von Rechtsanwalt Martin Arendts, www.wettrecht.de
Das Bundesverfassungsgericht hat in fünf Kammerbeschlüssen Verfassungsbeschwerden von Sportwettenvermittlern gegen Durchsuchungsbeschlüsse aus den Jahren 2004 und 2005 stattgegeben (Beschluss vom 15. April 2009, Az. 2 BvR 1496/05; Beschlüsse vom 29. Juni 2009, Az. 2 BvR 174/05, 2 BvR 1498/05, 2 BvR 1499/05 und 2 BvR 2211/05). Das Bundesverfassungsgericht stellte dabei jeweils einen Verstoß gegen Art. 13 Abs. 1 Grundgesetz (GG), die Unverletzlichkeit der Wohnung, fest.
Die damalige Verfassungswidrigkeit des strafbewehrten Ausschlusses privater Wettunternehmer von der gewerblichen Veranstaltung von Sportwetten führe dazu, dass für die Zeit vor Erlass des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 kein staatlicher Strafanspruch gegen private Vermittler von Oddset-Sportwetten bestehe. Das staatliche Wettmonopol stelle angesichts des mit ihm einhergehenden Ausschlusses gewerblicher Wettveranstaltung durch private Wettunternehmer in seiner damaligen gesetzlichen und tatsächlichen Ausgestaltung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit dar. Die Strafvorschrift des § 284 StGB sei daher im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Beschlüsse wegen eines Grundrechtsverstoßes nicht anwendbar gewesen.
Die Beurteilung nach Europarecht lässt das Bundesverfassungsgericht dahin stehen. Die Straflosigkeit der Vermittlung von Sportwetten ergebe sich bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen:
„Das Entfallen des staatlichen Strafanspruchs ist von Verfassungs wegen geboten. Eine Strafbewehrung der Vermittlung von Sportwetten in der hier maßgeblichen Zeit vor Erlass des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 würde infolge der seinerzeitigen Verfassungswidrigkeit des strafbewehrten Ausschlusses privater Wettunternehmer von der gewerblichen Veranstaltung von Sportwetten einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der deutschen beziehungsweise in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) der ausländischen privaten Sportwettenvermittler - so auch in die allgemeine Handlungsfreiheit des Beschwerdeführers - darstellen. Jedenfalls die Anwendung von § 284 StGB ist insoweit mit der Verfassung unvereinbar.“
Aufgrund dieser klaren verfassungsgerichtlichen Aussagen zur Nicht-Anwendbarkeit des § 284 StGB ist zu prüfen, ob nicht Altfälle vor dem Sportwetten-Urteil des Bundesverfassungsgericht neu aufzurollen sind. Im Übrigen sind Schadensersatzansprüche wegen der verfassungswidrigen Durchsuchungen bei Sportwettenvermittlern und wegen verfassungswidriger Beschlagnahmen zu prüfen.
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