Montag, 8. Februar 2016

BGH verhandelt Klage gegen WestLotto: Schadensersatzansprüche wegen Kartellrechtsverstoßes?

Bundesgerichtshof: Verhandlungstermin am 8. März 2016, 9.00 Uhr, in Sachen KZR 25/14 (Vermittlung von Lotterien)

Die Klägerin ist eine gewerbliche Spielvermittlerin, die bundesweit von den Lottogesellschaften der Bundesländer veranstaltete Lotterien und Sportwetten vermittelt. Die Beklagte ist die Lottogesellschaft des Landes Nordrhein-Westfalen. Im vorliegenden Verfahren macht die Klägerin Schadensersatzansprüche wegen eines Kartellrechtsverstoßes geltend, der Gegenstand eines gegen den Deutschen Lotto- und Totoblock (DLTB) und seine Mitglieder gerichteten Kartellverwaltungsverfahrens war, das mit Beschluss des Kartellsenats des Bundesgerichtshofs vom 14. August 2008 (KVR 54/07, WuW/E DE-R 2408 – Lottoblock; Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 155/2008 vom 14. August 2008) beendet worden ist.

Die Veranstaltung von Lotterien ist in Deutschland grundsätzlich den Lottogesellschaften der Bundesländer vorbehalten, die sich im DLTB zusammengeschlossen haben. Ab April 2005 versuchte die Klägerin mit verschiedenen Kooperations-partnern, eine terrestrische Vermittlung für Spieleinsätze bei den staatlichen Lotterien aufzubauen. Dazu sollten Verkaufsstellen in Einzelhandelsgeschäften wie Supermärkten oder Tankstellen errichtet werden. Einnahmen wollte die Klägerin aus Gebühren der Spielteilnehmer und Provisionszahlungen der Lottogesellschaften erzielen. Der Rechtsausschuss des DLTB forderte die Lottogesellschaften auf, Umsätze aus dem terrestrischen Vertrieb gewerblicher Spielvermittler zurückzu-weisen. In dem daraufhin eingeleiteten Kartellverwaltungsverfahren gegen den DLTB und seine Mitglieder bestätigte der Bundesgerichtshof das vom Bundeskartellamt gegenüber dem DLTB und den Lottogesellschaften der Länder ausgesprochene Verbot, Lottogesellschaften aufzufordern, Spielumsätze gewerblicher Spielvermittler ausschließlich deshalb nicht anzunehmen, weil sie durch terrestrische Vermittlung erzielt worden sind, oder einen entsprechenden Beschluss des Rechtsausschusses des DLTB umzusetzen.
Anders als von ihr geplant, erhielt die Klägerin von den Lottogesellschaften keine Provisionszahlungen für die terrestrische Vermittlung von Lotterien. Ende 2008 stellte sie die terrestrische Vermittlung ein. Mit ihrer Klage macht sie entgangenen Gewinn für die Jahre 2006 bis 2008 geltend.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von rund 11,5 Mio. € zuzüglich Zinsen verurteilt. Es hat angenommen, aufgrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14. August 2008 stehe gem. § 33 Abs. 4 GWB* mit Bindungswirkung fest, dass sich die Beklagte und die anderen Lottogesellschaften vom Zeitpunkt der Beschluss-fassung im Rechtsausschuss des DLTB im April 2005 bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Beschwerdegericht im Kartellverwaltungsverfahren am 30. Mai 2007 kartellrechtswidrig verhalten hätten. Auch in der Folgezeit ab 31. Mai 2007 bis Ende 2008 bestehe eine Vermutung für die Fortsetzung des kartellrechtswidrigen Verhaltens der Lottogesellschaften, die von der Beklagten nicht widerlegt worden sei. Der schuldhafte Kartellrechtsverstoß der Beklagten habe zumindest mitursächlich zum Scheitern des Geschäftsmodells und damit zu einem Schaden der Klägerin in Form entgangenen Gewinns geführt.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit der vom Senat zugelassenen Revision. Im Revisionsverfahren wird es unter anderem um die Frage gehen, in welchem zeitlichen Umfang eine Bindungswirkung an die tatsächlichen Feststellungen im Kartellverwaltungsverfahren nach § 33 Abs. 4 GWB* besteht und welche Anforderungen an die Feststellung eines Schaden zu stellen sind, der durch einen Kartellrechtsverstoß entstanden sein soll.

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*) § 33 GWB Unterlassungsanspruch, Schadensersatzpflicht
(…)
(4)Wird wegen eines Verstoßes gegen eine Vorschrift dieses Gesetzes oder gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union Schadensersatz gefordert, ist das Gericht an die Feststellung des Verstoßes gebunden, wie sie in einer bestandskräftigen Entscheidung der Kartellbehörde, der Europäischen Kommission oder der Wettbewerbsbehörde oder des als solche handelnden Gerichts in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union getroffen wurde. Das Gleiche gilt für entsprechende Feststellungen in rechtskräftigen Gerichtsentscheidungen, die infolge der Anfechtung von Entscheidungen nach Satz 1 ergangen sind. (…)

Vorinstanzen:
LG Dortmund – Urteil vom 24. April 2012 – 25 O 5/11
OLG Düsseldorf – Urteil vom 9. April 2014 – VI-U Kart 10/12