Freitag, 16. November 2007

Gutachten klärt Grenzen für Werbung und Vertrieb für das Glücksspielmonopol

Pressemitteilung des Deutschen Buchmacherverbandes:

Lottoblock muss Werbung massiv reduzieren / Nur 2 von 78 untersuchten aktuellen Werbemaßnahmen erfüllen Kriterien des Staatsvertrags / Jackpotwerbung künftig unzulässig / Zahl der Annahmestellen ist zu reduzieren

Der Deutsche Buchmacherverband Essen e.V. hat den durch zahlreiche Veröffentlichungen bekannten Wettbewerbs- und Werberechtler Prof. Dr. Peter W. Heermann von der Universität Bayreuth beauftragt, die Werbe- und Vertriebsregelungen des geplanten Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) auf ihre Vereinbarkeit mit Verfassungs- und Gemeinschaftsrecht sowie im Vergleich mit der aktuellen Praxis des Deutschen Lotto- und Totoblocks (DLTB) zu untersuchen.

Prof. Dr. Heermann stellt in seinem nun vorgelegten Gutachten zunächst fest, dass die Regelungen des GlüStV zur Beschränkung von Werbung und Vertrieb wesentliche Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs außer acht lässt, obwohl der GlüStV die Neuauflage des Monopols bei Sportwetten eigentlich legitimieren soll. Trotz dieser gesetzgeberischen Mängel wird der staatliche Lottoblock seine Werbung nach den Vorgaben des GlüStV drastisch umstellen müssen. Weder Inhalt, Gestaltung noch der Umfang aktueller Werbemaßnahmen des DLTB sind mit den Zielen des Staatsvertrags vereinbar. Gemessen am GlüStV, halten nur 2 von 78 untersuchten Werbebeispielen die vorgesehenen rechtlichen Anforderungen ein.

Laut GlüStV hat Werbung sich ausschließlich auf "eine Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Glücksspiel" zu beschränken. Wo liegt jedoch die Grenze zwischen "Information" und "Anreiz"? Prof.Dr. Heermann setzt hier deutliche Grenzen: "Information über die Möglichkeit zum Glücksspiel" beschränkt sich allein auf Mitteilungen über das Ob, Wo, Wann der Glücksspielteilnahme und die Bedingungen hierfür. Werbung darf in keinem Fall gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen oder ermuntern. Folglich ist bereitsWerbung für Jackpots oder hochwertige Sachgewinne unzulässig, da gerade diese einen erheblichen Anreiz- und Aufforderungscharakter beinhaltet. Werbung ist zudem unzulässig, wenn die Information hinter einer reklamehaften Aufmachung zurücktritt. Neben Inhalt und Gestaltung der Werbemaßnahmen muss der DLTB auch den Werbeumfang deutlich reduzieren. Die bisherigen Werbeausgaben von über 100 Mio. Euro pro Jahr stehen den Zielsetzungen des GlüStV klar entgegen.

Anknüpfend an die rechtlichen Vorgaben des EuGH und insbesondere des BVerfG ist eine deutliche Reduzierung der Zahl von rund 26.000 Annahme- und Verkaufsstellen des DLTB erforderlich. Denn in einem Monopol muss der Zugang zu Glücksspielen für den Durchschnittsverbraucher im Vergleich zu seinem Zugang zu "normalen" Gütern des täglichen Lebens in räumlicher Hinsicht deutlich erschwert werden, um so die Gelegenheit zum Spiel zu vermindern. So verfügt die Deutsche Post bundesweit nur über ca. 12.500 Filialen, obgleich sie -im Gegensatz zu einem staatlichen Glücksspielanbieter - einen flächendeckenden Gewährleistungsauftrag zu erfüllen hat.

Die vorgesehenen Einschränkungen für Werbung und Vertrieb sind nach Ansicht von Prof. Dr. Heermann im Glücksspielstaatsvertrag zur Legitimation des Monopols verfassungs- und gemeinschaftsrechtlich unzureichend. So wird Werbung im Fernsehen, Internet und über Telekommunikationsanlagen verboten, während die Werbeträger Radio, Print, Plakat oder Briefsendungen zulässig bleiben. Die ungleiche Behandlung dieser Werbemedien ist weder nachvollziehbar noch in sich schlüssig und systematisch. Hervorzuheben ist auch, dass verschiedene rechtlich zweifelhafte Ausnahmen, z.B. für "die Ziehung der Lottozahlen und Sendungen, die zugelassene Lotterien zum Gegenstand haben", das generelle Verbot des Werbeträgers Fernsehen zugunsten des DLTB massiv aushöhlen. "Dieses ist weder "kohärent und systematisch", noch mit der Regelungssystematik des GlüStV vereinbar", so Prof. Dr. Heermann.

Fahrplan der Gerichte für 2008 - volle Kohärenzprüfung "Neuer Wein in neuen Schläuchen"

Pressemitteilung des VDSD e.V.

Der VDSD e.V. hatte sich in einer Pressemeldung zu einer interessanten Kostenentscheidung des BVerfG vom 22.10.2007 geäußert. Die Reaktion hierauf kam prompt in einem Beitrag von Dr. Manfred Hecker, welcher die Ausführungen als von einseitigem, "lobbyistischen Berichtsinteresse belastet" sah. Der VDSD kann diese Heftigkeit nicht nachvollziehen. Glaubt man den weiteren Ausführungen des Autors, so können nämlich sinngemäß mit aller Gelassenheit die weiteren Umsetzungsmaßnahmen des Glücksspielstaatsvertrages abgewartet werden, so dass ab dem 01.01.2008 mit einer verfassungs- und europarechtskonformen Rechtslage gerechnet werden kann.

Bei genauer Analyse der Situation im Glücksspielbereich bestehen gerade hieran erhebliche Zweifel und lassen vermuten, dass eben gerade diese Gelassenheit abhanden gekommen ist. Die Situation ist vielmehr so, dass sich Anzeichen für eine unklare rechtliche Situation ab 01.01.2008 häufen und nicht ignoriert werden können.

Tatsächlich stellt sich die Situation so dar, dass in einer Vielzahl von Landesparlamenten der Gesetzgebungsprozess durch mündliche und schriftliche Anhörungen ins Stocken geraten ist. Zum Teil ist noch nicht einmal geklärt, welche Behörde für den Vollzug der Ausführungsgesetze zuständig ist. Gleichzeitig treten erste schmerzhafte Einnahmeausfälle für den Sport infolge der Umsatzeinbußen auf, welche frühzeitig prognostiziert, jedoch scheinbar ignoriert wurden.

Die bekräftigten Bedenken der EU-Kommission gegen den Glücksspielstaatsvertrag zeigen Wirkung. Eine Vielzahl von Verwaltungsgerichten hat von der Vorlagemöglichkeit Gebrauch gemacht und Entscheidungen an den EuGH vorgelegt. Entscheidungen hierzu stehen aus.

Einige Länder befinden sich in der Frage der Notifizierungspflicht in einer problematischen Situation. Was hieraus konkret für die rechtliche Situation ab 2008 folgt, ist noch nicht im Detail bekannt. Die Anwendung der Ausführungsgesetze könnte jedoch fraglich sein.

Schließlich ist ab dem 01.01.2008 zu prüfen, ob das vom BVerfG in seiner Entscheidung vom 28.03.2006 monierte Regelungsdefizit tatsächlich durch den Glücksspielstaatsvertrag und die Ausführungsgesetze zu einer widerspruchsfreien Gesamtregelung hingeführt ist. Der VGH Kassel hat hier in einem Beschluss vom 08.11.2007, Az.: 7 TG 1845/07, den Fahrplan einer gerichtlichen Prüfung festgelegt und mitgeteilt, dass dann die volle Kohärenz Prüfungsmaßstab einer Rechtfertigung des Glücksspielmonopols ist.

Weiterhin stellt sich die Frage, ob die dann einhergehende Ausübung des Monopols durch die Gesellschaften des DTLB den Kriterien genügt, die einen gerechtfertigten Ausschluss privater Anbieter begründen.

Angesichts der Präsenz der Annahmestellen und des aktuellen Angebots von Jackpots bestehen hieran Zweifel. Ob quasi über Nacht eine Änderung von einer nur dem "Mindestmaß an Konsistenz" entsprechenden zu einer dem Vollmaßstab gerechten Regelung und Ausübung herbeigeführt werden kann, bleibt abzuwarten. Ob die nur geringfügige Ausdünnung des Netzes der Annahmestellen ausreichend ist, wird sicher noch die Gerichte beschäftigen.

Auch die Situation um die Lotto Rheinland-Pfalz GmbH bleibt spannend. Kann hier rechtzeitig, noch vor dem 31.12.2007 eine rechtssichere Übertragung an das Land erfolgen? Die Folgen für den Glücksspielstaatsvertrag, im Fall, dass die Lotto Rheinland-Pfalz GmbH nicht mehrheitlich vom Land übernommen werden kann, sind ebenso nicht abzusehen.

All diese Unwägbarkeiten lassen bei einem vorsichtigen Betrachter Zweifel aufkommen, ob tatsächlich die Gelassenheit vorhanden ist, die vorgegeben wird. Kann unter diesen Umständen mit einer verfassungs- und europarechtskonformen Rechtsgrundlage pünktlich zum 01.01.2008 gerechnet werden?

Verstärkt wird dieser Zweifel auch durch eine Betrachtung der Situation im übrigen EU-Bereich. In Frankreich beginnen Gespräche zur Schaffung einer EU-konformen Lösung. Italien hat sich bewegt. Auch Schweden scheint sich zukünftig vom staatlichen Monopol lösen zu wollen. Ob daher in einem europäischen Umfeld ein Glücksspielmonopol auf Dauer haltbar und zukunftsfähig ist, bleibt kritisch abzuwarten.

Wie der VDSD bereits mitteilte, hat die Sportwetten Gera GmbH neben anderen Veranstaltern, welche mit DDR Lizenz tätig sind, eine Feststellungsklage am Verwaltungsgericht Gera erhoben - basierend auf einem Rechtsgutachten von Prof. Dr. Horn. Dieses bereits rechtshängige Verfahren wird grundsätzlich klären, ob die Sportwetten Gera GmbH überhaupt von den neuen Regelungen betroffen ist.

In jedem Fall werden letztlich die Gerichte alle diese Fragen prüfen. Ob damit am 01.01.2008 wirklich mit einer rechtssicheren Lösung im Glücksspielbereich gerechnet werden kann, bleibt abzuwarten. Der VDSD rechnet nicht damit.

Wir werden daher unsere Mitglieder und die Öffentlichkeit weiter über aktuelle Entwicklungen informieren.

VDSD e.V.
Nitzschke
Vorstand

Zwei weitere Sportwetten-Vorlagen an den Europäischen Gerichtshof durch das Verwaltungsgericht Gießen

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Das Verwaltungsgericht Gießen hat neben dem bereits bekannten Vorlageverfahren Markus Stoß gegen Wetteraukreis (Rechtssache C-316/07) zwei weitere Verfahren dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gemäß Art. 234 EG-Vertrag zur Vorabentscheidung vorgelegt, nämlich

Avalon Service-Online-Dienste GmbH gegen Wetteraukreis
(Rechtssache C-409/07) und

Olaf Amadeus Wilhelm Happel gegen Wetteraukreis
(Rechtssache C-410/07)

Damit sind nunmehr insgesamt sieben deutsche Sportwettenverfahren beim Europäischen Gerichthof anhängig (eines aus Köln und je drei aus Gießen und Stuttgart).

Die Vorlagefragen des Verwaltungsgerichts Gießen an den EuGH lauten in den beiden neuen Fällen:

Sind die Art. 43 und 49 EGV dahingehend auszulegen, dass sie einem innerstaatlichen Monopol auf bestimmte Glücksspiele wie z.B. Sportwetten entgegenstehen, wenn es in dem betreffenden Mitgliedstaat insgesamt an einer kohärenten und systematischen Politik zur Beschränkung des Glücksspiels fehlt, insbesondere weil die innerstaatlich konzessionierten Veranstalter zur Teilnahme an anderen Glücksspielen - wie staatlichen Lotterien und Kasinospielen - ermuntern, und ferner andere Spiele mit gleichem oder höherem mutmaßlichen Suchtgefährdungspotential - wie Wetten auf bestimmte Sportereignisse (wie Pferderennen) und Automatenspiel - von privaten Dienstleistungsanbietern erbracht werden dürfen?

Sind Art. 43 und 49 EGV dahingehend auszulegen, dass durch dafür berufene staatliche Stellen der Mitgliedstaaten ausgestellte Genehmigungen der Veranstaltung von Sportwetten, die nicht auf das jeweilige Staatsgebiet beschränkt sind, den Inhaber der Genehmigung wie auch von ihm beauftragte Dritte berechtigen, auch im Bereich der anderen Mitgliedstaaten ohne zusätzlich erforderliche nationale Genehmigungen die jeweiligen Angebote zum Abschluss von Verträgen anzubieten und durchzuführen?

Mittwoch, 14. November 2007

Bundeskartellamt will Übernahme der Mehrheit an der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH durch das Land verhindern

Das Bundeskartellamt will mit einer Abmahnung nunmehr die geplante Übernahme einer Mehrheitsbeteiligung an der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH durch das Land Rheinland-Pfalz verhindern, nachdem es bereits im letzten Jahr die derzeitige Struktur des deutschen Glückspielwesens, die durch einen Blockvertrag verbundenen Landeslotteriegesellschaften, für wettbewerbswidrig erklärt hatte.

Das Land Rheinland-Pfalz plant, 51 Prozent der Anteile an der bislang rein privaten Lotto Rheinland-Pfalz GmbH zu übernehmen. Damit will das Land die Voraussetzungen für den vorgesehenen Glücksspielstaatsvertrag schaffen und eine staatliche Kontrolle sicherstellen. Mit dem zum 1. Januar 2008 geplanten Vertrag wollen die 16 deutschen Bundesländer das staatliche Wett- und Glücksspielmonopol noch verschärfen und für zunächst vier weitere Jahre verlängern, um Einnahmen für den Fiskus sicherzustellen. Nach Aussage des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck gebe es ohne Monopol "ein riesen Loch".

Die rheinland-pfälzische Lottogesellschaft ist das einzige Privatunternehmen im sog. Deutschen Toto- und Lottoblock, dem Kartell der Monopolanbieter. Bislang sind die Sportbünde Rheinland, Pfalz und Rheinhessen die Gesellschafter (zukünftig nur noch zu 49%). Ein Konkurrenzangebot des privaten Unternehmens FLUXX hatten die Sportbünde ausgeschlagen.

Lotto Rheinland-Pfalz bietet seine Dienstleistungen binnengrenzüberschreitend auch in dem EU-MItgliedstaat Luxemburg an, während die deutschen Bundesländer den deutschen Markt nach außen gegen Anbieter aus anderen Mitgliedstaaten abschotten wollen. Die Europäische Kommission hatte dies als europarechtswidrig kritisiert und eine europaweite Ausschreibung gefordert, wenn das Lotteriewesen in Rheinland-Pfalz privat bleibe.

Das Verwaltungsgericht Main hatte kürzlich ein Glücksspielmonopol zugunsten eines privaten Unternehmens für verfassungsrechtlich unzulässig gehalten (Beschluss vom 12. September 2007, Az. 6 L 583/07.MZ). Auch verstoße die Rechtslage in Rheinland-Pfalz gegen die durch den EG-Vertrag garantierten Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit.

Nach Auskunft des Bundeskartellamtes können sich die Beteiligten zu der Abmahnung äußern. Dazu ist am Freitag ein Treffen in Bonn geplant. Bis zum 30. November 2007 will das Kartellamt das Verfahren abschließen und eine Entscheidung treffen.

Der Geschäftsführer von Lotto Rheinland-Pfalz GmbH, Hans-Peter Schössler, erklärte: "Es ist eine Forderung der Europäischen Kommission, dass es in Deutschland nur einen Staatsvertrag geben kann, wenn alle Gesellschaften auch mehrheitlich vom Staat getragen werden."