von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG
Nach zahlreichen Sportwettenentscheidungen darf sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) nunmehr auch mit der europarechtlichen Zulässigkeit eines Spielbankenmonopols auseinandersetzen. Das österreichische Landesgericht (LG) Linz legte kürzlich in einem Strafverfahren hierzu mehrere grundlegende Vorlagefragen dem EuGH vor (Rechtssache C-64/08 – „Engelmann“). Die Entscheidung des EuGH könnte das derzeitige Konzessionssystem für Spielbanken in Österreich über den Haufen werfen und auch für andere Mitgliedstaaten von grundlegender Bedeutung sein.
Das LG Linz bat den EuGH mit seiner Vorlage um die Beantwortung folgender Fragen:
• Ist Artikel 43 EGV (Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in der Fassung vom 2.10.1997 zuletzt geändert durch den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union vom 25.4.2005, ABI EG Nr L 157/11) dahingehend auszulegen, dass er einer Vorschrift entgegensteht, welche für den Betrieb von Glücksspielen in Spielbanken ausschließlich Gesellschaften in der Gesellschaftsform der Aktiengesellschaft mit Sitz im Territorium dieses Mitgliedstaates, sohin die Gründung oder den Erwerb einer in diesem Mitgliedstaat gelegenen Kapitalgesellschaft, vorschreibt?
• Sind die Artikel 43 und 49 EGV dahingehend auszulegen, dass sie einem innerstaatlichen Monopol auf bestimmte Glücksspiele, wie zum Beispiel Glücksspiele in Spielbanken, entgegenstehen, wenn es in dem betreffenden Mitgliedstaat insgesamt an einer kohärenten und systematischen Politik zur Beschränkung des Glücksspiels fehlt, weil die innerstaatlich konzessionierten Veranstalter zur Teilnahme an Glücksspielen - wie staatlichen Sportwetten und Lotterien - ermuntern und hiefür werben (Fernsehen, Zeitungen, Zeitschriften), wobei die Werbung sogar dahingeht, dass zeitlich kurz vor der Lottoziehung eine Barablöse für einen Wettschein angeboten wird ("TOI TOI TOI - Glaub' ans Glück")?
• Sind die Artikel 43 und 49 EGV dahingehend auszulegen, dass sie einer Vorschrift entgegenstehen, wonach sämtliche der in einem nationalen Glücksspielrecht vorgesehenen Konzessionen für Glücksspiele und Spielbanken über einen Zeitraum von 15 Jahren auf der Grundlage einer Regelung erteilt werden, welche (nicht diesem Mitgliedstaat angehörige) Mitbewerber des Gemeinschaftsraumes von der Ausschreibung ausgeschlossen haben?
Insbesondere die erste und letzte Frage zeigen, dass das LG Linz die Spielbanken-Ausschreibung in Österreich für diskriminierend und daher europarechtlich nicht haltbar hält. Angeknüpft wird damit offenkundig an das Urteil des EuGH zum italienischen Wettkonzessionssystem (Urteil vom 13. September 2007, Rs. 260/04 – Kommission / Italien). Antwortet der EuGH im Sinne des LG Linz, dürfte eine komplett neue Ausschreibung erforderlich sein. Die zweite Frage zu Konsistenz findet sich in abgewandelter Form bereits in zahlreichen, bereits beim EuGH anhängigen Vorlageverfahren (siehe hierzu Arendts, ZfWG 2007, 347 ff.).
aus: Sportwettenrecht aktuell Nr. 101
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