Dienstag, 6. März 2007

Auswirkungen des Placanica-Urteils auf Deutschland

„Das Urteil betrifft ja nur die Rechtslage in Italien“ - Der Deutsche Lotto- und Totoblock, das Kartell der staatlichen Anbieter, versucht das heute verkündeten Placanica-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in seinem Sinne zu interpretieren. Der EuGH habe nicht über das deutsche Glücksspielmonopol entschieden, so dass der Glücksspielstaatsvertrag wie geplant umgesetzt werden könne.

Die staatlichen Anbieter verkennen damit die Funktion des Vorlageverfahrens, bei dem der EuGH keine nationalen, hier „italienischen“ Fälle entscheidet, sondern zur Wahrung der Rechtseinheit das europäische Gemeinschaftsrecht verbindlich auslegt. Die Anforderungen der EuGH an eine noch zulässige Einschränkung der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit bei der grenzüberschreitenden Vermittlung von Sportwetten sind unmittelbar in Deutschland anwendbar und von allen deutschen Behörden und Gerichten zu beachten. Insoweit hat das Urteil auch Auswirkungen auf das Glückspielmonopol in Deutschland, auch wenn die grundsätzliche Zulässigkeit derartiger Monopole nicht Gegenstand des Verfahrens war (diesbezüglich sind jedoch zwei Verfahren vor dem EFTA-Gerichtshof anhängig).

Nach dem Placanica-Urteil ist klar, dass das Angebot von Sportwetten von einem EU-Mitgliedstaat in einen anderen von dem Empfangsstaat nicht strafrechtlich sanktioniert werden darf. Das Strafrecht darf nach der klaren Vorgabe des EuGH nicht die durch das Gemeinschaftsrecht garantierten Grundfreiheiten beschränken. Damit dürfen Vermittler, die von Deutschland aus Sportwetten an in anderen EU-Mitgliedstaaten staatlich zugelassene Buchmacher weiterleiten, in Deutschland nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden. Auch eine verwaltungsrechtliche Untersagung ist unzulässig. Damit ist der deutsche Sportwettenmarkt für Anbieter aus anderen EU- und EWR-Mitgliedstaaten geöffnet.

In dieser Situation dürfte es wirtschaftlich wenig Sinn machen, das Wettmonopol in Deutschland weiter aufrecht zu erhalten. Die unter der Marke „ODDSET“ agierenden staatlichen Anbieter sind angesichts ihrer schlechten Quoten gegenüber privaten Anbietern nicht wettbewerbsfähig und dürften weiter rapide Marktanteile verlieren. Die politische Diskussion wird daher erst jetzt richtig losgehen, da der geplante Glücksspielstaatsvertrag in der bisherigen Form nicht mehr haltbar sein wird. Die CDU Schleswig-Holstein will nach Zeitungsberichten noch heute einen Alternativentwurf für einen Staatsvertrag vorlegen, der ein Konzessionsmodell für Sportwetten vorsieht.

aus: Sportwettenrecht aktuell Nr. 71

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