Samstag, 7. November 2009

Deutsches Sportwettenmonopol steht am 8. und 9. Dezember 2009 auf dem Prüfstand des Europäischen Gerichtshofs

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) verhandelt am 8. und 9. Dezember 2009, jeweils ab 9.30 Uhr, die insgesamt acht deutschen Vorlageverfahren zu Sportwetten. Am 8. Dezember stehen die Verhandlungen der Vorlagen der Verwaltungsgerichte Stuttgart und Gießen betreffenden verbundenen Rechtssachen C-316/07 u. a. („Markus Stoß“) und der Rechtssache C-46/08 („Carmen Media Group“) an. Am 9. Dezember wird noch die bereits 2006 vom VG Köln eingereichte Rechtssache C-409/06 („Winner Wetten“) verhandelt.

Vom EuGH wird bei den Verhandlungen die Vereinbarkeit des in Deutschland bestehenden, durch den Glücksspielstaatvertrag noch einmal verschärften staatlichen Monopols für Sportwetten und Glücksspiele mit europäischem Gemeinschaftsrecht zu prüfen sein. Ein wohl im nächsten Jahr ergehendes Urteil des EuGH könnte dieses Monopol kippen.

Europarechtlich problematisch ist vor allem die fehlende Kohärenz der Sach- und Rechtslage in Deutschland. So werden staatliche Glücksspielangebote weiterhin massiv in der Öffentlichkeit beworben (u. a. Bandenwerbung bei Bundesliga-Spielen, Aufstellerwerbung vor Annahmestellen, Werbung in öffentlichen Verkehrsmitteln etc.). Glücksspielformen mit hoher Suchtgefahr, vor allem Glücksspielautomaten, sowie Pferdewetten können von privaten Unternehmen angeboten werden, während der Staat für Sportwetten und Lotterien (mit einer minimalen Suchtgefahr) ein mit der Spielsuchtbekämpfung begründetes Monopol beansprucht. Mit diesem Monopol wird der deutsche Markt abgeschottet. Zur Aufrechterhaltung werden staatlich zugelassene Anbieter aus anderen EU-Mitgliedstaaten und deren Vermittler straf-, verwaltungs- und wettbewerbsrechtlich verfolgt.

Zu den drei Verfahren im Einzelnen:

- Das verbundene Verfahren Markus Stoß u. a. betrifft sechs unterschiedliche, gegen Sportwettenvermittler ergangene Untersagungsverfügungen. Sowohl das VG Stuttgart wie auch das VG Gießen bezweifelten deren Vereinbarkeit mit der durch den EG-Vertrag garantierten Dienstleistungsfreiheit. So bemängelte das VG Stuttgart u. a, dass in Deutschland die Glücksspiel- und Wetttätigkeit nicht kohärent und systematisch begrenzt werde. Hierzu müsste der Gesetzgeber grundsätzlich alle Sparten bzw. Sektoren von Glücksspielen bewertend in den Blick nehmen und sodann nach Maßgabe des jeweils ermittelten Gefährdungs- und Suchtpotentials auch einschreiten.

- In der Rechtssache Carmen Media Group, einem Buchmacher aus Gibraltar, geht es ebenfalls um die Kohärenz der deutschen Rechtslage. So will das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht u. a. wissen, ob es einem maßgeblich mit der Bekämpfung von Spielsuchtgefahren begründeten nationalen staatlichen Veranstaltungsmonopol auf Sportwetten und Lotterien entgegensteht, wenn in diesem Mitgliedstaat andere Glücksspiele mit erheblichem Suchtgefährdungspotenzial von privaten Dienstleistungsanbietern erbracht werden dürfen.

- Die Rechtsache Winner Wetten ist die erste, aber nun etwas später verhandelte Vorlage aus Deutschland. Das Verwaltungsgericht Köln legte angesichts des greifbar europarechtswidrigen Vorgehens des OVG Nordrhein-Westfalen einen Fall zu einer Untersagungsverfügung gegen einen Sportwettenvermittler dem EuGH vor. Das deutsche Gericht wollte letztlich nur vom EuGH bestätigt haben, dass die durch das OVG erfolgte offene Nichtbeachtung der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit trotz ausdrücklich festgestellter Europarechtswidrigkeit nicht mit dem Europarecht zu vereinbaren ist.

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