von Rechtsanwalt Martin Arendts, www.wettrecht.de
Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hat in mehreren aktuellen Hauptsache-Urteilen die Verfassungswidrigkeit und Europarechtswidrigkeit des Glücksspielstaatvertrags festgestellt und damit die schon bisher vertretene Rechtsüberzeugung bestätigt (Urteile vom 6. Juli 2009, Az. VG 35 A 168.08 u.a.). Die von der Rechtsanwaltskanzlei ARENDTS ANWÄLTE vertretenen Sportwettenvermittler waren damit mit ihren Klagen gegen Untersagungsverfügungen des Landes Berlin (Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten) erfolgreich.
Nach den heute zugestellten Entscheidungsgründen lässt sich die Untersagungsverfügung nach Überzeugung des VG Berlin nicht in verfassungs- und gemeinschaftsrechtskonformer Weise auf die Ermächtigungsgrundlage des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) stützen. Die Ermächtigungsgrundlage des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 GlüStV sei verfassungswidrig, da bereits die in § 4 Abs. 1 S. 1 GlüStV konstituierte Erlaubnispflicht verfassungswidrig sei. Im Übrigen sei die Untersagungsverfügung auch wegen ihrer Unverhältnismäßigkeit und eines daraus resultierenden Ermessensfehlers rechtswidrig.
Der Glücksspielaufsicht sei es aufgrund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts angesichts der Unverhältnismäßigkeit der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit derzeit nicht möglich, Untersagungsverfügungen gegen Unionsbürger zu erlassen, wenn Sportwetten an in einem anderen EU-Mitgliedstaat rechtmäßig zugelassenen Vertragspartner vermittelt werden. Die Unterbindung gegenüber Drittstaatsangehörige (Kläger mit montenegrinischer Staatangehörigkeit) sei nicht mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar.
Die bisherigen gesetzlichen Maßnahmen zur Spielsuchtbekämpfung sind nach Ansicht des Gerichts angesichts der völligen Untätigkeit des beklagten Landes bei der Zulassungsregelung für besonders suchtgefährdend geltende Geldspielgeräte ungeeignet. Trotz einer Empfehlung des Fachbeirats Glücksspielsucht vor mehr als einem Jahr habe bislang kein Bundesland eine entsprechende Gesetzesinitiative ergriffen. Die nunmehrige Argumentation des Landes Berlin, die Empfehlung des Fachbeirats sei „kontraproduktiv“, widerspreche der bisherigen Darstellung und sei unbegründet.
Europarechtlich komme es bei der Prüfung der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit auf die „konkreten Anwendungsmodalitäten“, d.h. auf die tatsächliche Ausgestaltung an. Hierbei seien die vom Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg geäußerten Bedenken hinsichtlich Art und Ausmaß der von den staatlichen Monopolanbietern praktizierten Werbung zu berücksichtigen. Maßnahmen der Aufsichtsbehörde gegen unzulässige Werbung der Deutschen Klassenlotterie Berlin sind nach den Feststellungen des Gerichts nicht erkennbar. Die Einschränkung des Grundrechtsschutzes und der Grundfreiheiten der Sportwettenvermittler könnten nicht damit gerechtfertigte werden, dass die Glücksspielaufsicht für den staatlichen Monopolanbieter nicht mit ausreichenden Mitteln ausgestattet worden sei.
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