Pressemitteilung der EGBA vom 4. März 2010
Brüssel - Heute wurden die Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi in den deutschen Rechtssachen Markus Stoß (C-316/07) und Carmen Media Group (C-46/08) veröffentlicht.(1) In einer durchaus politischen Einleitung zu seinem Schlussantrag in der Rechtssache Carmen Media hält Generalanwalt Mengozzi fest, dass es für Glücksspiel im Internet "keine Grenzen gibt" und neue Technologien komplexe rechtliche Fragen aufwerfen. Im nicht harmonisierten Bereich der Glücksspiele behalte jeder Mitgliedstaat andere Vorschriften bei, was eine große Herausforderung für die Gemeinschaftsgerichte darstelle, die im AEU-Vertrag festgelegten Freiheiten sicherzustellen (Randnummer 1, 2 Carmen Media). Der Generalanwalt weiter: - Werbung durch Monopolisten darf nur "in gemäßigter Form ausgeübt" werden und "nicht dazu bestimmt [sein], die Einnahmen des Staates aus diesem System zu erhöhen." (Randnummer 61, Stoß) - Die Kontrolle dieser Bedingungen liegt beim nationalen Gericht.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom März 2006 entschieden, dass "das Ziel der Bekämpfung von Wettsucht und problematischem Spielverhalten nicht gegeben sei; vielmehr verfolgt die Veranstaltung der Sportwette ODDSET [...] erkennbar auch fiskalische Zwecke". (Randnummer 63, Stoß) - "Die Komplexität der territorialen Gliederung innerhalb eines Mitgliedstaats und insbesondere die Kompetenzverteilung [...] (im vorliegenden Fall zwischen dem Bund und den Ländern) [...] kann jedoch nicht als Entschuldigung für etwaige Inkohärenzen oder eine etwaige Diskriminierung dienen." (Randnummer 59, Carmen Media)
Vom Staatsvertrag zum Glücksspielwesen, der 2008 in Kraft trat und Online-Glücksspiele und Sportwetten verbietet, hat niemand profitiert. Konsumenten, die ihrer Freizeitaktivität in einem einheitlichen transparenten Rahmen nachgehen wollen, werden ignoriert. Dem deutschen Staat und den Ländern entgehen wesentliche Einnahmen. Bedeutenden Wirtschaftszweigen, wie dem Sport und den Medien wird die Möglichkeit genommen, mit EU-lizenzierten Glücksspielanbietern Handels- und Werbeabkommen abzuschließen. Sigrid Ligné, Generalsekretärin der EGBA kommentiert: "Das ist der zweite Schlussantrag innerhalb kurzer Zeit, in dem es um einen deutschen Glücksspiel-Fall geht. Im Januar bestätigte Generalanwalt Bot den Anwendungsvorrang von Gemeinschaftsrecht gegenüber nationalem Recht, indem er klarstellte, dass die Anwendung gemeinschaftswidriger Gesetzgebung ohne Übergangsperiode mit sofortiger Wirkung zu beenden ist.(2)"
"Abgesehen von den rechtlichen Aspekten des Staatsvertrags gilt es die Marktrealität - die vorhandene Nachfrage nach Online-Glücksspiel - in Deutschland zu berücksichtigen. Der Sport ist der Verlierer, da ihm Kooperationen mit der Glücksspielbranche verwehrt werden. Andere EU-Mitgliedstaaten haben sich der Realität gestellt, dass Online-Gaming eine beliebte Freizeitgestaltung geworden ist und die Regulierung der Glücksspielbranche in Angriff genommen. Die EGBA appeliert an die deutschen Behörden es ihnen gleichzutun."
Ein Datum für die EuGH-Entscheidung steht noch nicht fest.
Fußnoten:
(1) C-316/07 (Stoß) ist verbunden mit den Rechtssachen C-358/07 (Kulpa), C-359/07 (SOBO), C-360/07 (Kunert), C-409/07 (Avalon) und C-410/07 (Happel)
(2) Schlussantrag des Generalanwalts im Fall C-409/06 (Winner Wetten)
Quelle: EGBA - European Gaming and Betting Association
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