Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 23. Oktober 2012
Das Online-Glücksspiel ist eine der am schnellsten wachsenden Dienstleistungstätigkeiten in der EU mit jährlichen Wachstumsraten von knapp 15% und jährlichen Einnahmen von schätzungsweise 13 Mrd. EUR im Jahr 2015. Es entwickelt sich parallel zu den raschen Fortschritten in der Online-Technologie. Die Online-Glücksspieldienste decken ein breites Spektrum an Glücksspielen ab, von Sportwetten über Poker und Kasinospiele bis hin zu Lotterien, und 6,8 Mio. Verbraucher nehmen an einer oder mehreren Arten von Online-Glücksspielen teil. Allerdings gibt es auch Tausende unregulierter Glücksspiel-Websites, oft von außerhalb der EU, zu denen die Verbraucher Zugang haben und die erhebliche Risiken, beispielsweise in Bezug auf Betrug und Geldwäsche, bergen.
Das Online-Glücksspiel in der EU ist geprägt durch unterschiedliche nationale Vorschriften. Ungeachtet ihrer Verpflichtung zur Einhaltung der EU-Vorschriften können die Mitgliedstaaten nämlich aus Gründen des Schutzes von Zielen des öffentlichen Interesses in Zusammenhang mit Glücksspielen die Erbringung aller oder bestimmter Arten von Online-Glücksspieldienstleistungen einschränken oder begrenzen. Eine wachsende Zahl von Mitgliedstaaten überarbeitet derzeit ihre nationalen Vorschriften und Verfahren, um sich den anstehenden Herausforderungen zu stellen. Die größten regulatorischen, gesellschaftlichen und technischen Probleme können die Mitgliedstaaten jedoch nicht alleine lösen. Dies gilt insbesondere wegen der grenzübergreifenden Dimension des Online-Glücksspiels.
Heute stellt die Kommission einen Aktionsplan sowie eine Reihe von für die kommenden zwei Jahren geplanten Initiativen vor, durch die die Regulierung des Online-Glücksspiels klargestellt und die Mitgliedstaaten zur Zusammenarbeit angeregt werden sollen.
Dazu der für Binnenmarkt und Dienstleistungen zuständige Kommissar Michel Barnier: "Die Verbraucher oder besser gesagt alle Bürgerinnen und Bürger müssen angemessen geschützt und Geldwäsche und Betrug verhindert werden, und im Sport müssen Spielabsprachen in Zusammenhang mit Sportwetten vermieden werden. Außerdem müssen die nationalen Vorschriften mit dem EU-Recht konform sein. Das sind die Ziele des heute verabschiedeten Aktionsplans."
Die wichtigsten Punkte der Mitteilung lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die Kommission schlägt keine EU-weit geltende Rechtsvorschrift zum Online-Glücksspiel vor, sondern eine Reihe umfassender Maßnahmen und gemeinsamer Schutzprinzipien.
Es steht den Mitgliedstaaten zwar grundsätzlich frei, die Ziele ihrer Politik zum Online-Glücksspiel festzulegen, doch bildet die Vereinbarkeit der nationalen Rechtsvorschriften mit dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) eine Voraussetzung für eine erfolgreiche EU-Politik zum Online-Glücksspiel. Die Kommission wird eine Expertengruppe einsetzen, um den Erfahrungsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten über die Regulierung zu erleichtern. Dies wird zur Entwicklung eines gut regulierten, sichereren Online-Glücksspielsektors in der EU beitragen, wodurch wiederum verhindert wird, dass Verbraucher auf nicht regulierte Websites gelangen.
Kinder und andere gefährdete Gruppen bedürfen eines besonderen Schutzes, da 75% der EU-Bürger unter 17 Jahren das Internet nutzen. Die Kommission unterstützt daher die Entwicklung besserer Instrumente für eine wirksame Alterskontrolle und von Filtern für Online-Inhalte. Außerdem drängt sie auf eine verantwortungsvollere Werbung und ein verstärktes Bewusstsein der Eltern für die mit dem Glücksspiel verbundenen Gefahren.
Neben dem Schutz Minderjähriger vor Glücksspielen besteht auch eine Verantwortung gegenüber denjenigen Bürgern und Familien, die bereits unter den Folgen der Spielsucht (0,5-3 % der Bevölkerung) oder anderer Störungen in Zusammenhang mit Glücksspielen zu leiden hatten. Dafür werden wirksame Behandlungs- und Präventionsverfahren benötigt und ist ein besseres Verständnis der eigentlichen Ursachen erforderlich.
Ein weiteres zentrales Ziel ist die Prävention und Abschreckung von Betrug und Geldwäsche im Zusammenhang mit dem Online-Glücksspiel. Aufgrund des grenzübergreifenden Charakters können die einzelnen Mitgliedstaaten Betrugsbekämpfungsmechanismen nicht wirksam anwenden. Um das Problem von allen Seiten zu bekämpfen, brauchen wir einen Ansatz, bei dem EU, Mitgliedstaaten und Branche an einem Strang ziehen
Ein hohes Maß an Zusammenarbeit ist erforderlich, um vor allem die Integrität des Sports zu erhalten. Spielmanipulationen im Zusammenhang mit Sportwetten widersprechen der Grundidee von Fairplay und sportlichem Wettbewerb. Zu ihrer Bekämpfung wird die Kommission einen rascheren Informationsaustausch, Mechanismen für Hinweisgeber (whistle-blowing) und insgesamt die Zusammenarbeit zwischen Interessenvertretern, Betreibern und Regulierungsbehörden auf nationaler und internationaler Ebene fördern, um die Integrität des Sports zu wahren und die Aufklärung und Sensibilisierung der Sportler zu verbessern.
Konkret wird die Kommission drei an die Mitgliedstaaten gerichtete Empfehlungen zu folgenden Themen annehmen: i) gemeinsamer Verbraucherschutz, ii) verantwortungsvolle Glücksspielwerbung und iii) Prävention und Bekämpfung von Spielabsprachen in Zusammenhang mit Wetten.
Weitere Maßnahmen sehen unter anderem die Förderung des Benchmarking und der Prüfung von Werkzeugen der elterlichen Kontrolle, die Ausweitung des Geltungsbereichs der Richtlinie zur Bekämpfung der Geldwäsche und die Förderung der internationalen Zusammenarbeit zur Prävention von Spielabsprachen vor.
Die Mitgliedstaaten werden ferner dringend aufgefordert, Erhebungen über Glücksspielstörungen durchzuführen und einschlägige Daten zu erfassen, die Weiterbildung von Richtern hinsichtlich Betrug und Geldwäsche in Verbindung mit Glücksspielen zu fördern und nationale Kontaktstellen für die Zusammenführung aller an der Bekämpfung von Spielabsprachen beteiligten Akteure einzurichten.
Hintergrund und nächste Schritte
Die heutige Mitteilung ist eine Folgemaßnahme der Konsultation zum Grünbuch, die im vergangenen Jahr durchgeführt wurde (siehe IP/11/358).
Eine erste Sitzung der Expertengruppe zusammen mit den Mitgliedstaaten ist für Dezember 2012 geplant und 2013 wird die Kommission eine Konferenz der Beteiligten ausrichten.
Die Kommission wird die Durchführung des Aktionsplans und die in der gesamten EU erzielten Fortschritte zwei Jahre nach der Annahme dieser Mitteilung bewerten.
Ab dem heutigen Tag wird die Kommission Informationsersuchen an die Mitgliedstaaten richten, gegen die seit 2008 Vertragsverletzungsverfahren anhängig sind, um sich einen vollständigen, genauen und aktuellen Überblick über die jüngsten Entwicklungen bei den nationalen Rechtsvorschriften zu verschaffen. Auch die Mitgliedstaaten, gegen die Beschwerden registriert wurden, werden um Informationen ersucht. Die Kommission geht davon aus, dass dank der Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten die Probleme bei der Vereinbarkeit nationaler Maßnahmen mit dem bestehenden EU-Recht fristgerecht und zufriedenstellend gelöst werden.
Siehe auch MEMO/12/798
Weitere Informationen
Die Mitteilung und das Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen sowie die Zusammenfassung der Antworten im Rahmen der öffentlichen Konsultation zum Grünbuch sind auf der Website der Kommission abrufbar unter:
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