Mittwoch, 13. Juni 2007

DOSB: Kritik an geplanter Fortschreibung des Sportwetten-Monopols

Der Bundestags-Sportausschuss hat sich mit breiter Mehrheit hinter das Sportwetten-Monopol gestellt. In Sport und Politik gibt es aber auch kritische Stimmen zur Fortschreibung des Monopols.

Der Wettbeauftragte des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und der Deutschen Fußball Liga (DFL), Wilfried Straub, hat die Ministerpräsidenten der Länder wegen der beabsichtigten Fortschreibung des staatlichen Wettmonopols bis 2011 kritisiert. „Alle Vorschläge des Fußballs für eine Neuordnung der Sportwetten wurden nicht zur Kenntnis genommen“, erklärte Straub auf einer Fachveranstaltung in Berlin, zu dem die CDU-Landtagsfraktion von Schleswig-Holstein eingeladen hatte. „Hinter den Kulissen wurden die Schachfiguren für den neuen Staatsvertrag bewegt, der weiterhin die privaten Anbieter ausgrenzt.“ Im Mittelpunkt des Expertengesprächs stand die Suche nach einem „Ausweg aus dem Glücksspiel-Chaos“.

Straub wies darauf hin, die Terminlisten des Fußballs seien „kein freihändiges Gut“. Die Rechtsposition müsse durch ein Bundesgesetz geschützt werden, forderte er. Hierfür liege bereits ein juristisches Gutachten des Max-Planck-Instituts für Wirtschaftsrecht in München vor, das der Bundesregierung zugeleitet wurde. Straub unterstrich, bei Fortschreibung des staatlichen Wettmonopols durch Oddset, Tochterunternehmen der Landeslottogesellschaften, müsse der Sport insgesamt schon kurzfristig um seine Einnahmen fürchten. Zudem dürften nach Verabschiedung des neuen Glücksspiel-Staatsvertrages, der von den Bundesländern bis Ende des Jahres ratifiziert werden soll, „Wild-West-Zustände“ eintreten. Sollten letztendlich die Wettumsätze über das Internet ins Ausland abfließen, gingen die Einnahmen für den Breitensport weiter zurück, ja, er sorge sich sogar um „manipulierte Spielausgänge“, betonte Straub.

"Private Sportwetten-Anbieter sollten zugelassen werden."

Der Staatsrechtler und ehemalige Bundesverteidigungsminister Prof. Rupert Scholz erklärte in seinem Vortrag, der im Entwurf vorliegende Staatsvertrag, der jetzt von den Landtagen ratifiziert werden soll, werde vor dem Bundesverfassungsgericht keinen Bestand haben. Statt einer „rechtswidrigen Monopolisierung“ sollten private Sportwetten-Anbieter zugelassen werden, die mit einer so genannten Lenkungsabgabe auch Beiträge zu Gunsten des Breitensports leisten wollten. „Es ist rechtsstaatlich bedenklich, private Anbieter vom Markt zu verdrängen“, unterstrich Prof. Scholz und begründete dies mit Artikel 12 des Grundgesetzes, der die Berufs- und Gewerbefreiheit garantiert. „Eine Monopolisierung ist nicht verfassungsgemäß. Zuvor muss der Weg des milderen Mittels gegangen werden.“

„Die Gemeinschaftswidrigkeit der von den Ministerpräsidenten beabsichtigten Fortschreibung des Sportwettenmonopols steht schon fest“, urteilte Rechtsanwalt Dr. Andreas Rosenfeld aus europarechtlicher Perspektive. „Es gibt mildere Mittel, um den Jugendschutz und die Suchtbekämpfung durchzusetzen.“ Überhaupt sei es nicht zielführend, wenn in Deutschland Sportwetten stärker reguliert würden als Automatenspiele und Pferdewetten. Der Europarechtler geht davon aus, dass der beabsichtigte neue Staatsvertrag, sollte er tatsächlich so beschlossen werden, sehr schnell gerichtlich überprüft werde: „Es ist sicher, dass dieser als unanwendbar erklärt wird. Dann werden Schadenersatzansprüche geltend gemacht, und es droht eine Staatshaftungsklage wegen Missachtung des Europarechts.“

„Mit kuscheligem Sportwetten-Monopol graben wir uns das eigene Grab“

Auch der stellvertretende Vorsitzende des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, Peter Rauen (CDU), kritisierte die Arbeit der Ministerpräsidenten. „Mit dem kuscheligen Sportwetten-Monopol graben wir uns das eigene Grab“, sagte Rauen. „Das Monopol ist nicht tragfähig. Wenn wir jetzt auf Zeit spielen, sind die Märkte kaputt. Es ist fünf vor zwölf. Haben wir nun keinen Mut zu Änderungen, wird es große Nachteile für den deutschen Sport geben. Die Einnahmen brächen dann weiter ein.“ Hingegen betonte der Glücksspielreferent der Berliner Senatsverwaltung, Karl-Heinz Hage, der Entwurf der Ministerpräsidenten zeige einen „modernen Vertrag“, der klare Fristen und eine Evaluierungsregelung enthalte. „Ich bin mir sehr sicher, dass das, was die Ministerpräsidenten vereinbart haben, sich halten wird.“

„Die Zukunft liegt nicht im Monopol“, erklärte der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Thomas Stritzl. Der EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso habe ihm gegenüber bereits ein „klares Nein“ zum Vertragsentwurf deutlich gemacht. „Die Fortschreibung der Monopolisierung ist nicht machbar und verstößt gegen EU-Gemeinschaftsrecht.“ Letztlich seien die Ministerpräsidenten von ihren Lottogesellschaften „falsch beraten“ worden; ihnen sei „vorgegaukelt worden, dass das Beschlossene Bestand hat“. „Schon jetzt ist das staatliche Sportwettenmonopol gescheitert“, erklärte Stritzl. „Wir haben doch schon heute einen gewaltigen Schwarzmarkt.“ Da eine Internetsperre nicht funktioniere, sollte der Markt liberalisiert werden, so dass seriöse private Anbieter kontrolliert Sportwetten rechtmäßig anbieten könnten.

Die Nord-CDU meint, die verbleibende Zeit in diesem Jahr sollte genutzt werden, um eine neue Lösung zu finden. Die Privaten seien bereit, Steuern zu zahlen und eine Lenkungsabgabe zu leisten, die 15 Prozent der getätigten Umsätze umfassen sollte. Die Einnahmen sollten für Gemeinwohl-Zwecke, somit auch für den Breitensport, genutzt werden. Für die Lizenzierung und die Abgabenverwaltung könnte eine der Medienanstalten der Bundesländer tätig werden, die als Bevollmächtigte eingesetzt werden müsste.

CDU Schleswig-Holstein weiter für Liberalisierung der Sportwetten

Die CDU-Landtagsfraktion Schleswig-Holstein hatte bereits im März einen eigenen Diskussionsentwurf vorgestellt, der eine duale Struktur von Lotterien und Sportwetten vorsieht. Was bedeutet: Für Sportwetten sollte ein neuer Staatsvertrag geschlossen werden, für Lotto und Lotterien müsste der Lotteriestaatsvertrag von 2004 weiter gelten. Der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Otto Bernhard, kündigte seine Unterstützung für eine Neujustierung des Sportwettenmarkts an: „Bislang hat sich der Bund mit diesem Thema wenig befasst, denn wegen des Subsidiaritäts-prinzips sind die Länder zuständig. Jetzt bin ich der Meinung, dass der vorliegende Staatsvertragsentwurf nicht tragfähig ist. Ich werde prüfen, inwieweit wir vom Bundestag dazu beitragen können, die Initiative zum Erfolg zu führen.“

Die Neuordnung des deutschen Sportwettenmarkts muss nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 bis Ende 2007 erfolgen. Der Vorschlag der Ministerpräsidentenkonferenz vom 13. Dezember letzten Jahres, die Sportwetten einem strikten Staatsmonopol mit einem weit reichenden Internetverbot zu unterwerfen und den bereits liberalisierten Vertrieb im Lotteriebereich zu monopolisieren, ist von 13 Regierungschefs unterschrieben worden. Schleswig-Holstein, Thüringen und Baden-Württemberg haben sich noch nicht dafür entschieden.

Quelle: DOSB www.dosb.de

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