Gerichtshof der Europäischen Union
PRESSEMITTEILUNG Nr. 139/14
PRESSEMITTEILUNG Nr. 139/14
Nach Auffassung des Gerichtshofs ist diese Beschränkung nicht durch die Bekämpfung der Geldwäsche und der Spielsucht gerechtfertigt
In Italien unterliegen Gewinne aus Spielkasinos der Einkommensteuer. Gewinne aus Spielkasinos in Italien sind jedoch von dieser Steuer befreit, da die Einbehaltung auf die von diesen Kasinos ausgezahlten Gewinne in der Vergnügungssteuer enthalten ist. Letztendlich fließen für in Italien ansässige Personen nur die Gewinne aus Spielkasinos im Ausland in die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer ein.
Cristiano Blanco und Pier Paolo Fabretti wird von der italienischen Finanzverwaltung zur Last gelegt, mehrere Gewinne, die aus Kasinos im Ausland stammen, nicht angegeben zu haben. Beide machen geltend, dass die gegen sie ergangenen Steuerbescheide gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung verstießen, da aus Italien stammende Gewinne von der Steuer befreit seien. Die italienischen Behörden sind ihrerseits der Ansicht, dass die nationalen Vorschriften auf die Verhinderung der Geldwäsche im Ausland und die Begrenzung der Verbringung von Kapital ungewissen Ursprungs ins Ausland (oder seiner Einfuhr nach Italien) abzielten.
Die mit der Sache befasste Commissione tributaria provinciale di Roma (Finanzgericht der Provinz Rom) fragt den Gerichtshof, ob erstens nationale Vorschriften Gewinne bei Glücksspielen in anderen Mitgliedstaaten der Einkommensteuer unterwerfen können, während dies für solche Gewinne, wenn sie aus dem Inland stammen, nicht der Fall ist (Vorliegen einer Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs) und ob zweitens Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit eine solche Ungleichbehandlung rechtfertigen können.
In seinem heutigen Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass die italienischen Vorschriften durch die Befreiung nur der aus Glücksspielen in Italien stammenden Gewinne von der Einkommensteuer eine unterschiedliche Steuerregelung geschaffen haben, je nachdem, ob die Gewinne aus Italien oder anderen Mitgliedstaaten stammen. Eine solche steuerliche Ungleichbehandlung hält Spieler davon ab, sich in andere Mitgliedstaaten zu begeben und dort an Glücksspielen teilzunehmen. Die Tatsache, dass die in Italien ansässigen Anbieter von Spielen vergnügungssteuerpflichtig sind, nimmt den italienischen Vorschriften nicht ihren offensichtlich diskriminierenden Charakter, da diese Steuer nicht der Einkommensteuer entspricht1. Folglich geht von den italienischen Vorschriften eine diskriminierende Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit aus.
Hinsichtlich der möglichen Rechtfertigung einer solchen Diskriminierung weist der Gerichtshof darauf hin, dass eine diskriminierende Beschränkung nur dann gerechtfertigt werden kann, wenn sie Ziele der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit verfolgt. Im vorliegenden Fall stellt der Gerichtshof erstens fest, dass die Behörden eines Mitgliedstaats nicht allgemein und unterschiedslos davon ausgehen dürfen, dass Einrichtungen, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind, kriminelle Handlungen begehen2. Außerdem geht der durch Italien eingeführte generelle Ausschluss von dieser Befreiung über das hinaus, was zur Bekämpfung der Geldwäsche erforderlich ist. Zweitens ist es widersprüchlich, wenn ein Mitgliedstaat, der die Spielsucht bekämpfen möchte, einerseits die Verbraucher, die an Glücksspielen in anderen Mitgliedstaaten teilnehmen, besteuert, und andererseits dieselben Verbraucher von der Steuer befreit, wenn sie an Glücksspielen in Italien teilnehmen. Eine solche Befreiung kann nämlich für die Verbraucher einen Anreiz zur Teilnahme am Glücksspiel darstellen und ist daher nicht geeignet, die Verwirklichung dieses Ziels zu gewährleisten. Der Gerichtshof kommt zu dem Ergebnis, dass eine solche Beschränkung nicht gerechtfertigt ist.
HINWEIS: Im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens können die Gerichte der Mitgliedstaaten in einem bei ihnen anhängigen Rechtsstreit dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts oder nach der Gültigkeit einer Handlung der Union vorlegen. Der Gerichtshof entscheidet nicht über den nationalen Rechtsstreit. Es ist Sache des nationalen Gerichts, über die Rechtssache im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs zu entscheiden. Diese Entscheidung des Gerichtshofs bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden.
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1 Vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 13. November 2003, Lindman (C-42/02).
2 Urteil des Gerichtshofs vom 6. Oktober 2009, Kommission/Spanien (C-153/08).