Donnerstag, 1. Oktober 2009

OLG Koblenz verpflichtet Lotto Rheinland-Pfalz zur Annahme von Online-Lottoscheinen der Tipp24 AG und anderer Vermittler

Gericht bekräftigt erhebliche Bedenken gegen die Vereinbarkeit des Glücksspiel-Staatsvertrages mit Europarecht

(Hamburg, 01.10.09) Lotto Rheinland-Pfalz muss seine elektronische Schnittstelle zur Annahme von Internetlottoscheinen wieder öffnen. Betroffen sind Dauerspielaufträge für Lotto 6 aus 49, Spiel 77, Super 6 und Glücksspirale. Dies hat das Oberlandesgericht Koblenz in einem aktuellen Urteil entschieden (OLG Koblenz v. 23.09.2009 – 1 U 349/09). Geklagt hatte ein technischer Dienstleister, der Lottotipps von Tipp24 in Rheinland-Pfalz und anderen Ländern abgab. Lotto Rheinland-Pfalz hatte die Annahme von Internettipps Anfang Januar verweigert, weil der Glücksspiel-Staatsvertrag das Internet-Lotto verbietet.

Bereits im Januar hatte das OLG Koblenz das Internetlottospiel durch eine einstweilige Verfügung ermöglicht. Lotto Rheinland-Pfalz musste seine elektronische Schnittstelle für Internetlottotipps wieder öffnen. Das Rechtsmittel von Lotto Rheinland-Pfalz hiergegen führte zwar zwischenzeitlich zu einem Stopp durch das Landgericht, blieb aber in letzter Instanz erfolglos. Nun hat das OLG die Abgabemöglichkeit im Internet erneut geschaffen.

Das Gericht begründete seine Entscheidung mit europarechtlichen Bedenken gegen das Internet-Lottoverbot des Glücksspiel-Staatsvertrags. Die Richter teilen die Bedenken der Europäischen Kommission, ob die deutschen Beschränkungen des Glücksspiels, so auch Lotto, kohärent und systematisch zur Begrenzung der Spiel- und Wetttätigkeiten beitragen. Das Gericht betont, dass Internet-Pferdewetten bislang in Deutschland nicht verboten sind und das Angebot an Spielautomaten, auch via Internet, keine Einschränkung erfahren hat. Auch die Vermittlung von Glücksspielen auf dem Postwege sei nach wie vor erlaubt. Der Kunde könne sogar in Annahmestellen über Computer unmittelbar seinen Spieltipp an die Lottogesellschaft übermitteln.

Lotto Rheinland-Pfalz konnte dem weder wirksam entgegenhalten, dass die Lottoscheine bundesweit und nicht nur in Rheinland-Pfalz abgegeben wurden, noch dass die Gesellschaft, welche die von der Tipp24 AG vermittelten Dauerscheine abgibt, über keine behördliche Erlaubnis zur Vermittlung verfügt.

Das Gericht betont, dass für Dauertipps, die bis 2008 legal im Internet vermittelt werden konnten, selbst bei Geltung des Glücksspiel-Staatsvertrags kein Onlineverbot besteht. Dies folge bereits aus der Auslegung des Glücksspiel-Staatsvertrags.

Auch die Beschränkung von Lotto auf ein Bundesland (Regionalität) oder der Erlaubnisvorbehalt für Vermittler stehen der Einspeisung nicht entgegen.

Die einstweilige Verfügung beschränkt sich auf Dauerscheine, die bis 31.12.2008 vermittelt wurden. Die Online-Dauertipps, die von der Tipp24 AG im Internet vermittelt worden sind, können damit wieder eingespeist werden, sobald die Verfügung des Gerichts von Lotto Rheinland-Pfalz technisch umgesetzt ist. Der Dienstleister hat der Tipp24 AG mitgeteilt, dass er nun eine zügige Umsetzung einfordern wird.

Die Bedenken des Gerichts gegen die Europarechtskonformität gehen sogar noch weiter. Sie betreffen der Sache nach auch die Lottovermittlung im Internet ab 2009. Dennoch hat das Gericht noch keine weitergehende einstweilige Verfügung erlassen, die auch für neue Internet-Lottotipps gelten würde. Dies begründete das Gericht damit, dass für eine solche einstweilige Verfügung die Dringlichkeit fehle, denn derzeit stehen solche Lottotipps nicht zur Einspeisung an. Dies liegt daran, dass die Tipp24 AG die Vermittlung angesichts des Glücksspiel-Staatsvertrags eingestellt hat und die neue Betreiberin der Webseite tipp24.com nach den Querelen mit den Lottogesellschaften derzeit keine Vermittlung des deutschen Lottos in Deutschland mehr angeboten hat. Die Möglichkeit, auch neue Online-Lottotipps weiter abgeben zu können, kann - so das Gericht - in einem Hauptsacheverfahren rechtlich geklärt werden.

Zum Hintergrund: Der Tipp24 AG ist es wie anderen privaten Anbietern qua Glücksspiel-Staatsvertrag untersagt, Tipps für das deutsche Lotto über das Internet an die Landeslotterie-Gesellschaften zu vermitteln. Dies mit dem Argument, die Lottospieler vor einer Spielsucht schützen zu wollen. Dr. Hans Cornehl, Vorstand der Tipp24 AG: "Der Glücksspiel-Staatsvertrag ist in Bezug auf Online-Lotto völlig unverhältnismäßig, da die als Rechtfertigung vorgebrachte angebliche Lottosucht bis dato in keiner wissenschaftlichen Untersuchung als reale Gefahr belegt werden konnte. Lottospieler können sich in den stationären Lottoannahmestellen völlig anonym und mit viel höheren Einsätzen, als es bei den ehemals in Deutschland tätigen privaten Vermittlern möglich war, dem staatlichen Lotto hingeben. Offenbar ging es dem Staat nur darum, lästige private Konkurrenz zu verdrängen."

Quelle: Tipp24 AG

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