Freitag, 5. Oktober 2007

Deutscher Lottoverband: Jede dritte Lotto-Annahmestelle wird mittelfristig bundesweit geschlossen

Mit der Konzession wird vielen Kioskbetreiber die Lebensgrundlage entzogen

Berlin, 5. Oktober 2007. Deutschlandweit werden mittelfristig voraussichtlich tausende Lottoannahmestellen geschlossen. Grund ist der Entwurf eines neuen Glückspielstaatsvertrags, der am 1. Januar 2008 in Kraft treten soll und der die Reduzierung von Annahmestellen vorsieht.

Schon jetzt werden Konzessionen für das staatlich sanktionierte Glückspiel entzogen: In Berlin werden bis zum Jahresende zunächst rund fünfzig Lotto-Annahmestellen verschwinden; in Thüringen spricht man von einer Begrenzung der Annahmestellen um 50 Prozent. Auch Experten gehen davon aus, dass bundesweit 30 bis 50 Prozent der rund 26.000 Annahmestellen geschlossen werden.

Für viele kleinere Kioske bedeutet dies unweigerlich das Aus, da ihre Geschäftsgrundlage häufig die Provisionen aus dem Lottogeschäft sind.Fallen diese weg, droht ihnen die Pleite. Durch die Begrenzung soll dasStaatsmonopol auf dem Glücksspielmarkt gesichert werden. „Ohne Rücksicht auf Verluste,“ so Norman Faber, Präsident des Deutschen Lottoverbandes, „soll hier ein Gesetz durchgeboxt werden, das von derEU und anerkannten Rechtsexperten als verfassungs- und europarechtswidrig eingestuft wird.“

Schon seit November 2006 warnt der Deutsche Lottoverband vor der Schließung von einigen Tausend Annahmestellen für den Fall, dass Lotto nicht aus dem geplanten Staatsvertrag herausgenommen werde.Dieser unterscheidet nicht zwischen den unterschiedlichen Suchtgefährdungspotenzialen der Glücksspiele – Casino-Roulette wird auf eine Stufe mit dem harmlosen Lotto gestellt, während das gefährliche Automatenglücksspiel sogar gänzlich unberührt bleibt.

„Unsere Einschätzungen haben sich leider bewahrheitet. Aber wir werden entschlossen weiterkämpfen: für den Erhalt des deutschen Lottos und somit auch für den Erhalt der Annahmestellen“, so Norman Faber.

Pressemitteilung des Deutschen Lottoverbandes

Mittwoch, 3. Oktober 2007

VDSD: Wie glaubwürdig ist der Glücksspielstaatsvertrag?

Alle Unternehmen, die im Glücksspielbereich in Deutschland tätig sind, sehen sich mit den derzeit meist noch in den Landtagen befindlichen Ausführungsregelungen zum Glücksspielstaatsvertrag konfrontiert. So auch das Verbandsmitglied des VDSD, die Sportwetten Gera GmbH. Für den Geschäftsführer der Sportwetten Gera GmbH Andreas Pietsch stellen sich allerdings die Folgen des Glücksspielstaatsvertrages und der Ausführungsgesetze als Enteignung dar.

Dies wurde nun auch in einem Gutachten durch den namhaften Kölner Rechtswissenschaftler Prof. Depenheuer bestätigt. Prof. Depenheuer führte sinngemäß im Gutachten aus, dass die Regelungen des Staatsvertrages mangels Erforderlichkeit einen verfassungswidrigen Eingriff in die bestandskräftige und unwiderruflich erteilte Rechtsposition der Erlaubnis der Sportwetten Gera GmbH darstellen. Im weiteren kommt der Gutachter dazu, dass dies im rechtlichen Sinn eine Enteignung darstellt.

Der Vorsitzende des CDU Kreisverbandes Gera, Norbert Hein, hält zur Erhaltung des Unternehmens und der Arbeitsplätze bei der Sportwetten Gera GmbH eine Beteiligung des Landes Thüringen zur Abwendung der Existenzvernichtung für sinnvoll. Auf Nachfrage des VDSD machte Andreas Pietsch seine Gesprächsbereitschaft hierzu deutlich und erklärte, dass eine ähnliche Lösung bereits in Rheinland- Pfalz gefunden wurde.

Auch Prof. Depenheuer kommt in seinem Gutachten dazu, dass die Einräumung einer maßgeblichen Beteiligung i.S. des § 10 II GlStV an das Land Thüringen als milderes Mittel gegenüber einer Enteignung zweckmäßig wäre. Auch hierdurch könnten die Ziele des Staatsvertrages jedoch auf freiheitsschonendere Weise erreicht werden. Offenbar hat an derartige Möglichkeiten noch kein Vertreter des Landes Thüringen gedacht.

In die Verabschiedung des Ausführungsgesetzes ist jedoch auch in Thüringen Bewegung gekommen. Es kann nur gehofft werden, dass sich die Mitglieder des Thüringer Landtags ein umfassendes Bild von der Situation machen werden und alle Alternativen abwägen.

Andreas Pietsch hofft, dass die Existenz eines Unternehmens und seiner Arbeitsplätze nicht für ein schon jetzt rechtlich umstrittenes Gesetzgebungsvorhaben geopfert wird. Bereits jetzt zeigt sich offenbar auch von der EU-Kommission hartnäckiger Widerstand gegen die Regelungen des Staatsvertrages.

Aus Sicht des VDSD ist jedoch der Glücksspielstaatsvertrag mehr vom Gedanken getragen das Monopol im Glücksspielwesen zu Gunsten der Länder zu manifestieren. Steigbügel ist das willkommene Argument der Bekämpfung der Glücksspielsucht. Deutlich wird dies aus der zögerlichen Handlungsweise der Länder dort, wo offenkundig Eigeninteressen betroffen sind. Einschränkungen mutet man eher anderen zu. Dies speist sich nicht nur aus der Sicht des VDSD. Bereits am 17.11.2006 hat sich der Fachverband Glücksspielsucht e.V. in einer Stellungnahme zum Entwurf des Staatsvertrages geäußert. Vorgeschlagen wurde hier z.B., anderslautend als in den jetzigen gesetzlichen Regelungen vorgesehen, eine generelle Begrenzung von Annahmestellen für Glücksspiele auf 50 % des vorhandenen Bestandes.

Eine zahlenmäßig konkrete Berücksichtigung einer Begrenzung der Annahmestellen ist im Staatsvertrag oder den Ausführungsgesetzen jedoch nicht erfolgt. Offenbar sehen die Länder hier keinen Handlungsbedarf um die Präsenz ihrer ca. 26.000 Annahmestellen wirksam und nachvollziehbar zu reduzieren. Dabei zählt es zum Basiswissen der Suchtforschung, dass Suchthäufigkeit und Angebotsnähe kausal verknüpft sind.

Ebenso wurde vom Fachverband Glücksspielsucht in der o.g. Stellungnahme mitgeteilt, dass ca. 80 % der derzeit wegen Glücksspielsucht in ambulanter oder stationärer Betreuung befindlichen Personen abhängig von Geldspielautomaten sind. Unter dem Gesichtspunkt der Schaffung eines einheitlichen Regelungsrahmens erscheint daher die Ausgrenzung gewerblicher Geldautomatenspiele unverständlich. Auch wenn eine formale Zuständigkeit des Bundes hierfür gegeben ist, erscheint eine Regelung hierfür mehr als dringend geboten.

Hieraus zeigt sich, dass die Regelungen im Staatsvertrag und anderen gesetzlichen Regelungen zu den unterschiedlichen Glücksspielarten und ihren Gefährdungspotentialen offensichtlich nicht sachgerecht abgestuft wurden. Ein Internetverbot von Sportwetten und Lotto ließe sich sonst wohl nicht rechtfertigen.

Auch die getroffene Regelung zu der vom Fachverband geforderten klaren Ausweiskontrolle im Bereich des Zutritts zu Spielbanken wird vom Fachverband Glücksspielsucht bemängelt. Der Terminus "oder eine vergleichbare Identitätskontrolle" lässt ausgehend von den Erläuterungen zum Entwurf des Staatsvertrages den Schluss zu, dass ein Abgleich aufgrund der biometrischen Ausweise erfolgen soll. Ob diese Verfahren bereits zum 01.01.2008 einsatzbereit sind, ist nicht bekannt. Es bleibt daher zu hoffen, dass auch beim sog. "Kleinen Spiel" lückenlose Ausweiskontrollen erfolgen.

Pikant wird dies unter Hinweis auf die vertragliche Vereinbarung im Kaufvertrag zwischen Casino Austria und Niedersachsen. Hier soll Casino Austria im Fall der Einführung von Ausweiskontrollen im Automatenspiel und folgendem Umsatzrückgang ein Rückforderungsrecht am Kaufpreis von bis zu 14 Mio. Euro zustehen. Ob hier nicht eine weiche Regelung des Zutritts zu Spielbanken gerade für diesen Fall gefunden werden sollte?

Insgesamt sehen sich der Glücksspielstaatsvertrag und die konkretisierenden Ausführungsgesetze bereits vor Wirksamkeit erheblichen Glaubwürdigkeitsbedenken ausgesetzt. Die Glücksspielsucht wird es schwer haben, nicht den Interessen zum Opfer zu fallen. Es scheint, als ob Glaubwürdigkeit nur bzw. mehr dort vermittelt wird, wo die Länder gerade nicht betroffen sind.

Ob die Länder, immerhin über ihre Landeslottogesellschaften selbst Markteilnehmer, überhaupt in der Lage sind, hinreichend Suchtprävention durchzusetzen, bleibt fraglich.

So drängt sich auf, dass die Länder offenbar erst nach dem BVerfG Urteil vom 28.03.2006 die Suchtprävention mehr als Kriterium der Aufrechterhaltung des Monopols erkannt haben. Wie kann sonst z.B. erklärt werden, dass die Bundesländer im Bundesrat erst kurz zuvor, im Dezember 2005, einer erheblichen Lockerung der Spielverordnung, welche die Geldautomatenspiele regelt, zugestimmt haben. Ob daher die Länder tatsächlich die Glücksspielsucht im Kern begrenzen oder dies nur als neues rechtliches Argument für das Monopol herhalten muss, wird sich zeigen.

Bedenken an der rechtlichen Ausgestaltung der Ausführungsgesetze und des Staatsvertrages wurden sowohl von betroffenen Unternehmen als auch der EU Kommission bereits hinreichend angemeldet. Ob der Glücksspielstaatsvertrag damit die kohärente systematische Begrenzung der Spielsucht tatsächlich regelt oder ob die Regelungen mehr unverhältnismäßige Auswirkungen für Konkurrenten haben, werden wohl die Gerichte zu entscheiden haben.

Interessant wird eine Abrechnung in zwei Jahren sein. Nach Zukunftsprognose des VDSD werden die Einnahmen der Gesellschaften des DTLB schrumpfen und die Kunden auf ausländische Anbieter - jedenfalls im Sportwettenbereich - ausweichen. In rechtlicher Hinsicht kommen auf die Länder möglicherweise erhebliche Schadenersatzforderungen zu, da bestehende private Erlaubnisse nach Vorstellungen der Länder quasi nach einem Jahr Übergangszeit entschädigungslos auslaufen sollen.

Eine signifikante Verringerung der Glücksspielsucht wird aufgrund der nach wie vor gegebenen nationalen und internationalen Präsenz von legalen und illegalen Glücksspielangeboten nicht eintreten.

Quelle: VDSD e.V.

Montag, 1. Oktober 2007

US-Finanzministerium und US-Zentralbankrat legen Regelungsentwurf zur Umsetzung des UIGEA vor

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Das US-amerikanische Finanzministerium und der US-Zentralbankrat haben am 1. Oktober 2007 einen gemeinsamen, 51-seitigen Regelungsvorschlag zur Umsetzung des im letzten Jahr erlassenen Unlawful Internet Gambling Enforcement Act (UIGEA) vorgelegt. Mit dem UIGEA wollen die USA von ihr als rechtwidrig betrachtete Internet-Glücksspielanbieter bekämpfen. Hierzu sollen Zahlungsflüsse an ausländische Buchmacher und Glücksspielanbieter effektiv unterbunden werden (insbesondere Kreditkartenzahlungen, Überweisungen und Zahlungen per Scheck).

Der nunmehr vorgelegte Regelungsvorschlag verpflichtet amerikanische Finanzfirmen, Vorschriften und Verhaltenweisen einzuführen, um Zahlungen an Glücksspielunternehmen im Zusammenhang mit verbotenem Glücksspiel über das Internet zu unterbinden („reasonably designed policies and procedures“). So werden die Finanzfirmen verpflichtet, ihre Geschäftskunden entsprechend angemessen zu überprüfen („due diligence“), ob diese an unerlaubten Ein- oder Auszahlungen beteiligt sind. Zahlungsvorgänge sind hinsichtlich verdächtiger Muster zu kontrollieren. Auch bei Privatkunden sind verbotene Transaktionen möglichst zu unterbinden.

In dem Regelungsvorschlag wird diskutiert, eine Art schwarze Liste von Internet-Glücksspielunternehmen aufzustellen. Diese veralte angesichts der Schnelllebigkeit des Geschäfts allerdings relativ schnell und erfordere zur Erstellung eine gründliche rechtliche Prüfung nach den einschlägigen Bundes- und Staatengesetze.

Nach der Begründung des Vorschlags sind voraussichtlich mehr als 130.000 Unternehmen (Banken, Sparkassen, Kreditkartenunternehmen etc.) von den neuen Regeln betroffen. Für den Verwaltungsaufwand werden ca. 700.000 Stunden im Jahr angesetzt.

Die Rechtsverordnung soll im nächsten Jahr erlassen werden. Bis zum 12. Dezember 2007 können noch Kommentare zum dem Vorschlag eingereicht werden.

Der Vorschlag kann von der Webseite des US-Finanzministeriums herunter geladen werden: http://www.ustreas.gov/press/releases/hp583.htm

Glücksspiel-Kolloquium der Universität Tilburg am 15. November 2007

Das diesjährige, nunmehr zum dritten Mal stattfindende Glücksspiel-Kolloquium der Universität Tilburg, Niederlanden, behandelt das hochpolitische Thema "The Regulation of Gambling and the Role of Crime and Addiction".

Weitere Informationen sind der Veranstaltungsbroschüre zu entnehmen, die unter http://www.tilburguniversity.nl/tilec/events/folder2007.pdf heruntergeladen werden kann.

Sonntag, 30. September 2007

Deutscher Lottoverband: Glücksspielstaatvertrag in der Sackgasse

Veto aus Europa – Bedenken in den Landtagen: Glücksspielstaatsvertrag in der Sackgasse

Berlin, 21. September 2007. Der Glücksspielstaatsvertrag kommt langsamer voran als von den Ministerpräsidenten geplant: Zwar liegt er den meisten Landtagen zur Ratifizierung vor, aber immer mehr Abgeordnete äußern offen ihre Bedenken. Gleichzeitig hat die EU-Kommission den Ländern in einem Gespräch in Brüssel gerade erneut klar gemacht, dass sie den Vertrag keinesfalls akzeptieren wird. Selbst die Ministerpräsidenten haben inzwischen Zweifel an einem langen Bestand ihres Staatsvertrages; sie haben inzwischen eine Länder-Arbeitsgruppe einberufen, die Pläne für die Zeit nach dessen Scheitern schmieden soll. Dabei liegt die politische Alternative bereits auf dem Tisch: Die Länder regeln den Sportwettenmarkt neu und lassen Lotto und die Lotterien wie sie sind. Denn dieser Markt wird von einem bestehenden Staatsvertrag geregelt, der noch bis 2014 Gültigkeit hat.

„In vielen Landtagen wachsen die Bedenken und Widerstände gegen den geplanten Glücksspielsstaatsvertrag,“ weiß Norman Faber, Präsident des Deutschen Lottoverbandes. „Das Ergebnis sind weitere Ausschusssitzungen und Anhörungen.“ Vernehmlich rumort es vor allem in den Landesregierungen mit FDP-Beteiligung. In dieser Woche hatte das FDP-Präsidium den Glücksspielstaatsvertrag erneut scharf abgelehnt und ein liberales Konzessionsmodell für Sportwetten anstelle des verfassungs- und europarechtwidrigen Staatsvertrags gefordert. Auch zahlreiche CDU-Abgeordnete und ganze SPD-Fraktionen haben angekündigt, den Glücksspielsstaatsvertrag so nicht zu akzeptieren und das durch ihn entstehende Rechtschaos verhindern zu wollen.

„Auch die gähnenden Finanzlöcher bei Sport und Wohlfahrt werden jetzt mehr und mehr zum Thema,“ so Faber. „Schon in diesem Jahr fehlen in den Landeshaushalten insgesamt dreistellige Millionenbeträge – allein in Nordrhein-Westfalen sind es 66 Millionen Euro. Die betroffenen Vereine und Verbände verstärken jetzt den Druck auf die Staatskanzleien.“ Die Zeche für die verfehlte Glücksspielpolitik zahle in jedem Fall der Steuerzahler.

Zwar sei es nicht üblich, Ministerpräsidenten bei Staatsverträgen das Vertrauen zu entziehen. „Allerdings,“ so Faber, „muss die Frage erlaubt sein, wie viel Vertrauen gerechtfertigt ist, wenn ein derart offensichtlich verfassungs- und europrechtswidriges Gesetz vorgelegt wird.“ Der Deutsche Lottoverband hofft, dass die Abgeordneten ihre kritische Meinung zum geplanten Staatsvertrag offen äußern: „Dass der Staatsvertrag auch drei Monate vor dem geplanten Inkrafttreten noch von keinem Landtag ratifiziert wurde, zeigt doch, wie groß die berechtigten Bedenken sind.“

Pressekontakt:
Sharif Thib
030-700 186-738