Die Ministerpräsidenten der 16 deutschen Bundesländer haben auf der heutigen Ministerpräsidenten-Konferenz in Berlin den umstrittenen Entwurf des Lotterie-Staatsvertrags nicht unterzeichnet. Gegen die Stimme des Ministerpräsidenten aus Schleswig-Holstein, d. h. 15 : 1, wurde jedoch beschlossen, dass der Vertrag Anfang 2007 von den zustimmenden Länderchefs im Umlaufverfahren unterzeichnet werden soll, um dann gegenüber der EU-Kommission notifiziert zu werden. Der Rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck teilte heute mit, 15 Länder hätten sich darauf verständigt, den Staatsvertrag auf den Weg zu bringen, obwohl Schleswig-Holstein nicht zugestimmt habe.
Mit dem geplanten Lotterie-Staatvertrag wollen die Länder das Glücksspielrecht nach der Sportwetten-Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom März 2006 neu regeln. Der Vertrag soll auch Sportwettenwetten regeln sowie Vorschriften für Spielbanken enthalten. Nach dem nunmehrigen Mehrheitsbeschluss des Ministerpräsidenten soll für weitere vier Jahre, ab Anfang 2008, ein staatliches Sportwetten- und Glücksspielmonopol in Deutschland gelten.
Die Kieler Landesregierung begründet ihre Ablehnung mit europa- und wettbewerbsrechtlichen Bedenken und will das weitere Verfahren unter anderem in Brüssel sowie die anstehende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (Rechtssache Placanica) abwarten. Der Landtag von Schleswig-Holstein hatte eine Unterzeichnung Ende November 2006 ausdrücklich einstimmig abgelehnt (vgl. Sportwettenrecht aktuell Nr. 55). Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Peter-Harry Carstensen, erklärte: „Heute habe ich es abgelehnt, meine Unterschrift unter den Vertrag zu setzen.“ Er halte sich aber die Möglichkeit offen, in den nächsten Monaten dem Vertrag noch beizutreten.
Rechtlich ist ein Staatsvertrag, dem nicht alle Länder zustimmen, höchst problematisch. Er führt zu einer gespaltenen Rechtslage in Deutschland und damit gerade nicht zu einer kohärenten, in sich nachvollziehbaren rechtlichen Regelung. Eine derartige kohärente Regelung für den gesamten Glücksspielbereich ist jedoch sowohl verfassungsrechtlich wie auch europarechtlich erforderlich. Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in dem Grundsatzurteil vom 28. März 2006 werden durch einen nicht in allen Ländern geltenden Staatsvertrag nicht erfüllt.
Schleswig-Holsteins CDU-Fraktionschef Johann Wadephul hatte kürzlich rechtliche Schritte für den Fall angekündigt, dass die Ministerpräsidenten das Gesetzgebungsverfahren für den Lotterie-Staatsvertrag nach der so genannten 13/16-Regel auf den Weg bringen sollten. "Wer wider besseres Wissen an dieser Regelung festhält, der legt die Axt an die Wurzeln des Föderalismus", sagte Wadephul zu Euro am Sonntag. "Wir werden dagegen mit allen Mitteln - notfalls auch juristisch - vorgehen." Unabhängig von einer möglichen rechtlichen Auseinandersetzung müssen zum Inkrafttreten des Staatsvertrages zunächst die Länderparlamente zustimmen.
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