Pressemitteilung des VG Freiburg vom 9. Mai 2008
Das vom Land Baden-Württemberg aufgrund des Glücksspielstaatsvertrags durch die Toto-Lotto GmbH ausgeübte staatliche Glücksspielmonopol im Bereich der Sportwetten verstößt gegen Europarecht.
Das entschied das Verwaltungsgericht Freiburg aufgrund mündlicher Verhandlung mit vier den Beteiligten vor kurzem zugestellten Urteilen (Urt. v. 16.04.2008 - 1 K 2683/07, 1 K 2063/06, 1 K 2066/06 und 1 K 2052/06).
Geklagt hatten vier private Sportwettenanbieter gegen das Regierungspräsidiums Karlsruhe, das ihnen die Vermittlung von Sportwetten an Sportwettenveranstalter in Malta bzw. Österreich mit der Begründung untersagt hatte, dies sei wegen des staatlichen Sportwettenmonopols unerlaubt.
Zur Begründung führte das Gericht aus, das staatliche Sportwettenmonopol stelle eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit nach dem EG-Vertrag dar. Wegen des Anwendungsvorrangs des Rechts der europäischen Gemeinschaft gegenüber dem nationalen Recht könne das Gericht selbst feststellen, dass der Glücksspielstaatsvertrag deshlab keine Anwendung finde.
Der Glücksspielstaatsvertrag verfolge bei verfassungskonformer Auslegung vorrangig das Ziel der Bekämpfung der Wettsucht und Begrenzung der Spielleidenschaft. Das staatliche Sportwettenmonopol sei aber in seiner derzeitigen rechtlichen und tatsächlichen Ausgestaltung nicht geeignet, dieses Ziel zu verwirklichen, da es die Wettätigkeiten nicht in der europarechtlich gebotenen Weise kohärent und systematisch begrenze. Eine bezifferte Obergrenze für die Zahl der Annahmestellen für die Oddset-Wetten gebe es nicht. Nach wie vor würden Oddsetwetten in einer nahezu unvermindert gebliebenen Vielzahl von Annahmestellen wie ein Gut des täglichen Lebens allerorts vor allem in Zeitschriften-, Tabak- und Lebensmittelläden sowie Tankstellen einem breiten Publikum angeboten und damit auch Kindern und Jugendlichen bekanntgemacht. Ein Vertriebskonzept zur Begrenzung und Ausgestaltung der Annahmestellen liege nicht vor und sei in seiner Ausgestaltung dem Monopolbetreiber selbst überlassen. Die privaten Betreiber der Annahmestellen erhielten umsatzabhängige Provisionen, hätten also ein großes Interesse, Kunden zu aquirieren. Die Glücksspielaufsicht sei nur minimal ausgestattet; nur zwei Personen seien im Regierungspräsidium Karlsruhe für die Überwachung des staatlichen Monopolbetriebs und seiner 3.656 Annahmestellen zuständig. Die inhaltlichen Regelungen für die zulässige Werbung seien nur sehr allgemein gehalten. Werbung für Oddset sei zwar im Fernsehen, Internet und über Telekommunikationsanlagen verboten, jedoch nach wie vor in großer Bandbreite über Radiospots, Werbetafeln, Printmedien, Zeitungsanzeigen und Postwurfsendungen möglich. Auch die Suchtprävention weise qualitative Mängel auf. Es fehle eine Regelung unter welchen Voraussetzungen es überhaupt zu einer Spielersperre komme. Das Land habe auch keine einzige Verhängung einer Spielersperre benennen können. Nur etwa ein Drittel der Annahmestellenbetreiber sei bisher überhaupt hinsichtlich Suchtgefahren geschult worden. Die Ausgestaltung des Sozialkonzepts sei dem Monopolbetrieb selbst überlassen. Der vorgesehene Fachbeirat zur Suchtprävention existiere offensichtlich noch nicht.
Im Übrigen sei das Sportwettenmonopol auch unverhältnismäßig, nämlich zur Durchsetzung der Ziele der Spielsuchtbekämpfung und Begrenzung der Wetttätigkeit nicht erforderlich. Das Land habe nicht dargelegt, dass nicht auch ein System der Erteilung eines begrenzten Kontingents von Konzessionen an private Sportwettenanbieter gekoppelt mit strengen Verhaltensanforderungen zur Bekämpfung der Spielsuchtgefahren den gleichen Erfolg haben würde.
Aus den genannten Gründen verstoße das Sportwettenmonopol schließlich auch gegen die wettbewerbsrechtlichen Anforderungen des EG-Vertrags.
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