hat die Bundesländer aufgefordert, ihr Lotto- und Wettmonopol aufzugeben und klare Regeln für einen freien und fairen Markt zu schaffen. Vor der morgigen Beratung der Ministerpräsidenten zum Glücksspiel-Staatsvertrag sagte BITKOM-Präsident Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer: "Der Europäische Gerichtshof hat das staatliche Lotto- und Sportwettenmonopol in Deutschland für unrechtmäßig erklärt. Jetzt gibt es eine Chance, zeitgemäße Regeln für einen offenen Glücksspiel-Markt in Deutschland festzulegen - inklusive der nötigen Bedingungen zur Gefahrenprävention." Das EU-Gericht hatte im September gerügt, dass das deutsche Monopol nicht auf Suchtprävention ziele, sondern den Ländern Einnahmen sichern solle. Auch sei ein staatliches Lotto- und Wettmonopol nicht zu rechtfertigen, solange andere Glücksspiele wie das Automatenspiel privaten Anbietern offen stehen. Das Bundesverwaltungsgericht hatte sich dieser Auffassung vor kurzem angeschlossen.

Die Ministerpräsidenten beraten morgen zwar über drei verschiedene Glücksspiel-Modelle, die jedoch alle den Erhalt des umstrittenen Lotto-Monopols vorsehen. Den staatlichen Lottogesellschaften soll künftig auch der Vertrieb über das Internet wieder erlaubt werden. Ebenso kann weiter für staatliche Lottoangebote geworben werden. Zwei der Modelle sehen zusätzlich vor, verbotene Glücksspielangebote im Netz durch Sperren bei den Internet-Zugangsanbietern zu blockieren. Nur ein Vorschlag beinhaltet eine umfassende Liberalisierung des Sportwettensektors.

"Die Pläne zeigen, dass die Länder vor allem ihre eigenen Lotto-Einnahmen sichern wollen - und dafür sogar zum drastischen Mittel der Internet-Sperren greifen würden. Um Sucht- und Gefahrenprävention geht es dabei nur vordergründig", so Scheer.

BITKOM plädiert vor dem Hintergrund der höchstrichterlichen Urteile für eine regulierte Öffnung des Lotto- und Wettmarkts mit klaren Auflagen für Suchtprävention und Verbraucherschutz. "Sonst wandern deutsche Kunden zu Anbietern aus dem Ausland ab, wo sie im Zweifel überhaupt nicht geschützt sind", so Scheer. Vier von zehn Online-Glücksspielern (39 Prozent) würden bei einer vollständigen Durchsetzung des Verbots ausländische Angebote nutzen, ergab eine Umfrage des Instituts Forsa im Auftrag des BITKOM. Rund zwei Millionen Deutsche nehmen im Internet an Glücksspielen und Wetten teil, darunter 1,7 Millionen Männer und 0,3 Millionen Frauen.

BITKOM befürchtet eine anhaltende Unsicherheit für Anbieter und Nutzer, falls die Länder an ihrem offensichtlich rechtswidrigen Monopol festhalten. "Wenn die Länder bei ihrer starren Haltung bleiben, werden wir eine neue Welle von Gerichtsverfahren erleben, die weder dem Staat noch der Wirtschaft hilft."

Zur Methodik: Die angegebenen Daten sind repräsentativ für alle Deutschen ab 18 Jahren. Bei der Befragung von Forsa im Auftrag des BITKOM wurden mehr als 1.000 Online-Glücksspieler befragt.

Über BITKOM - Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V.

Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. vertritt mehr als 1.350 Unternehmen, davon über 1.000 Direktmitglieder mit etwa 135 Milliarden Euro Umsatz und 700.000 Beschäftigten. Hierzu zählen Anbieter von Software, IT-Services und Telekommunikationsdiensten, Hersteller von Hardware und Consumer Electronics sowie Unternehmen der digitalen Medien. Der BITKOM setzt sich insbesondere für bessere ordnungspolitische Rahmenbedingungen, eine Modernisierung des Bildungssystems und eine innovationsorientierte Wirtschaftspolitik ein.

Sonntag, 12. Dezember 2010

Schleswig-holsteinischer Landtag behandelt neues Glücksspielgesetz: Zulassung privater Wettanbieter und von Online-Spielbanken geplant

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Der Schleswig-holsteinische Landtag wird in der kommenden Woche auf seiner 13. Tagung (15. - 17. Dezember 2010) einen von den Regierungsfraktionen der CDU und FDP eingebrachten Gesetzesentwurf zum Glücksspielrecht behandeln. Der Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Glücksspiels (Glücksspielgesetz) wurde kürzlich am 3. Dezember 2010 als Landtagsdrucksache 17/1100 veröffentlicht.

Das Glücksspielgesetz soll zum 1. Januar 2012 in Kraft treten und die bis dahin geltenden Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags ersetzen. Der Entwurf berücksichtigt insbesondere die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes, der die derzeit in Deutschland geltenden Regelungen in seinen Urteilen vom 8. September 2010 für europarechtswidrig erklärt hatte.Die CDU- und FDP-Fraktionen hatten am 9. Juni 2010 erstmalig ihren Entwurf eines neuen Glücksspielstaatsvertrages in Berlin vorgestellt. Am 22. September 2010 fand hierzu eine Experten-Anhörung in Kiel statt.

Während sich das Land für sog. „Große Lotterien“ ein staatliches Monopol vorbehält (Veranstaltungsmonopol), sollen insbesondere Sportwetten und Online-Casinospiele liberalisiert werden. So sollen Online-Spielbanken zulässig sein (Zulassung nach § 19) und Online-Casinospiele vertrieben werden dürfen (§ 20). Auch der Lotterievertrieb soll deutlich erleichtert werden (laut Begründung “weitgehende Beseitigung der Beschränkungen auf der Vertriebsseite“). Der Vertrieb ist auch im Internet wieder zulässig.

Die Werberestriktionen werden beseitigt und – so die Gesetzesbegründung - auf den generellen Maßstab des Wettbewerbsrechts zurückgeführt. Die Werbung in Rundfunk und Internet wird zugelassen. Eine Sperrdatei für spielsuchtgefährdete Spieler ist für die besonders suchtgefährlichen Glücksspiele der Spielbanken sowie der Online-Spielbanken vorgesehen.

Das staatliche Monopol für Große Lotterien wird nunmehr nicht mehr maßgeblich mit der Spielsucht begründet, sondern auf die Bekämpfung der bei Großlotterieveranstaltungen bei der Zulassung privater Veranstalter drohenden Manipulationsgefahren und andere Besonderheiten gestützt. Die Erleichterungen beim Vertrieb werden mit der „effektive Kanalisierung hin zu dem zugelassenen Angebot“ begründet.

Sportwetten können zukünftig von privaten Anbietern veranstaltet werden. Die Zulassung der Wettunternehmen erfolgt gemäß § 22 durch die Prüfstelle, eine unter der Aufsicht des Innenministerium stehende Anstalt des öffentlichen Rechts. Bei bereits in einem anderen EU- bzw. EWR-Mitgliedstaaten zugelassenen Wettunternehmen wird vermutet, dass die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind. Auch der Vertrieb öffentlicher Wetten bedarf sowohl stationär als auch im Fernvertrieb einer Genehmigung der Prüfstelle (§ 23). Für jede Wettannahmestelle ist eine Sicherheit in Höhe von 20.000 Euro zu erbringen (bzw. 10.000 Euro für andere Standorte). Für den Fernvertrieb beträgt die Sicherheitsleistung mindestens 1 Mio. Euro. Die Veranstaltung und der Vertrieb von Wetten hat organisatorisch, rechtlich, wirtschaftlich und personell getrennt von der Veranstaltung oder der Organisation des bewetteten Ereignisses zu erfolgen.

Wie nicht anders zu erwarten, ist der Gesetzesvorschlag maßgeblich fiskalisch begründet. Als Abgabe sind 20% des Rohertrags zu erbringen bzw. bei Spielen ohne Bankhalter 20% des dem Anbieter zufließenden Betrags. Die Abgabe schuldet auch, wer nicht genehmigte Glücksspiele anbietet (§ 43 Abs. 1 Satz 2).