Freitag, 28. Januar 2011

Wettbewerbszentrale: Gericht verurteilt Staatliche Lotterieverwaltung in Bayern wegen mangelnden Jugendschutzes

Mit Urteil vom 23.12.2010, Az. 17HK O 2564/09 hat das Landgericht München I den Freistaat Bayern verurteilt es zu unterlassen, Minderjährigen und Spielern ohne Identitätskontrolle die Teilnahme an öffentlichen Glücksspielen zu ermöglichen. Gemäß § 4 Abs. 3 des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV) haben die Veranstalter und die Vermittler von Glücksspielen sicher zu stellen, dass Minderjährige von der Teilnahme an Glücksspielen ausgeschlossen sind. Sie haben darüber hinaus ein Sperrsystem zu unterhalten, das gewährleistet, dass Spieler, die für eine Form des Glücksspiels gesperrt sind, von sonstigen Glücksspielen ausgeschlossen sind.

Untersuchungen einer Marktforschungsgesellschaft in den Jahren 2008 und 2009 in zahlreichen bayerischen Städten hatten ergeben, dass Jugendliche an Glücksspielen teilnehmen konnten, ohne dass ihre Identität überprüft worden ist. So konnten ohne Vorlage eines Ausweises 84% aller Jugendlichen eine Wette platzieren. 72% wurden erst gar nicht nach einem Ausweis befragt. Von den Befragten wiederum konnten 54% eine Wette mit der Ausrede „vergessen“ platzieren. Selbst Kinder (30%) konnten ohne Ausweis Wetten abgeben; 26% wurden erst gar nicht nach einem Ausweis befragt und 6% der Kinder konnten mit einer Ausrede teilnehmen.

Die Wettbewerbszentrale hatte nach Bekanntwerden der Untersuchungsergebnisse den Freistaat Bayern wegen Nichtbeachtung der Jugendschutzvorschriften im Glücksspielstaatsvertrag verklagt. Das Landgericht München I hat nunmehr nach umfangreicher Beweisaufnahme die Auffassung der Wettbewerbszentrale bestätigt und den Freistaat zur Unterlassung der Teilnahme Minderjähriger an öffentlichen Glücksspielen verurteilt. Zudem hat es dem Freistaat verboten, Spielern die Teilnahme zu ermöglichen, ohne zuvor durch Kontrolle des Ausweises oder eine vergleichbare Identitätskontrolle einen Abgleich mit der Sperrdatei von § 8 GlüstV durchzuführen.

Die noch nicht rechtskräftige Entscheidung des Landgerichts München I reiht sich in eine lange Reihe von Entscheidungen aus anderen Bundesländern (zuletzt OLG Koblenz, Urteil vom 01.12.2010, Az. 9 U 258/10; OLG Schleswig, Urteil vom 30.07.2010, Az. 6 U 28/09) ein, die an einer konsequenten Wahrung des Spielerschutzes durch die staatlichen Glücksspielanbieter zweifeln lassen, wie Rechtsanwalt Dr. Andreas Ottofülling von der Wettbewerbszentrale hervorhebt.
(M 1 0436/08)

Wettbewerbszentrale
Die Wettbewerbszentrale ist die größte und einflussreichste Selbstkontrollinstitution für fairen Wettbewerb. Als branchenübergreifende und unabhängige Institution der deutschen Wirtschaft unterstützt sie den Gesetzgeber als neutraler Ratgeber bei der Gestaltung des Rechtsrahmens für den Wettbewerb, bietet umfassende Informationsdienstleistungen rund um das Wettbewerbsrecht, berät ihre Mitglieder in allen rechtlichen Fragen des Wettbewerbs und setzt als Hüter des Wettbewerbs die Spielregeln im Markt – notfalls per Gericht - durch. Getragen wird die gemeinnützige Organisation von mehr als 1.200 Unternehmen und über 600 Kammern und Verbänden der Wirtschaft.

Kontakt:
Wettbewerbszentrale, Büro München
Herr RA Dr. Andreas Ottofülling
Karlstraße 36, 80333 München
Tel: 089/59 22 19, Fax: 089/55 04 122
E-Mail: muenchen@wettbewerbszentrale.de

Bundesregierung zur Zukunft des Glücksspielwesens

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Angelika Graf (Rosenheim), Bärbel Bas, Elke Ferner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/4259 –

Zukunft des Glücksspielwesens sowie Prävention und Bekämpfung von
Glücksspielsucht


Zur Frage der Suchtgefahr führt die Bundesregierung aus:

"Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass nur ein kleiner Teil der Personen, die sich an Glücksspiel beteiligen, ein pathologisches Spielverhalten entwickelt. Dennoch ist zu erwarten, dass mit zunehmender Verfügbarkeit und einer größeren Zahl von Spielern und Spielerinnen auch die Zahl derjenigen wächst, die ein problematisches Spielverhalten oder eine Glücksspielsucht entwickeln. Hohes Suchtpotenzial beinhaltet jedoch auch ein illegales und damit nicht reguliertes Glücksspiel, da Spielerschutzmaßnahmen dort nicht greifen können. Das geringste Suchtpotenzial birgt folglich ein gut regulierter Glücksspielmarkt, der zu einer effizienten Kanalisierung der Spielnachfrage führt."

Hinsichtlich einer Regulierung sieht die Bundesregierung vor allem die Länder in der Pflicht. Sie führt in der Antwort wie folgt aus:

"Zuständig für die Regulierung des Glücksspiels, das Lotterien, Sportwetten sowie Spielbanken umfasst, sind die Länder. Die Länder beraten derzeit über die künftige Gestaltung des Glücksspiels im Rahmen der Novellierung des Glücksspielstaatsvertrags. Zuletzt wurde das Thema im Rahmen der Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 15. Dezember 2010 behandelt. Der Bund ist an der Novellierung des Glücksspielstaatsvertrags nicht beteiligt."

bearbeitet von Rechtsanwalt Martin Arendts

Die elektronische Vorab-Fassung ist verfügbar unter:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/043/1704358.pdf

Verwaltungsgericht Potsdam: Verbot der Verlosung eines Wohngrundstücks via Internet vorläufig bestätigt

Pressemitteilung vom 20.01.2011

Verwaltungsgericht Potsdam, Beschluss vom 12. Januar 2011 - VG 6 L 327/10 -

Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Potsdam hat mit einem den Beteiligten inzwischen zugestellten Beschluss vom 12. Januar 2011 einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gegen eine vom Ministerium des Innern des Landes Brandenburg ausgesprochene Untersagung, die Verlosung eines Wohngrundstücks in Brandenburg über das Internet zu veranstalten, abgelehnt.

Der in Österreich ansässige Antragsteller bewirbt mit seiner auch aus Brandenburg aufrufbaren Internetseite die Verlosung eines im Land Brandenburg belegenen Hauses mit Grundstück. Gegenwärtig wird über diese Internetseite Teilnahmewilligen angeboten, Lose hierfür reservieren zu lassen. Nach den Teilnahmebedingungen findet die Reservierungsgebühr in Höhe von 59,- € im Falle der Durchführung der Verlosung vollumfängliche Anrechnung auf den Lospreis, der ebenfalls 59,- € beträgt. Die Verlosung soll durchgeführt werden, sobald 13.900 Lose reserviert und bezahlt sind. Falls eine Verlosung wegen Nichterreichens der erforderlichen Anzahl von 13.900 Losen nicht stattfindet, erfolgt eine Rückerstattung der Reservierungsgebühr abzüglich entstandener Kosten, die mit maximal 15,- € in Anschlag gebracht werden.

Nach Auffassung der Kammer bestehen an der Rechtmäßigkeit der auf § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 Glückspielstaatsvertrag (GlüStV) gestützten und kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Verbotsverfügung keine ernstlichen Zweifel. Das Internetangebot zur Verlosung eines Hauses verstoße gegen das in § 4 Abs. 4 GlüStV normierte Verbot, öffentliche Glücksspiele im Internet zu veranstalten oder zu vermitteln. Auch soweit der Antragsteller die Lose derzeit (nur) zur Reservierung anbiete, veranstalte er bereits jetzt Glücksspiel. Mit der Reservierung eines Loses werde durch einen Teilnahmewilligen alles Erforderliche getan, um Inhaber eines Loses zu werden und an der Verlosung teilzunehmen. Mit der Reservierungsgebühr werde faktisch und für den Teilnahmewilligen unwiderruflich der Lospreis entrichtet; hiernach bleibe ihm lediglich, – wie bei allen Glücksspielen – passiv zuzuwarten, ob sich die seinem Los innewohnende Gewinnchance realisiert. Der Antragsteller veranstalte das Glücksspiel auch im Land Brandenburg: Hier wird dem Spieler die Möglichkeit zur Teilnahme eröffnet, weil er vom heimatlichen Computer über das – was nach § 4 Abs. 4 GlüStV verboten ist – Internet sämtliche ihm obliegenden Handlungen zum Erwerb eines Loses tätigen kann. Das Ziel des Glücksspielstaatsvertrages, die Spielsucht zu bekämpfen beziehungsweise bereits ihre Entstehung zu verhindern, verlange, an der Stelle einzugreifen, an der die potentiell suchtbegründende und suchtbefriedigende Handlung des Teilnehmers stattfindet. Der Antragsteller werde durch die Anwendung der verfassungskonformen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrags weder in Grundrechten verletzt noch verstoße das Verbot, Glücksspiele im Internet anzubieten, gegen Europarecht. Auch das völkerrechtliche Territorialprinzip stehe dem Verbot nicht entgegen.

Darüber hinaus liegt nach Auffassung der Kammer in der Durchführung der „Hausverlosung“ unabhängig vom Glücksspielstaatsvertrag eine Gefahr für die hiesige öffentliche Sicherheit und Ordnung, weil die unerlaubte öffentliche Veranstaltung eines Glücksspiels in Form einer Ausspielung eine Straftat im Sinne des § 284 StGB beziehungsweise § 287 StGB und damit einen Verstoß gegen die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erhoben werden.

Im Auftrag
Ruben Langer
(Pressesprecher)