Spiegel Online meldete bereits vor mehr als sieben Monaten, dass das staatliche Lotterieunternehmen für Nordrhein-Westfalen, die Westdeutsche Lotterie GmbH & Co. oHG (WestLotto), keine Genehmigung zum Veranstalten von Sportwetten besitze (Dietmar Hipp: Oddset droht in NRW das Aus, Spiegel Online vom 1. Juni 2006). WestLotto wurde deswegen abgemahnt und musste nunmehr nach einer Meldung des Verbands Europäischer Wettunternehmer (VEWU) in einem Verfahren vor dem Oberlandesgericht (OLG) Köln (Az. 6 U 196/06) am 12. Januar 2007 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben. WestLotto verpflichtet sich darin, bei der Veranstaltung von Sportwetten nicht mehr als Genehmigungsinhaber aufzutreten.
Geklagt hatten – so der VEWU – ein privater Buchmacher aus Köln und der Deutsche Buchmacherverband. Sie beanstandeten, dass WestLotto als Veranstalter von Sportwetten auftrete, der eigentliche Inhaber der Genehmigung jedoch die Nordwestlotto in Nordrhein-Westfalen GmbH (Nordwestlotto) sei. Bei der Verhandlung sah es das OLG Köln laut VEWU als erwiesen an, dass WestLotto tatsächlich nicht Inhaber einer Genehmigung sei. An der von WestLotto geschilderten Konstruktion zur Rechtfertigung ihrer Tätigkeit habe das OLG erhebliche Zweifel geäußert. WestLotto gab daraufhin eine Unterlassungserklärung ab. WestLotto hat nun bis zum 31. Januar 2007 Zeit, einen rechtmäßigen Zustand herzustellen.
Nach den von WestLotto in mehreren wettbewerbsrechtlichen Gerichtsverfahren auf Anforderung des OLG Köln vorgelegten Unterlagen hat in der Tat Nordwestlotto mit Schreiben vom 14. Dezember 1999 einen „Antrag auf Genehmigung von Sportwetten mit festen Gewinnquoten (ODDSET-Wette) in Nordrhein-Westfalen“ gestellt. Das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen erteilte daraufhin am 11. Januar 2000 Nordwestlotto die „Erlaubnis zum Betrieb eines Wettunternehmens für Sportwetten mit festen Gewinnquoten“. Von einer Durchführung durch WestLotto ist in der Erlaubnis selbst nicht die Rede, sondern von einer Veranstaltung durch Nordwestlotto. Nordwestlotto veranstaltete offenbar allerdings in der Folgezeit nicht selber ODDSET-Wetten, sondern nur WestLotto. In dem letzten vorliegenden Geschäftsbericht 2005 werden die Sportwetten-Umsätze von WestLotto als eigene Umsätze aufgeführt (S. 27) und die Erlaubnis vom 11. Januar 2000 unter den WestLotto erteilten „Genehmigungen/Konzessionen“ aufgeführt (S. 35). Nach den Teilnahmebedingungen wird der Spielvertrag zwischen dem Unternehmen (d.h. WestLotto) und dem Spielteilnehmer abgeschlossen. WestLotto ist damit Wetthalter und trägt das wirtschaftliche Risiko des Veranstalters. Zumindest zivilrechtlich scheint ein Auftragsverhältnis nicht vorzuliegen. Auch fehlt es offenkundig an einer Verantwortlichkeit von Nordwestlotto.
WestLotto argumentierte dagegen in zahlreichen Gerichtsverfahren, dass Nordwestlotto angeblich als „Träger“ des Wettunternehmens fungiere, WestLotto jedoch mit der Durchführung beauftragt sei (was der Erlaubnis allerdings unmittelbar nicht zu entnehmen ist, sondern allenfalls den Teilnahmebedingungen). Des Weiteren legte WestLotto ein merkwürdiges Schreiben des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 7. Dezember 2006 vor, in dem dieses „aus Gründen der Klarstellung“ mitteilte, dass sich die Nordwestlotto erteilte Erlaubnis vom 11. Januar 2000 auf die „Durchführung der Veranstaltung von Sportwetten“ durch WestLotto beziehe.
Kommentar: Der Irrsinn im Sportwettenbereich scheint Methode zu haben. Nur bei Staatsunternehmen dürften Genehmigungen, hier eine vom Ministerpräsidenten, dem Innenminister und dem Finanzminister unterzeichnete Erlaubnis, fast sieben Jahren nach Erlass von einem Beamten plötzlich auf anderes Unternehmen bezogen werden. Dass ein Staatsunternehmen offenbar ohne korrekte Genehmigung tätig wird, wundert einem auch nicht mehr. So werden strafrechtliche Konsequenzen zu prüfen sein. Bereits im letzten Jahr wurde deswegen ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet, das allerdings wohl im Sande verlaufen dürfte. Im Übrigen hatte sich WestLotto in zahlreichen Gerichtsverfahren berühmt, über die erforderliche Genehmigung zur Veranstaltung von Sportwetten zu besitzen. Hier wird man prüfen müssen, ob dies nicht als Prozessbetrug zu werten ist.
aus: Sportwettenrecht aktuell Nr. 62
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