von Rechtsanwalt Martin Arendts
Der Glücksspielstaatsvertrag zwischen den 16 deutschen Ländern soll bis zum Jahresende von allen Länderparlamenten ratifiziert werden, damit er fristgerecht zum Ende der vom Bundesverfassungsgericht in seinem Sportwetten-Urteil vom 28. März 2006 gesetzten Übergangsfrist, 31. Dezember 2007, in Kraft treten kann. Mit dem Vertrag soll nach dem Willen der Länder das derzeit zu ihren Gunsten bestehende staatliche Monopol für Glücksspiele und Sportwetten noch einmal deutlich verschärfen werden. Dies dürfte für die wirtschaftliche Tätigkeit privater Internet-Vermittlerfirmen wie Fluxx in Kiel oder die Hamburger Tipp24 AG das Ende bedeuten.
Die Europäische Kommission, die als "Hüterin der Verträge" die Einhaltung des Europarechts zu überwachen hat, hat allerdings in mehreren Schreiben grundlegende Zweifel an zentralen Regelungen geäußert und insbesondere einen Verstoß gegen die Niederlassungs-, Dienstleistungs- und Zahlungsverkehrsfreiheit festgestellt. Die Europäische Kommission kündigte bei Verabschiedung an, umgehend ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einzuleiten. Auch das Bundeskartellamt äußerte grundlegende Bedenken.
Nach mehreren, von den betroffenen Unternehmen und Unternehmensverbänden in Auftrag gegegeben Rechtsgutachten hat nunmehr der Wissenschaftliche Dienst des Kieler Landtages, der den Vertrag in den nächsten Wochen bestätigen soll, ein für die geplanten Regelungen vernichtendes Gutachten vorgelegt, wie die Zeitung DIE WELT berichtete. Der Wissenschaftliche Dienst kommt zu dem Ergebnis, „dass gegen zentrale Teile des Glücksspielstaatsvertrages rechtliche Bedenken bestehen, aus denen sich ein beträchtliches Risiko für den gesamten Bestand ergeben kann.“
So sei es europarechtlich bedenklich, dass weniger suchtrelevante Bereiche wie Lotterien stark reglementiert würden, aber Glücksspielformen mit nachweislich hohem Suchtpotenzial wie Spielautomaten, Spielbanken und Pferdewetten ausgespart blieben. Auch verstoße der Vertrag gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit der Vermittler wie Tipp24 oder Fluxx, weil ein Rechtsanspruch auf Erlaubnis ausgeschlossen werde. Somit könnten Genehmigungen von der entsprechenden Behörde auch verweigert werden, wenn überhaupt kein Grund dafür vorläge.
Die CDU-Fraktion im Landtag von Schleswig-Holstein hat nach dem Zeitungsbericht inzwischen reagiert und angekündigt, sie wolle das Landesgesetz zur Umsetzung des Vertrages erneut überprüfen. Tipp24 hat laut WELT angekündigt, zum Jahresbeginn in allen 16 Bundesländern im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen den Glücksspielstaatsvertrag vorzugehen. Im Übrigen bestehe ein erhebliches Schadensersatzrisiko für den Staat.
Das Gutachten ist auf der Internetseite des Schleswig-Holsteinischen Landtags abrufbar unter: Gutachten
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