Freitag, 13. Februar 2015

Unzutreffende Aussagen von Lotto Baden-Württemberg: Glücksspielstaatsvertrag nach Auffassung der Europäischen Kommission nicht europarechtskonform

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Wie berichtet, hatte das Staatsunternehmen LOTTO Baden-Württemberg in einer Pressemitteilung vom 10. Februar 2014 den Eindruck erweckt, dass die Europäische Kommission die deutschen Glücksspielregelungen derzeit als europarechtskonform einschätze und deswegen Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingestellt habe, siehe http://www.presseportal.de/pm/110923/2946492/gluecksspiel-eu-kommission-stellt-verfahren-gegen-deutschland-ein.

Nunmehr verweist das Staatsunternehmen LOTTO Baden-Württemberg auf die Einstellung zweier Vertragsverletzungsverfahren, siehe http://www.isa-guide.de/isa-casinos/articles/122997.html . Hierzu gibt es allerdings keine Meldung der Kommission. Zutreffend ist die Aussage der Kommission auf Anfrage eines britischen Journalisten, dass in der letzten Zeit („recently“) keine Vertragsverletzungsverfahren geschlossen worden seien. Die Schließung dieser Uralt-Verfahren aus den Jahren 2003 und 2007 erfolgte vielmehr vor mehr als einem halben Jahr noch unter der Barroso-Kommission, haben also keinen wirklichen Neuigkeitswert. Diese beiden alten Verfahren betrafen eine längst überholte Sach- und Rechtslage, nämlich den bis 2007 geltenden Lotteriestaatsvertrag und den bereits zum Jahresende 2011 ausgelaufenen alten Glücksspielstaatsvertrag 2008. Entgegen der LOTTO-Pressemitteilung ergibt sich daraus nicht, dass die nationalen Regelungen europarechtskonform seien.

Eine Aussage zu der aktuellen, seit dem 1. Juli 2012 geltenden Rechtslage lässt sich aus der Schließung dieser alten Verfahren daher nicht ernsthaft herleiten, wie es LOTTO Baden-Württemberg glauben machen will. Es ergibt sich daraus auch keine Bestätigung des Glücksspielstaatvertrags Vielmehr hat die Kommission dem anfragenden britischen Journalisten ausdrücklich bestätigt, dass sie die Glücksspielregelungen in Deutschland weiter untersucht. Wie berichtet, hatte die Kommission in dem Vorlageverfahren Ince (Rs. 336/14) die deutsche Sach- und Rechtslage nach dem derzeit geltenden Glücksspieländerungsstaatsvertrag 2012 keineswegs als mit Europarecht vereinbar beurteilt, siehe http://wettrecht.blogspot.de/2015/02/eugh-verfahren-ince-europaische.html.

Donnerstag, 12. Februar 2015

Hans-Jörn Arp und Wolfgang Kubicki: Die EU-Kommission bescheinigt der Sportwettengesetzgebung der Bundesländer Ramschniveau

Pressemitteilung

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Hans-Jörn Arp, und der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Wolfgang Kubicki, haben nach der Stellungnahme der EU-Kommission zum Sportwetten-Vorlageverfahren Ince (C-336/14) die Bundesländer vor einer erneuten Niederlage vor dem Europäischen Gerichtshof gewarnt:

„Die EU-Kommission bescheinigt der Sportwettengesetzgebung der Bundesländer nur noch Ramschniveau. Es droht eine erneute krachende Niederlage mit der unausweichlichen Folge eines Vertragsverletzungsverfahrens“, erklärte Arp in Kiel.

Die EU-Kommission frage angesichts der Tatsache, dass bis heute auf der Grundlage des 2012 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrages noch nicht eine einzige Lizenz vergeben wurde, sogar nach, ob dies nicht als faktischer Fortbestand des Monopols zu werten sei.

„Ich erinnere noch einmal daran, dass die von der CDU/FDP-Vorgängerregierung verabschiedete Regelung von der EU-Kommission nicht beanstandet wurde. Die Konzessionen wurden lange vergeben, das Verfahren hat sich bewährt. Die Bundesländer wären gut beraten, dieses Gesetz zu übernehmen“, forderte Kubicki.

Beide Abgeordneten betonten, dass aufgrund der derzeitigen Rechtslage nicht nur ein wirksamer Spielerschutz, Suchtprävention und der Kampf gegen Geldwäsche unmöglich gemacht würden.

„Die Regierungschefs sind auch dafür verantwortlich, dass ihren Bundesländern Millionen an Steuern und Abgaben entgehen“, sagte Kubicki.

Unzutreffende Pressemitteilung von Lotto Baden-Württemberg: Europäische Kommission beurteilt deutsche Glücksspielregelungen keineswegs als europarechtskonform

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Das Staatsunternehmen LOTTO Baden-Württemberg hat kürzlich in einer Pressemitteilung den Eindruck erweckt, dass die Europäische Kommission die deutschen Glücksspielregelungen als europarechtskonform einschätze und deswegen zwei Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingestellt habe, siehe http://www.presseportal.de/pm/110923/2946492/gluecksspiel-eu-kommission-stellt-verfahren-gegen-deutschland-ein.

Dies ist unzutreffend. Auf Anfrage eines britischen Journalisten zeigte sich die Europäische Kommission überrascht über diese Mitteilung des Staatsunternehmens. Es seien in der letzten Zeit keine Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland geschlossen worden. Vielmehr gebe es zahlreiche Beschwerden gegen Deutschland hinsichtlich unterschiedlicher Aspekte der deutschen Glücksspielregelungen, die zum Teil weit zurück reichten und sich in unterschiedlichen Verfahrensstadien befänden.

Auch in dem Vorlageverfahren Ince (Rs. C-336/14) hat die Europäische Kommission in ihrer Stellungnahme an den EuGH die deutsche Sach- und Rechtslage keineswegs als mit Europarecht vereinbar beurteilt. Das in Deutschland derzeit (schon seit mehr als 2 ½ Jahren) laufende Sportwetten-Konzessionsverfahren erfülle die aus Europarecht folgenden Transparenzerfordernisse nicht (und müsste daher wohl neu gestartet werden). Auch die binnengrenzüberschreitende Vermittlung von Sportwetten könne nicht bestraft werden, siehe http://wettrecht.blogspot.de/2015/02/eugh-verfahren-ince-europaische.html.

Mittwoch, 11. Februar 2015

Sportwettenrecht aktuell Nr. 130

EuGH-Verfahren Ince: Europäische Kommission hält deutsche Glücksspielregelungen für europarechtswidrig

von Rechtsanwalt Martin Arendts, ARENDTS ANWÄLTE

In dem aus Deutschland stammenden Sportwetten-Vorlageverfahren Ince (Rechtssache C-336/14) hat die vom Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um eine Stellungnahme gebetene Europäische Kommission die Sach- und Rechtslage in Deutschland als europarechtswidrig beurteilt. Die binnengrenzüberschreitende Vermittlung von Sportwetten könne daher nicht bestraft werden. Das in Deutschland derzeit laufende Sportwetten-Konzessionsverfahren erfülle die aus Europarecht folgenden Transparenzerfordernisse nicht.

Das Amtsgericht Sonthofen hatte in zwei verbundenen Strafverfahren dem EuGH mehrere Fragen zur Vereinbarkeit der glücksspielrechtlichen Regelungen und der strafrechtlichen Sanktionierung mit Europarecht vorgelegt (konkretisierter Vorlagebeschluss vom 6. März 2014, Az. 1 Ds 400 Js 17155/11, siehe http://wettrecht.blogspot.de/2014/09/neue-sportwetten-vorlage-aus.html).
 
Die Kommission stellt in ihrem Schriftsatz an den EuGH zunächst die Problemlage der Vorlage dar:

„Das Vorlagegericht stellt mehrere Fragen, die um ein zentrales Thema kreisen: Ist die Verhängung einer Strafe wegen der Vermittlung von Sportwetten ohne Erlaubnis unionsrechtswidrig, wenn der Rechtsrahmen, der die Erlangung einer solchen Erlaubnis wegen eines staatlichen Sportwettenmonopols unmöglich macht, unionsrechtswidrig ist oder wenn die Anwendung eines rechtskonformen Rechtsrahmens unionsrechtswidrig ist.“

Trotz fehlender Unionrechtsbürgerschaft der (türkischen) Sportwettenvermittlerin hält die Kommission die Dienstleistungsfreiheit für einschlägig, wobei sie auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayrVGH) verweist (Rn. 18 f):

Der BayrVGH stellt klar, dass im Dienstleistungsverhältnis zwischen ausländischen Wettanbietern und inländischen Wettkunden der Tätigkeit des Vermittlers keine selbständige Bedeutung zukommt und somit auch nicht eine selbständige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit vorliegt, dass allerdings das Verbot Wettdienstleistungen durch Vermittlertätigkeit zu erleichtern, eine Beschränkung des Rechts des Wettanbieters darstellt.

Die Kommission hält vorweg fest, dass sie dieser Ansicht des Vorlagegerichts und des BayrVGH in dieser Vorfrage ausdrücklich zustimmt.“

Für den Zeitraum des unionsrechtswidrigen Sportwettenmonopols (vor dem 1. Juli 2012) kommt eine Strafbarkeit nach Auffassung der Kommission entsprechend der maßgeblichen Rechtsprechung des EuGH nicht in Betracht (Rn. 22):

Nach Ansicht der Kommission ist jedoch unzulässig, in einem unionsrechtswidrigen staatlichen Monopolsystem, das für bestimmte, private Dienstleistungen gar keine Erlaubnis vorsieht, eine Strafe für das Fehlen einer solchen Erlaubnis zu verhängen. In den Fällen Stoß, Rn 115, sowie Placanica, Rn 69,  hat der Gerichtshof festgestellt, dass ein Mitgliedstaat keine strafrechtlichen Sanktionen wegen einer nicht erfüllten Verwaltungsformalität verhängen darf, wenn er die Erfüllung dieser Formalität unter Verstoß gegen das Unionsrecht abgelehnt oder vereitelt hat. Im vorliegenden Fall wurde die Erlangung einer Erlaubnis zweifellos durch das staatliche Monopolsystem unmöglich gemacht, strafrechtliche Sanktionen daher unzulässig.“

Aus dem ausdrücklich die „Strafverfolgungsbehörden, Gerichte und Gesetzgeber“ bindenden Anwendungsvorrang des Unionsrechts ergibt sich für die Kommission folgende Antwort auf die erste Vorlagefrage bezüglich der durch Art. 56 AEUV garantierten Dienstleistungsfreiheit (Rn. 24):

Artikel 56 AEUV ist dahin auszulegen, dass den Strafverfolgungsbehörden untersagt ist, die ohne deutsche Erlaubnis erfolgte Vermittlung von Sportwetten an im EU-Ausland lizenzierte Wettveranstalter zu sanktionieren, wenn die Vermittlung auch eine deutsche Erlaubnis des Veranstalters voraussetzt, den nationalen Stellen aber durch eine unionsrechtswidrige Gesetzeslage ("Sportwettenmonopol") verboten ist, nichtstaatlichen Wettveranstaltern eine Erlaubnis zu erteilen.“

Daran ändert sich nach Überzeugung der Kommission auch nichts, wenn in dem Mitgliedstaat ein Erlaubnisprüfverfahren (die von der deutschen Bundesregierung vorgetragene angebliche „bayerische Öffnung“ trotz weiterer Verteidigung der Monopolregelung) eingeführt worden sein sollte, eine Erlaubniserteilung aber tatsächlich ausgeschlossen war (Rn. 29):

Art 56 untersagt auch dann die strafrechtliche Verfolgung von unerlaubter Vermittlung von Sportwetten, wenn zwar Zugang zu einem Erlaubnisprüfverfahren gewählt wird, der negative Ausgang aber wegen der rechtlich und faktischen Beschränkung auf staatliche Einrichtungen von vorneherein feststeht.“

Auch mit dem sog. Erlaubnisvorhalt kann eine Strafbarkeit nicht begründet werden. Die Kommission analysiert insoweit das Stanleybet-Urteil des EuGH (Rs. C-186/11) und hält – entgegen dem deutschen Bundesverwaltungsgericht – fest (Rn. 36 f):

„Aus den Möglichkeiten, die diese Rechtsprechung den Mitgliedstaaten bietet, kann nach Ansicht der Kommission nicht abgeleitet werden, dass eine dauerhafte Untersagung der Erteilung einer Erlaubnis an nichtstaatliche Einrichtungen bei gleichzeitiger Bestrafung unerlaubten Glücksspiels gerechtfertigt ist, ohne dass die mit Unionsrecht unvereinbare Rechtslage unionsrechtskonform adaptiert wird.

Die dauerhafte Untersagung unerlaubter Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten, auf der Grundlage unionsrechtswidriger Gesetze, kann nicht durch Art 56 AEUV oder durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs gerechtfertigt werden.“

Nach Auslaufen des alten Glücksspielsaatvertrags 2008 zum Jahresende 2011 galten dessen Regelungen in Deutschland als Landesrecht fort, allerdings ohne dass das bayerische Ausführungsgesetz entsprechend der Richtlinie 98/341 EG notifiziert worden wäre. Eine Strafbarkeit aufgrund eines nicht notifizierten Gesetzes ist unionsrechtlich jedoch unzulässig, wie die Kommission festhält (Rn. 50):

Die Richtlinie 98/341 EG ist dahin auszulegen, dass sie der Sanktionierung der ohne deutsche Erlaubnis erfolgten Vermittlung von Sportwetten über einen Wettautomaten an einen im EU-Ausland lizenzierten Wettveranstalter entgegensteht, wenn die staatlichen Eingriffe auf einem nicht an die EU-Kommission notifizierten Gesetz eines einzelnen Bundeslandes beruhen, das den ausgelaufenen Staatsvertrag zum Glücksspielwesen ("GlüStV") zum Inhalt hat.“

Auch der zum 1. Juli 2012 in Kraft getretene Glücksspieländerungsstaatsvertrag (GlüÄndStV) 2012 hält einer unionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Die Kommission gibt zunächst dem Vorlagegericht auf, zu prüfen, ob die unangemessene Dauer der nunmehr gesetzlich in einer „Experimentierklausel“ vorgesehenen Konzessionierung (ohne dass jedoch bislang tatsächlich Konzessionen erteilt worden wären) zu einem faktischen Fortbestand des rechtswidrigen Monopols führt (Rn. 55 f):

Es obliegt grundsätzlich dem Vorlagegericht festzustellen, ob das Konzessionsverfahrens bereits unverhältnismäßig lange dauert und somit einem praktischen Verbot der Durchführung und Vermittlung von Sportwetten gleichkommt. Wenn die Bundesrepublik die Bestimmungen über ein Konzessionssystem im GlüÄndStV 2012 nicht auf eine Art umsetzen kann, dass innerhalb eines vernünftigen Zeitraums auch tatsächlich Konzessionen vergeben werden, kann das bedeuten, dass es in der Praxis nach wie vor unmöglich ist, eine Erlaubnis für die Vermittlung von Sportwetten zu erhalten und dass somit weiterhin ein ständiges Verbot zur Erbringung dieser Dienstleistung besteht.

Dies wäre bereits im Hinblick auf das Urteil C-186/11 Stanleybet unionsrechtswidrig und würde, wie bereits zur Frage 1a ausgeführt, eine Anwendung von Strafnonnen verbieten. Ein Mitgliedstaat darf, wie gesagt, keine strafrechtlichen Sanktionen wegen einer nicht erfüllten Verwaltungsformalität verhängen, wenn er die Erfüllung dieser Formalität unter Verstoß gegen das Unionsrecht abgelehnt oder vereitelt hat.“

Kritisch beurteilt die Kommission auch die Verbindungen zwischen der Vergabestelle und der seit Jahrzehnten die Landeslotteriegesellschaften vertretenden Rechtsanwaltskanzlei (Rn. 64):

Die vom Vorlagegericht beschriebenen Verbindungen zwischen der Vergabestelle und bestimmten Bietern durch eine gemeinsame Rechtsanwaltskanzlei könnte auf einen Interessenkonflikt hinweisen sowie auf eine Verfälschung des Wettbewerbs. Es liegt daher am Vorlagegericht festzustellen, ob im Konzessionsverfahren geeignete Maßnahmen gegen die drohende Wettbewerbsverzerrung getroffen wurden.“

Noch gravierender sind allerdings die Fehler bei der Durchführung der Sportwetten-Konzessionierung. Nach Auffassung der Kommission verstößt die deutsche Konzessionsausschreibung gegen das Transparenzgebot. Aufgrund einer Analyse der einschlägigen EuGH-Rechtsprechung (Teleaustria- und Engelmann-Urteile) folgert die Kommission (Rn. 69):
 
Aus all dem kann geschlossen werden, dass bereits nach heutigem Standard Minimalanforderungen vorweg publiziert werden müssen, um Interessenten eine begründete Entscheidung zu ermöglichen, ob sie am Konzessionsverfahren teilnehmen möchten. Aus Rn 168 und 169 der Vorlageantrags geht hervor, dass im vorliegenden Fall überhaupt keine Einzelheiten zu den Konzessionsanforderungen vorweg publiziert worden waren, was auch unter der aktuellen Rechtslage den Transparenzanforderungen nicht genügt.“
 
Die erst später nach Ablauf der Bewerbungsfrist erfolgte Mitteilung von Details nur an die Bewerber, die sich für eine „zweite Stufe“ des Konzessionsverfahrens qualifiziert hatten, ist unzureichend.


Kommentar von Rechtsanwalt Martin Arendts:

Eine Strafbarkeit der binnengrenzüberschreitenden Vermittlung von Sportwetten kommt nach den überzeugenden Ausführungen der Europäischen Kommission bis heute nicht in Betracht, weder nach der alten Rechtslage in der ersten Jahreshälfte 2012  noch nach dem derzeit in Deutschland geltenden Glücksspieländerungsstaatsvertrag (dem nunmehr bereits dritten Staatsvertrag nach dem 2004 in Kraft getretenen Lotteriestaatsvertrag). Auch ein verwaltungsrechtliches Verbot ist europarechtlich nicht haltbar, solange die Sach- und Rechtslage in Deutschland nicht endlich mit Unionsrecht in Einklang gebracht wird.

Da die Europäische Kommission als „Hüterin der Verträge“ die die derzeitige Sach- und Rechtslage als mit Unionsrecht nicht vereinbar beurteilt und eine strafrechtliche Sanktionierung aus mehreren Gründen für unzulässig hält, wäre selbst dann, wenn der EuGH diesen Ausführungen nicht in allen Punkten folgen sollte, von einem unvermeidbaren Verbotsirrtum auszugeben (so dass eine Bestrafung nicht in Betracht kommt).

Für das bereits seit mehr als 2 ½ Jahre dauernde Sportwetten-Konzessionsverfahren könnten die Feststellungen der Kommission das Ende bedeuten. Aufgrund der von der Kommission festgestellten fehlenden Transparenz und der gravierenden Verfahrensfehler ist das Verfahren unheilbar rechtswidrig. Es müsste eine Neuausschreibung erfolgen, die den strengen europarechtlichen Transparenzanforderungen genügt. Angesichts der geringen Restlaufzeit der Ende Juni 2019 auslaufenden „Experimentierklausel“ macht dies ohne eine Gesetzesänderung aber wenig Sinn.

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Anmerkung:  Rechtsanwalt Martin Arendts vertritt in den Strafverfahren und vor dem EuGH Frau Ince.